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Dritter PZ-Innovationspreisfür HIV-Proteasehemmer

20.10.1997  00:00 Uhr

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Apothekertag 1997

Govi-Verlag


Dritter PZ-Innovationspreis für HIV-Proteasehemmer

"Allzu viel wirklich Neues war unter den 34 Arzneistoffen des vergangenen Jahres nicht dabei", resümierte PZ-Chefradakteur Dr. Hartmut Morck, bevor er gemeinsam mit dem Heidelberger Pharmakologen Professor Dr. Ulrich Schwabe, Vorsitzender der unabhängigen Jury, die innovativste Substanz des Zeitraums von Mitte 1996 bis Mitte 1997 auszeichnete.

"Um wirklich innovativ zu sein, reichen chemische Neuerungen nicht aus", betonte Schwabe. Die Jury für die Vergabe des PZ-Innovationspreises fordere daher zusätzlich zu der chemischen auch pharmakologische Innovation (zum Beispiel neuer Wirkort, neuer Rezeptor oder neues Enzym als Angriffspunkt einer Substanz) sowie therapeutisch beziehungsweise medizinisch innovativen Charakter. Erst dann komme ein Wirkstoff als Kandidat für den Preis in Frage.

In diesem Jahr sei die Auswahl nicht sehr schwergefallen, da eigentlich nur eine Substanz, beziehungsweise Substanzgruppe alle drei Forderungen erfüllt habe: die Protease-Inhibitoren. Unter ihnen habe sich die Jury dann letztendlich für Saquinavir (Invirase® , Hoffmann La Roche) entschieden, da es die Erstentwicklung in dieser Wirkstoffgruppe gewesen sei. Morck begründete die Entscheidung mit dem deutlichen Therapiefortschritt für HIV-Infizierte: Durch Kombination aus einem Protease-Inhibitor mit zwei Nukleosid-Analoga sei es gelungen, die Viruslast im Plasma der Infizierten über längere Zeit unter die Nachweisgrenze zu drücken und so die symptomlose Latenzphase sowie das Überleben der Betroffenen zu verlängern

"Stellvertretend für zahlreiche Wissenschaftler, die weltweit an der Entwicklung von Saquinavir beteiligt waren", so seine Worte, nahm Hoffmann-La Roche Vorstandsmitglied Dr. Karl H. Schlingensief am 18. Oktober in Düsseldorf den PZ-Innovationspreis entgegen. Sein Unternehmen sei dankbar für die "große Anerkennung" und verstehe sie als Anreiz für weitere Forschungsanstrengungen. Man werde auch zukünftig auf innovative Arzneimittelforschung setzen, mit dem Ziel, Lösungen für bisher unbewältigte Probleme anzubieten.

Saquinavir, das 1995 als als erster Vertreter der Protease-Inhibitoren in den USA zugelassen worden war, sei ursprünglich aus über 200 Wirkstoffkandidaten selektiert und dann weiterenwickelt worden, mit der Forschung dazu habe man bereits 1986 begonnen, berichtete Schlingensief. In Deutschland ist die Substanz seit Oktober 1996 im Markt verfügbar; die empfohlene Tagesdosis im Rahmen der Tripeltherapie liegt bei 1,8 g. Inzwischen werden hierzulande rund drei Viertel der HIV-Infizierten mit einem Protease-Hemmer in der Tripeltherapie behandelt.

Das Auftreten opportunistischer Infektionen sowie die Zahl der Krankenhauseinweisungen seien mit der Einführung der Protease-Inhibitoren in die Kombinationsbehandlung deutlich zurückgegangen, betonte Schlingensief. Für sein Unternehmen sei die Forschung mit der Markteinführung eines Präparates jedoch nicht abgeschlossen. So habe man inzwischen die Galenik von Saquinavir gezielt weiterentwickelt. Mit der Markteinführung der neuen Form in den USA wird innerhalb der nächsten Wochen gerechnet.

PZ-Artikel von Bettina Neuse-Schwarz, Düsseldorf<Top

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