Medizin
Befindlichkeitsstörungen auf Flugreisen sind keine Seltenheit. Ungewohnte Reisebelastungen schlagen sich meist negativ auf das Allgemeinbefinden nieder. Unangenehme Druckgefühle in Magen, Darm und Ohren führen Fluggäste meist auf mangelnde Bewegung, ungewohntes Essen, Reisestreß oder Zeitverschiebung zurück. Im Rahmen einer Presseveranstaltung der Asche AG am 11. und 12. September in Bischofheim/Rhön erläuterte Dr. Eckhard Müller-Sacks, leitender Arzt für Reisemedizin am Flughafen Düsseldorf, Einflüsse von Druckveränderungen auf die Vorgänge im Organismus.
Mit zunehmender Höhe sinken Temperatur, Luftdruck, Sauerstoffsättigung und der Siedepunkt von Wasser, die Gasausdehnung nimmt zu. Diese Phänomene lassen sich einfach anhand der Gasgesetze von Boyle-Mariott, Dalton und Henry erklären. Nach Dalton setzt sich der Gesamtdruck stets aus der Summe der Partialdrücke zusammen; ein Grund für die Entstehung von Sauerstoffmangel bei sinkendem Gesamtluftdruck in zunehmender Höhe. Das Gasgesetz nach Henry erklärt die Erscheinungen der Druckfallkrankheit, die bei plötzlichem Druckabfall in der Kabine beim Fliegen oder bei zu schnellem Aufsteigen beim Tauchen auftreten können. Die Menge eines Gases in Lösung ist dem Druck desselben über der Flüssigkeit proportional. Das heißt, steigt der Luftdruck, so löst sich auch mehr Gas in Flüssigkeiten. Umgekehrt führt plötzlicher starker Lufdruckabfall zu einem Ausperlen von Gas aus Körperflüssigkeiten. Parästhesien, Gelenk- und Muskelschmerzen, Atembeschwerden und ZNS-Störungen sind die Folge. Die mechanische Wirkung von eingeschlossenen Gasen auf Ohren, Nasennebenhöhlen, Magen-Darm-Trakt, Zähne und Lunge erklärt sich durch das von Boyle-Mariott postulierte Gesetz: Das Volumen eines Gases ist umgekehrt proportional zu seinem Druck. Ein Liter Luft dehnt sich beispielsweise bei normalem Kabinendruck in Reiseflughöhe annähernd auf das eineinhalbfache aus.
Vor allem Blähungen und Völlegefühl sind unangenehme Folgen beim Fliegen. Müller-Sacks: "Eigentlich ist klar, warum vor Flugreisen keine blähenden Speisen gegessen werden sollten und warum man an Bord am besten weitestgehend auf kohlensäurehaltige Getränke wie Bier, Sekt und Cola verzichten sollte." Leider böten dennoch die meisten Fluggesellschaften ihren Gästen keine entsprechenden Getränke an.
Im Rahmen einer Studie mit 190 Personen des Kabinen- und Cockpitpersonals einer Fluggesellschaft stellten Müller-Sacks und sein Kollege Dr. Paul Enck, Universität Düsseldorf, fest, daß im Flugdienst vor allem Magen-Darm-Beschwerden auftraten. Bei mehr als 50 Prozent des Personals standen Blähungen im Vordergrund. Die Symptome verschlimmerten sich bei Langzeitflügen.
Nach Meinung von Müller-Sacks kann jeder Passagier seinen eigenen Beitrag zu mehr Wohlergehen leisten, indem er weite, bequeme Kleidung trägt und vor dem Abflug keine blähenden und ungewohnt ballaststoffreichen Speisen zu sich nimmt. An Bord sollte weitgehend auf kohlensäurehaltige Getränke und Alkohol verzichtet werden.
PZ-Artikel von Ulrich Brunner, Bischofsheim
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