Offener Eklat zeichnete sich ab |
04.10.1999 00:00 Uhr |
DEUTSCHER APOTHEKERTAG
Ein offener Eklat hatte sich abgezeichnet, als der Vorstand der ABDA am 29. September einen Ad-hoc-Antrag in die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker einbrachte, der auf die klare Trennung zwischen Krankenhaus- und öffentlichen Apotheken abzielte.
Zuvor hatte Dr. Johannes Pieck, Sprecher der ABDA-Geschäftsführung, in seinem Geschäftsbericht aus aktuellem Anlass darauf hingewiesen, dass dem Vorstand Bestrebungen bekannt geworden seien, die Trennung der Zuständigkeitsbereiche aufzuweichen.
Dann war ein vertrauliches Papier am Rande des Deutschen Apothekertages aufgetaucht. Die Spitzenverbände der Krankenkassen wollen also zusammen mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft und dem Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker eine gemeinsame Initiative zur Änderung des Apothekengesetzes und sozialrechtlicher Bestimmungen im Rahmen der GKV-Gesundheitsreform 2000 anstrengen. Die genannten Verbände fordern, dass künftig ausschließlich Krankenhausapotheken den gesetzlichen Auftrag erhalten sollen, "alle Patienten des Krankenhauses, auch die ambulanten, zu versorgen und zu betreuen". In dem Papier heißt es in dem Zusammenhang ausdrücklich: "Die Versorgung mit Arzneimitteln und die pharmazeutische Betreuung ambulanter Krankenhauspatienten muss unter den Aspekten Arzneimittelsicherheit, Qualitätssicherung, Patientenzufriedenheit und Kosten zwingend von der Krankenhausapotheke sichergestellt werden".
Unter anderem soll § 14 des Apothekengesetzes geändert werden, wonach "Arzneimittel von der Krankenhausapotheke auch an Ambulanzen in den Räumen des Krankenhauses, insbesondere bei ambulanter Behandlung durch Krankenhausärzte abgegeben werden".
Eine Diskriminierung von Patienten unterschiedlicher Behandlungsformen im Krankenhaus (stationär, teilstationär, ambulant) sei nicht vertretbar. Den Krankenhausapotheken müsse die Möglichkeit gegeben werden, alle Patienten des Krankenhauses, auch die ambulanten, zu versorgen und zu betreuen.
Krankenhausapotheken böten einen hohen Qualitätsstandard, vor allem in der Arzneimittelherstellung, heisst es. "Hier sind sie den öffentlichen, nicht spezialisierten Apotheken überlegen". Die Qualitätskriterien für die Herstellung von patientenindividuellen Zubereitungen seien von Krankenhausapotheken entwickelt worden.
Der Bundesrat habe erneut einen Gesetzentwurf zur Änderung des Apothekengesetzes verabschiedet, durch den der Krankenhausapotheker unter anderem die Möglichkeit einer Versorgung ambulanter Krankenhauspatienten gegeben werden soll. Die Bundesregierung hatte in einer Stellungnahme vom 14. April 1999 die Absicht geäußert, zu den Vorschlägen des Bundesrates im Zusammenhang mit der anstehenden Parlamentarischen Beratung zur Gesundheitsreform Stellung zu nehmen. Der genannte Zusammenschluss hält es für dringend erforderlich, dass die dafür notwendigen Anpassungen im SGB V und im Apothekengesetz im Rahmen der GKV-Gesundheitsreform 2000 auch tatsächlich erfolgen.
Pieck bezeichnete das Gedankengut als unerträgliche pauschale Diskriminierung der qualifizierten Berufstätigkeit der Offizinapotheker und kündigte massiven Widerstand der ABDA an. "Da kennen wir, wenn es denn sein muss, keine Verwandten", so Pieck unter Beifall. Die Politik müsse wissen, dass hier mit einem Federstrich nicht irgend eine kleine Zuständigkeit verschoben, sondern das System gravierend verändert wird.
Hier würde die deutsche Pharmazie in pharmazeutische "Lichtgestalten" im Krankenhaus und "Spießgesellen" in der öffentlichen Apotheke eingeteilt. Pieck bezweifelte, dass die Lichtgestalten alle Grauzonen und dunklen Ecken im Krankenhaus ausleuchten könnten.
ABDA-Präsident Friese forderte von der Hautversammlung eine faire Diskussion, die der Sache diene, und kritisierte, dass die Krankenhausapotheker einen innerberuflichen Wettbewerb zu Lasten der Offizinapotheker eröffnen wollten. ZU sienem Bedauern war der ADKA-Präsident, Dr. Hugo Krämer, zu diesem Zeitpunkt nicht anwesend, um sich der Diskussion zu stellen.
Da wurden Stimmen laut, die von Kriegserklärung, Hinterlist, Betrug und böswilliger Täuschung sprachen. Vertreter der Krankenhausapotheker wünschten sich im Laufe der Diskussion von der ABDA ein gemeinsames, zukunftsträchtiges Konzept, bemängelten aber, dass die ABDA-Politik ausschließlich Offizinapotheker-Interessen vertrete. Unter anderem vermittelte der Präsident der Bayerischen Apothekerkammer, Johannes Metzger: "Wir sollten immer auch an den Tag danach denken. Deshalb nicht ausgrenzen, sondern integrieren". Mit dem Beschluss eines zweiten Ad-hoc-Antrages zu dem Papier hat die Hauptversammlung ihrer Betroffenheit und Empörung Ausdruck verliehen. Das Gespräch zwischen ABDA und ADKA werde unmittelbar nach dem Deutschen Apothekertag geführt werden.
© 1999 GOVI-Verlag
E-Mail: redaktion@govi.de