Pharmazie
Nur rund 30 Prozent der Frauen nach der Menopause praktizieren eine effektive Hormonsubstitution, und auch dies zumeist nur eine vergleichsweise kurze Zeit. Jenseits des 70sten Lebensjahres erhalten sogar nur fünf Prozent der Frauen die für Herz, Gefäßsystem, Knochen und Gehirn so wichtigen Estrogene. Viele Frauen erfahren damit nicht dem möglichen Schutz vor gefährlichen Krankheiten im höheren Lebensalter, erklärte Professor Dr. Thomas von Holst von der Universitätsfrauenklinik in Heidelberg bei einer Pressekonferenz. Ein restriktives Verordnungsverhalten der Ärzte aufgrund leerer Kassen, unberechtigte Krebsängste der Frauen und eine insgesamt schlechte Compliance macht der Mediziner für diese Situation verantwortlich. Zumindest in Sachen Compliance soll nun an den entsprechenden Schrauben gedreht werden. Der Hoffnungsträger ist ein jetzt europaweit zugelassenes Estrogenpflaster (Fem7), das in Großbritannien bereits seit mehr als einem Jahr auf dem Markt ist. Sein Vorteil: Es verbleibt sieben Tage auf der Haut und muß nicht wie herkömmliche Matrixpflaster alle dreieinhalb Tage gewechselt werden. Das neue System enthält wie andere Matrixpflaster den Wirkstoff 17ß-Estradiol, und zwar in einer Konzentration von 1,5 mg. Die tägliche Abgaberate beträgt 0,05 mg. Damit handele es sich um das Pflaster mit der bisher besten Wirkstoffausnutzung, wobei das Estrogen kontinuierlich über sieben Tage an die Haut abgegeben werde, hieß es.
Auf den Einsatz chemischer Enhancer wurde infolge einer innovativen Technologie verzichtet, wodurch nach Dr. Rainer Lichtenberger von der Herstellerfirma Merck KGaG in Darmstadt weniger Hautirritationen zu erwarten sind.
Das achteckige Pflaster hat einen Durchmesser von vier Zentimetern, ist durchsichtig und besteht aus einer dünnen Stützfolie mit integrierter selbstklebender Matrix in zweigeteilter, leicht abziehbarer Schutzfolie. Bei wiederholter Applikation beträgt die mittlere Estradiolkonzentration im Plasma 34 bis 50 pg/ml entsprechend der früheren follikulären Phase der Frau. Nach Abnahme des Pflasters sinkt sie innerhalb von 24 Stunden zurück auf den Ausgangswert.
Das Präparat ist laut Lichtenberger als bisher einziges Estrogenpflaster nicht nur zur Behandlung klimakterischer Beschwerden, sondern zugleich zur Prävention der postmenopausalen Osteoporose zugelassen. Insgesamt 6000 Frauen wurden mit dem transdermalen therapeutischen System bislang behandelt. 500 davon in europäischen Studien. Die klimakterischen Beschwerden, gemessen anhand des Kupperman-Index, wurden ebenso wie urogenitale Symptome gegenüber Placebo signifikant besser gesenkt oder ganz beseitigt. Die Verträglichkeit des Pflasters erwies sich als gut, lokale Hautreaktionen waren mit vier Prozent sehr selten. Zwei Prozent der Frauen klagten über Brustspannen, was jedoch direkt als Estrogenwirkung aufzufassen ist. 70 Prozent der Studienteilnehmerinnen bewerteten den Tragekomfort als gut bis sehr gut, 50 bis 60 Prozent erklärten, die Behandlung mit dem Pflaster fortsetzen zu wollen.
PZ-Artikel von Christine Vetter, Frankfurt
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