Pharmazeutische Zeitung online

Kein Persilschein

01.09.1997  00:00 Uhr

-Editorial

Govi-Verlag

Kein Persilschein

von Dr. Jürgen Meyer-Wilmes
Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats
der Bundesapothekerkammer

Fragen der Qualität, und natürlich insbesondere der des Arzneimittels, begleiten den Apotheker durch das ganze Berufsleben. Relativ einfach und sicher zu beurteilen sind sie, wenn Normen vorgegeben sind, wie dies mit den Arzneibüchern der Fall ist. Hier kann am Ende einer Prüfung die Aussage getroffen werden: Die Qualität des Arzneimittels entspricht den Anforderungen oder sie entspricht ihnen nicht. Wie verhält es sich aber bei der Beurteilung der Qualität vieler anderer Leistungen des Apothekers und der Apotheke, insbesondere derjenigen, die keine manuellen Arbeiten im engeren Sinne erfordern, bei denen somit kein "greifbares" Ergebnis vorhanden ist?

Waren die Beratungen als gut oder gar sehr gut zu bewerten, nur weil die Patienten immer wieder in die Apotheke kommen oder man selbst ein gutes Gefühl hatte? Sicherlich, das subjektive Erleben spielt auf der zwischenmenschlichen Ebene, also auch im Verhältnis zwischen Apotheker und Patient, eine wichtige Rolle. Die Chemie muß schon stimmen. Uns muß es aber vor allem darum gehen, daß wir dem Patienten alle Leistungen der Apotheke in einem höchstmöglichen, nachprüfbaren Qualitätsstandard anbieten. Auf das pharmazeutische Know-how kommt es also an. Und hier, so denke ich, muß es auch unser Anliegen sein, daß in jeder Apotheke zwar nicht uniforme, in gewisser Hinsicht jedoch standardisierte Angebote gemacht werden. Die Qualität unserer Leistungen muß ständig gewährleistet sein. Damit nehmen wir auch unseren Kritikern ein wesentliches Argument für ihre systemverändernden Forderungen, unter anderem die Einführung des Versandhandels.

Auch wenn wir im Gegensatz zu den Ärzten und den Krankenhäusern noch nicht expressis verbis vom Gesetzgeber zu Maßnahmen der Qualitätssicherung verpflichtet sind, so müssen wir uns in eigener Verantwortung diesem Thema stellen, bevor andere es für uns aufgreifen und uns fremdbestimmen. Wenn über Qualitätssicherung diskutiert wird, kommen zwangsläufig die Normen DIN EN ISO 9000 ff zur Sprache. Und da wird gerne suggeriert, damit werde automatisch Qualität produziert. Bei oberflächlicher Betrachtung ist es dann nur ein kleiner Schritt zu der Schlußfolgerung, daß das DIN-EN-ISO-9000-ff.-Zertifikat der Persilschein ist, der den Apotheker weiterer Bemühungen um die Oualität der Leistungen an sich enthebt. Zertifiziert wird allerdings nicht Qualität als solche. Zertifiziert werden Prozesse, das heißt Verfahrensabläufe, die für sich betrachtet zunächst einmal wenig über Qualität aussagen. Gleichwohl könnte man darüber nachdenken, ob nicht manche Abläufe in der Apotheke im Sinne eines reibungslosen Betriebes verbessert werden könnten. Benötigt man aber dazu die DIN-EN-ISO-9000-ff.-Normen, oder welche anderen Möglichkeiten gibt es?

Oualitätssicherung betrifft also auch uns. Diesem Anspruch wollen wir uns auf dem Seminarkongreß der Bundesapothekerkammer vom 15. bis 19. September 1997 in Westerland stellen. Natürlich kommt auch die wissenschaftliche Fortbildung nicht zu kurz: Arzneistoffe für die Zukunft, Behandlung von Prostataerkrankungen und der Schmerz sind weitere Themen, die besprochen werden. Workshops und wissenschaftliche Exkursionen ergänzen das vielfältige Angebot. Ich würde mich freuen, Sie in Westerland begrüßen zu dürfen. Top

 

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