Den Spielraum nutzen |
25.08.2003 00:00 Uhr |
Auch wenn wir an einigen Stellen noch korrigierend eingreifen konnten, dieser Gesetzentwurf richtet sich in weiten Teilen gegen die Grundprinzipien unseres freien Heilberufes. Auf Druck der Bundesregierung wird ein gefährlicher Weg in ein kommerzialisiertes Gesundheitswesen eingeschlagen. Der Preis soll in Zukunft im Vordergrund stehen, nicht die Qualität und nicht der Mensch.
Trotzdem: Es wäre ein fataler Fehler, nun den Kopf in den Sand zu stecken. Statt zu resignieren, müssen wir alle gemeinsam für unsere Zukunft kämpfen. Es geht darum, unser freiheitliches Gesundheitssystem zu erhalten. Versandhandel und Mehrbesitz werden wir nicht stoppen, wir müssen aber erreichen, dass der Wettbewerb mit den neuen Mitbewerbern zu Bedingungen stattfindet, unter denen wir unsere Stärke - die persönliche Zuwendung an den ratsuchenden Menschen - ausspielen können.
Die ABDA-Spitze führt dieser Tage unermüdlich Gespräche mit den politischen Entscheidungsträgern aller Parteien. Den uns verbleibenden Handlungsspielraum nutzen wir. Der Rahmen für Versandhandel, Mehrbesitz und integrierte Versorgung wird zurzeit definiert. Scheinbar unwichtige Formulierungen können sich hierbei als entscheidend für den Berufsstand erweisen.
Am Beispiel Mehrbesitz lässt sich das verdeutlichen: Teile der Bundesregierung wollten eine völlige Freigabe des Mehrbesitzes, manche sogar den Fremdbesitz. Es ist uns gelungen, zumindest das Schlimmste zu verhindern. Im GKG-Entwurf wird nun eine Regelung stehen, die zwar weit von unserer Position entfernt ist. Mit der Begrenzung auf eine Hausapotheke mit maximal drei Filialen in einer Region ist es aber gelungen, das Leitbild vom freiberuflichen Apotheker in seiner Apotheke zu bewahren. Das ist mehr als ein kleiner Unterschied zum Regierungsentwurf.
Und die Arbeit geht weiter. Am vergangenen Freitag konnte die Spitze des Berufsstandes mit dem bayerischen Ministerpräsident Edmund Stoiber, Gesundheitsminister Eberhard Sinner und Sozialministerin Stewens in einem fast zweistündigen Gespräch die wesentlichen Stellschrauben für die Feinjustierung der Gesundheitsreform diskutieren. Der Ministerpräsident zeigte große Zustimmung für unsere Analyse und teilte unsere Angst vor einer Verschlechterung der Arzneimittelversorgung.
Es gelang uns auch, ihn für die Fallstricke der integrierten Versorgung zu sensibilisieren. Sie kann zum Totengräber des einheitlichen Arzneimittelabgabepreises werden und einen Preiswettbewerb ohnegleichen auslösen. Der Ministerpräsident hat seine Unterstützung für den Erhalt der freiberuflich geführten Apotheke zugesagt.
Erst mit der Zustimmung des Bundesrates am 26. September liegt das Gesetz in seiner endgültigen Form vor. Für uns bedeutet dies, dass wir bis zum allerletzten Moment für die Belange unseres freien Heilberufs kämpfen werden. Maximal fünf Wochen, in denen wir uns weiter dafür einsetzen müssen, dass auch in Zukunft die Arzneimittelversorgung vor allem an ihrer Qualität gemessen wird. Fünf Wochen, in denen wir auch Ihre Unterstützung brauchen. Kämpfen Sie mit uns - für ein freiheitliches Gesundheitswesen!
Johannes M. Metzger
Präsident der Bundesapothekerkammer
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E-Mail: redaktion@govi.de