Kreislaufstörungen - behandeln oder nicht? |
23.08.1999 |
HYPOTONIE
Den Begriff Hypotonie verband man lange Zeit mit bestimmten Kreislaufbeschwerden, ohne diese messtechnisch als Hypotonie-bedingt bewiesen oder definiert zu haben. Hämodynamisch ist die Hypotonie eine Spiegelbildvariante zur Hypertonie. Ihre Akutkomplikationen mit Schwindelattacken, Kollaps, Synkopen, Stürzen mit Verletzungen, Kreislaufschock, Herzinfarkt oder cerebralem Insult sind jedoch vielseitiger, häufiger und folgenschwerer als bei der Hypertonie. Dagegen drohen bei Hypotonien keine Spätschäden durch Vaskulopathien wie hypertensive Herzkrankheit, Encephalopathie oder Nephropathie.
Sind hypotone Kreislaufstörungen behandlungswürdig? Die Frage führt zwangsläufig zur Abgrenzung der unspezifischen, mit hypotonen Blutdruckwerten assoziierten chronischen Befindlichkeitsstörungen (Morbus germanicus) von den klinisch relevanten Hypotonien, die durch Minderperfusion zu pathophysiologisch definierbaren Beschwerden und Komplikationen führen (Tabelle 1).
Bezeichnung
Klinisches
Bild
Hypotonie-assoziierter
Symptomenkomplex
(unspezifisch)
verminderte körperliche
Belastbarkeit
ständige Müdigkeit
Antriebslosigkeit
Kopfschmerzen
Schwindelzustände
Wetterfühligkeitdepressive Verstimmung
Hypotonie-Symptomatik
(klinisch relevant)
Blässe
Leeregefühl im Kopf
Schwindel
Schweißausbruch
verschwommens Sehen, Tunnelsehen
Kollaps,
Ohnmacht
Pathophysiologie
Aus der Gleichung von Poiseuille wird deutlich, dass der arterielle Blutdruck (P) nicht als isolierte Kreislaufgröße, sondern nur in seiner funktionellen Abhängigkeit von der Stromstärke des Blutes (HZV) und dem peripheren Gefäßwiderstand des Kreislaufsystems (R) interpretiert und bewertet werden kann (15).
Gesetz von Poiseuille
Blutdruck = Stromstärke x Widerstand P = HZV x R
HZV = Schlagvolumen x Herzfrequenz
Das Herzzeitvolumen (HZV) ist das Produkt aus Schlagvolumen und Herzfrequenz bei gegebenem Blutvolumen. Der periphere Gefäßwiderstand (R) verhält sich umgekehrt proportional zur 4. Potenz der Gefäßdurchmesser; im Klartext: Schon geringfügige Änderungen der Gefäßweite bewirken deutliche Blutdruckschwankungen. Die Viskosität des Blutes spielt für die aktive bedarfsadaptierte Blutdruckregulation eine untergeordnete Rolle.
Zur Erinnerung: Unser Organismus verfügt über ein in sich geschlossenes Kreislaufsystem, das der Versorgung der Organe und Körperzellen dient. Es kann und muss durch Veränderungen des Herzzeitvolumens und des peripheren Widerstandes ständig den aktuellen Bedürfnissen angepasst werden. Die daraus resultierenden Änderungen der Systemdrucke im Kreislauf sind physiologisch und führen nicht zu subjektiven Beschwerden, sofern sie nicht in hoch pathologische Bereiche entgleisen.
Orthostatische Hypotonien
Der plötzliche Wechsel vom Liegen zum Stehen oder längeres unbewegliches Stehen lösen eine komplexe, endokrin gesteuerte Anpassungsreaktion des Kreislaufs aus, um den drohenden Blutdruckabfall abzufangen. Innerhalb von Sekunden werden relevante Mengen von Noradrenalin freigesetzt, unmittelbar gefolgt von einer Ausschüttung von Adiuretin (ADH) und einer Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS) zur Vermehrung des intravasalen Blutvolumens (3, 15).
Unter orthostatischer Hypotonie versteht man einen durch Stehbelastung ausgelösten Blutdruckabfall, der zu subjektiven Beschwerden und gelegentlich zu Kollaps oder Synkopen (Ohnmacht) führt (14, 17, 18). Je nach Ursache unterscheidet man verschiedene Formen.
Nicht immer klinisch bedeutsam
Aus heutiger Sicht sind hypotone Kreislaufstörungen nur dann behandlungsbedürftig, wenn sie klinisch relevant und pathophysiologisch belegbar sind.
Der chronische "hypotone Symptomenkomplex" als früheres Leitbild einer mit Antihypotonika zu behandelnden Erkrankung ist unspezifisch. Ähnliche Beschwerden finden sich bei vegetativen Dysbalancen, Herzneurosen, chronischem Fatigue-Syndrom, Anämien, depressiven Verstimmungen und beim Fibromyalgie-Syndrom. Vermutlich sind die der Hypotonie zugeschriebenen Befindlichkeitsstörungen Ausfluss und Ausdruck verschiedener vegetativer und psycho-vegetativer Dysfunktionen. Chronische Hypotonien und der hypotone Symptomenkomplex sind eine Eigenheit der deutschsprachigen Medizin. Sie werden im anglo-amerikanischen Schrifttum nicht erwähnt. Nicht zuletzt auch aus Kostengründen ist diese "deutsche" Sichtweise der Hypotonie revisionsbedürftig.
Das ärztliche Umdenken hat bereits eingesetzt, wie die in den letzten Jahren stark rückläufigen Umsatzzahlen (8) für Antihypotonika deutlich machen. Während 1994 in Deutschland noch etwa 194 Millionen DM für Antihypotonika ausgegeben wurden, sank der Umsatz 1996 auf knapp 143 Millionen DM, was einem Rückgang um 26,5 Prozent entspricht.
Auslöser für bedrohliche Hypotonien
Hypotone Kreislaufstörungen, die als bedrohlich und somit auch als therapiebedürftig einzustufen sind, können mit Hilfe der Poiseuilleschen Gleichung pathophysiologisch definiert und klinisch zugeordnet werden.
Gestörte Gefäßregulation
Störungen und Erkrankungen, die die Regulation des peripheren Gefäßwiderstandes beeinträchtigen, finden sich im hohen Lebensalter (3, 6, 10, 12), bei einer Dauermedikation mit Sympathomimetika (Alpha-Blocker) und Diuretika oder trizyklischen Antidepressiva (3, 6, 14, 15) und besonders bei neurologischen Systemerkrankungen mit Schädigung oder Dysfunktion des autonomen Nervensystems (primäre und sekundäre Dysautonomien). Diese Hypotonien manifestieren sich in Form chronisch-rezidivierender Orthostasestörungen vom Typ der asympathikotonen Dysregulation und verursachen einen hohen Grad an Morbidität. Diese Patienten weisen häufig im Liegen hohe Blutdruckwerte auf; die physiologische Blutdruckabsenkung während der Nacht fehlt oder ist in das Gegenteil verkehrt (aufgehobene Tag-Nacht-Rhythmik) (1, 2).
Die asympathikotone Dysregulation gilt als Leitsymptom der primären Dysautonomien. Hierzu zählen die isolierte autonome Insuffizienz (synonym: idiopathische Positionshypotonie, Bradbury-Eggelston-Syndrom), die Multisystematrophien (synonym: Shy-Drager-Syndrom) und der Dopamin-b-Hydroxylase-Mangel (Tabelle 2). Diese Erkrankungen treten nur selten auf und sind keiner neurologischen Therapie zugänglich.
Klinisch bedeutsamer sind die viel häufigeren sekundären Dysautonomien mit asympathikotoner Orthostasestörung und Sturzsynkopen. Wichtigste ursächliche Erkrankungen sind Polyneuropathien (Diabetes mellitus, Alkoholismus), Morbus Parkinson, Multiple Sklerose, cerebrale Insulte und neurologische Störungen im Rahmen eines Vitamin-B12-Mangels (1, 2, 3, 14, 15).
Abfall der kardialen Förderleistung
Erkrankungen, die das Herzzeitvolumen vermindern, sind kardiogen oder durch Volumenmangel bedingt und führen zu akuten oder chronischen Low-output-Syndromen. Das klinische Bild ist durch Adynamie, fehlende Belastbarkeit, Dyspnoe, Gangunsicherheit, Schwindel mit Sturzgefahr und im Akutfall durch Kollaps und Synkopen (4, 5) oder einen kardiogenen Schock charakterisiert. Die wichtigsten Grund-erkrankungen sind in Tabelle 2 aufgeführt.
Multifaktorielle Genese
Hypotonien, die sowohl durch eine Verminderung des Herzzeitvolumens (HZV) als auch des peripheren Widerstandes (R) ausgelöst werden können, sind auf endokrine oder neuro-endokrine Erkrankungen, auf Kreislauf-depressorische Pharmaka oder auf neurokardiogene Reflexmechanismen zurückzuführen. Viele Synkopen, die trotz kardiologischer und neurologischer Diagnostik ungeklärt bleiben ("unklare Synkopen"), sind vermutlich medikamentös (Tabelle 3) oder neurokardiogen bedingt.
Ein typisches Beispiel einer neuroendokrin bedingten chronischen Hypotonie ist die fortgeschrittene Leberzirrhose. Endokrine Insuffizienzen mit Hypotonien finden sich auch bei Erkrankungen von Schilddrüse und Nebenniere.
Breite Palette von Antihypotonika
Der Wandel in der klinischen Gewichtung hypotoner Kreislaufstörungen hat dazu geführt, dass die symptomatische Therapie mit Antihypotonika zurückgeht und die Erkennung und Behandlung der verantwortlichen Grunderkrankungen, also die Ursachenbekämpfung, Vorrang besitzt.
Von 56 in der Roten Liste von 1998 aufgelisteten oral applizierbaren Antihypotonika können etwa 40 Präparate als Herzkreislauf-wirksam eingestuft werden. Sie umfassen Sympathomimetika, Dihydroergotamin (DHE), Kombinationspräparate aus DHE und Etilefrin sowie Fludrocortison (8, 15).
Die Sympathomimetika Norfenefrin (Beispiel: Novadral®) und Midodrin (Beispiel: Gutron®) sind reine Vasokonstriktoren (a-Rezeptoragonisten). Die Bioverfügbarkeit von Midodrin ist der von Norfenefrin deutlich überlegen. Beide Pharmaka haben eine relativ kurze Halbwertszeit (Tabelle 4).
Etilefrin, Amezinium und Gepefrin stimulieren auch b1-Rezeptoren, haben also zusätzlich eine anregende Wirkung am Herzen; somit steigen Schlagvolumen und Herzfrequenz an (Beispiele: Etilefrin: Effortil®; Ameziniummetilsulfat: Regulton®; Gepefrin: Wintonin®). Bezüglich Bioverfügbarkeit und Eliminationshalbwertszeit erfüllt nur Amezinium die Erwartungen an ein zuverlässig wirksames, peroral applizierbares Sympathomimetikum. Amezinium ist ein indirektes Sympathomimetikum und wirkt über eine Freisetzung von Noradrenalin an den Synapsen und durch Hemmung seiner neuronalen Wiederaufnahme. Oxilofrin (p-Hydroxy-ephedrin; Beispiel: Carnigen®) hat Adrenalin-artige Eigenschaften und bewegt sich - was Bioverfügbarkeit und Halbwertszeit betrifft - in einem akzeptablen Mittelbereich.
Der therapeutische Wert des Mutterkornalkaloids Dihydroergotamin (DHE; Beispiel: Dihydergot®) ist nicht nur wegen gelegentlicher Fälle von Ergotismus, sondern vor allem wegen seiner unzuverlässigen Resorption und des sehr hohen First-pass-Effekts umstritten (Tabelle 4). Orale Zubereitungsformen sind in den USA deshalb nicht zugelassen. Als Agonist von Alpha- und von Serotonin-Rezeptoren übt DHE eine fast selektiv vasokonstriktorische Wirkung auf die venösen Kapazitätsgefäße aus. Dadurch wird die Aufnahmekapazität des venösen Kreislaufschenkels verringert, das zirkulierende Blutvolumen relativ erhöht und der venöse Rückfluss zum rechten Herzen und damit auch in den arteriellen Kreislaufschenkel verstärkt. Die Wirksamkeit von DHE beruht auf seinen Hauptmetaboliten, vor allem 8-Hydroxy-DHE, die in wesentlich höherer Konzentration vorliegen als die Muttersubstanz (8, 13). Eine Kumulation der Wirksubstanzen an der Zelloberfläche der glatten Muskulatur wird dafür verantwortlich gemacht, dass die Wirkung im Unterschied zu den Sympathomimetika allmählich einsetzt und sehr protrahiert verläuft. Die Besonderheiten der Kinetik sprechen gegen retardierte Präparate.
Therapeutisch relevant ist die Kombination aus DHE und Etilefrin, da sich beide Substanzen in ihren pharmakologischen Eigenschaften sinnvoll ergänzen (Beispiel: Dihydergot® plus; Effortil® plus). Durch Kombination mit DHE steigt die Bioverfügbarkeit von Etilefrin auf 50 bis 60 Prozent.
Fludrocortison ist das einzige oral applizierbare Mineralocorticoid (Beispiel: Astonin® H) (Tabelle 4). Es wirkt über eine Steigerung des Blutvolumens. Ein therapeutischer Einsatz kommt wegen seiner Nebenwirkungen nur bei therapierefraktären Dysautonomien in Frage (1, 3, 14).
Kontraindikationen und Interaktionen
Sympathomimetika sind bei Glaukom, Prostatahypertrophie mit Blasenentleerungsstörungen, fortgeschrittener koronarer Herzkrankheit, komplexen Herzrhythmusstörungen und - mit Ausnahme von Oxilofrin - während Schwangerschaft und Stillzeit kontraindiziert. Etilefrin ist ab dem zweiten Trimenon erlaubt. Antihistaminika und trizyklische Antidepressiva steigern die Wirkung. Bei gleichzeitiger Einnahme von Digitalis oder bei Applikation inhalativer Narkotika drohen Herzrhythmusstörungen. Die Blutzucker senkende Wirkung von Antidiabetika wird durch Sympathomimetika abgeschwächt.
Dihydroergotamin ist bei entzündlichen und degenerativen Gefäßerkrankungen einschließlich koronarer Herzkrankheit, gestörter Leber- und Nierenfunktion und Ergotamin-Überempfindlichkeit kontraindiziert. Wegen seiner stimulierenden Effekte auf die Uterusmuskulatur ist DHE im ersten Schwangerschaftstrimenon nicht erlaubt. Interaktionen bestehen vor allem mit Makrolid-Antibiotika, Nitroglycerin und Sumatriptan, die den vasokonstriktorischen Effekt von DHE verstärken und damit die Gefahr eines Ergotismus erhöhen.
Kontraindikationen für Fludrocortison sind Cerebralsklerose, Herzinsuffizienz, Pilzinfektionen und Leberzirrhose. Interaktionen bestehen mit Diuretika, Amphotericin B, nicht steroidalen Antirheumatika, Insulin und oralen Antidiabetika.
Es geht auch ohne Medikamente
Zur symptomatischen Behandlung und Prophylaxe hypotoner Kreislaufstörungen sollten auch nicht medikamentöse Allgemeinmaßnahmen herangezogen werden (1, 2, 3, 9, 10, 15, 18). Sie können den Blutdruck durch Steigerung des Herzzeitvolumens und des peripheren Gefäßwiderstandes ähnlich effektiv, aber nebenwirkungsärmer und kostengünstiger anheben. Geeignet sind aktiv mobilisierende Bewegungstherapien, die Balneotherapie, zum Beispiel nach der Kneipp-Methode, kochsalzreiche Kost (9g/die) und täglicher Kaffegenuss (entsprechend 250 mg Coffein).
Zur gezielten Orthostaseprophylaxe zählt das Schlafen mit erhöhtem Kopfende bei Patienten mit Dysautonomien. Damit täuscht" man die Barorezeptoren und verhindert eine nächtliche Diureseaktivierung mit morgendlichem Volumenmangel und Zunahme der orthostatischen Intoleranz. Weitere Hilfsmittel sind der häufige Standbeinwechsel bei längerem Stehen, Stehen mit gekreuzten Beinen, Stützstrumpfhosen, Sanierung von Varizen und ein krankengymnastisches Orthostasetraining (1, 11, 14, 18).
Darüber hinaus helfen Vermeidensstrategien. Hierunter versteht man das Vermeiden von orthostatischen Belastungen, voluminösen Mahlzeiten mit Alkohol, hohen Außentemperaturen und heißen Vollbädern, von Valsalva-(Pressdruck)-Manövern wie Heben schwerer Lasten oder Pressen beim Stuhlgang sowie das Meiden von Situationen, die Angst, Ekel, Schreck und Schmerz auslösen (2, 3, 5, 14).
Therapiestrategie in der Praxis
Befindlichkeitsstörungen in Form des hypotonen Symptomenkomplexes, zum Beispiel die chronischen Hypotonien junger Frauen oder orthostatische Dysregulationen bei Jugendlichen, Rekonvaleszenten und konditionsschwachen Menschen werden symptomatisch behandelt. Nicht medikamentöse Maßnahmen haben Vorrang (Tabelle 5).
Bei krisenhaften und komplikationsträchtigen Hypotonien gehen die Behandlung der jeweiligen Grunderkrankung (Ursachenbekämpfung) und die symptomatische Therapie Hand in Hand. Es handelt sich vor allem um die akuten und chronischen Low-Output-Syndrome bei kardialen Erkrankungen, die Hypotonie bedingten Synkopen (kardiogen, neurogen, neurokardiogen) und die chronischen Orthostasestörungen bei Dysautonomien und bei Fehlmedikation. Die wichtigste Indikation für oral applizierbare Antihypotonika sind die neurogen bedingten chronischen Orthostasesyndrome, da die neurologischen Grunderkrankungen (Dysautonomien) mit Schädigung des vegetativen Nervensys-tems nicht kausal behandelt werden können (Tabelle 5).
Welches Antihypotonikum ist geeignet?
Die Auswahl eines Antihypotonikums stützt sich auf empirisch gewonnene Empfehlungen (3, 8, 9, 10, 14, 15). Für sympathikoton geprägte Kreislaufstörungen (sympathikotone orthostatische Hypotonie und chronische Hypotonie mit tachykardem Ruhepuls) sind Dihydroergot-amin oder Alpha-Rezeptoragonisten (Midodrin, Norfenefrin) zu bevorzugen. Bei asympathikoton geprägten Störungen (asympathikotone orthostatische Hypotonie und Hypotonien mit bradykardem Ruhepuls) empfehlen sich Sympathomimetika, die zusätzlich auch Betarezeptoren stimulieren (Etilefrin, Amezinium, Gepefrin, Oxilofrin).
Kombinationen aus Dihydroergotamin und Etilefrin sind aufgrund ihres Wirkungspektrums, ihrer akzeptablen Pharmakokinetik und der vergleichsweise niedrigen Behandlungskosten universell einsetzbar.
Für eine Langzeittherapie eignen sich ausschließlich Dihydroergotamin und dessen Kombinationen mit Etilefrin. Sympathomimetika sind wegen der zu befürchtenden Tachyphylaxie für eine Langzeittherapie eher ungeeignet (8). In gravierenden Fällen von Dysautonomien ist Fludrocortison indiziert.
Zur Verhütung neurokardiogener Synkopen hat sich die prophylaktische Gabe von Betablockern (Sympathikusblockade und Aktivitätshemmung der Mechanorezeptoren in der linken Herzkammer) bewährt (4, 5). In Kipptisch-Untersuchungen und bei katamnestischen Erhebungen fanden sich Ansprechraten bis neunzig Prozent. Mittel der zweiten Wahl ist Theophyllin (Blockade der Aufnahme von Adenosin). Nur in Ausnahmefällen muss die Betablocker-Therapie durch die Implantation eines Herzschrittmacher-Systems ergänzt werden (16).
Der Apotheker als Ratgeber
Wird der Apotheker von Kunden mit hypotonen Kreislaufstörungen um Rat gefragt, hilft ein gezielter Fragenkatalog, die Situation richtig einzuschätzen und treffende Empfehlungen zu geben.
o Junges Alter, weibliches Geschlecht, großwüchsiger leptosomer Habitus, allgemeine Befindlichkeitsstörungen, Orthostasesymptomatik, keine Vorerkrankungen: Diese Zeichen sprechen für eher harmlose hypotone Befindlichkeitsstörungen. Hier sollten zu allererst Kreislauf roborierende Maßnahmen empfohlen werden (Trimm-Dich-Pfad, Fitness-Center). Auch Salzstangen und Kaffee können nützlich sein. Vom Rauchen ist abzuraten, da Nikotinabusus nach neuesten Erkenntnissen zu Störungen der Pressorrezeptoren und damit der Blutdruckregulation führen soll (7).
o Nimmt der Ratsuchende Blutdruck senkende Pharmaka ein? Ein Besuch beim Hausarzt sollte empfohlen werden, um die antihypertensive Therapie umzustellen.
o Mittleres und höheres Lebensalter, chronische Krankheiten, Diabetes mellitus, Morbus Parkinson, Alkoholmissbrauch sowie Kreislaufsymptomatik mit Schwindel, Kollaps und Synkopen sprechen für eine risikoträchtige hypotone Kreislaufstörung. Der Apotheker sollte den Patienten raten, sich umgehend internistisch untersuchen zu lassen.
In der Beurteilung hypotoner Kreislaufstörungen hat sich in den vergangenen Jahren zu Recht ein Wandel vollzogen. Antihypotonika haben an klinischer Bedeutung und Umsatz verloren. Ein weiterer Umsatzrückgang dürfte zu erwarten sein. Für die wenigen verbliebenen Indikationen sollten solche Antihypotonika eingesetzt werden, die hinsichtlich ihrer pharmakologischen und pharmakokinetischen Eigenschaften eine akzeptable Kosten-Nutzen-Relation aufweisen.
Literatur:
Anschrift des Verfassers:
Professor Dr. Hartwig Schönborn
Medizinische Klinik I Nordwest-Krankenhaus
Sanderbusch
26 452 Sande
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