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HIV-Forscher sollten mehr auf Zytokine setzen

14.08.2000  00:00 Uhr

-PharmazieGovi-Verlag

HIV-Forscher sollten mehr auf Zytokine setzen

dpa-Artikel

Die Aidsforschung sollte nach Ansicht des berühmten Wissenschaftlers Robert Gallo stärker auf körpereigene Stoffe setzen. Herkömmliche Medikamente blockierten vor allem virale Enzyme, berichtete der Mitentdecker der HI-Viren auf einer Veranstaltung Anfang August während der Expo 2000 in Hannover.

Sinnvoll sei es aber auch, das Immunsystem der Patienten direkt zu behandeln, da es die Viren auf vielfältige Weise störe. Entsprechende Therapien könnten auch weniger Nebenwirkungen haben als herkömmliche Methoden. Auf dem Weltmedizinkongress parallel zur Weltausstellung präsentierte Gallo seine Forschung mit Zytokinen.

Körpereigenen Botenstoffe wie zum Beispiel MIP-1a können die Andockstelle der Viren auf der Oberfläche von Abwehrzellen blockieren. Menschen mit viel MIP-1a haben Studien zufolge einen besseren Schutz vor Aids als andere. Derzeit versucht Gallo die Produktion von MIP-1a im Körper anzuregen. Allerdings haben Zytokine meist mehrere Funktionen. So ist er sich nicht sicher, was passiert, wenn die Zahl der Zytokine unnatürlich ansteigt.

Der Rezeptor mit dem Namen CCR5 auf den Abwehrzellen kann jedoch auch von sich aus so verändert sein, dass er dem Virus den Zugang in die Zelle verwehrt. 10,8 Prozent der Deutschen haben laut Gallo ein verändertes Gen für den Rezeptor von Vater oder Mutter geerbt. Hoffnung auf Schutz vor der Immunschwäche gibt es jedoch nur, wenn man von beiden Eltern ein mutiertes Gen bekommen hat. Noch ist nicht sicher, wie gut die Genvariante vor dem HI-Virus schützt. In Skandinavien tragen rund 13 Prozent aller Menschen ein verändertes Rezeptorgen, das in Afrika nicht vorkommt.

Nach einer Theorie nutzte auch der Erreger der Pest diesen Rezeptor. Menschen mit verändertem Rezeptor hätten damit eine größere Überlebenschance gehabt und konnten das Gen dann an ihre Nachkommen weitergeben.

In einem weiteren Projekt erforscht Gallo ein Eiweiß, das im Urin von Schwangeren im ersten Trimenon gefunden wurde. Es könne auch Tumorzellen zerstören und diene während der Embryoentwicklung vielleicht zur Entfernung überflüssiger Zellen, erläuterte Gallo. Er berichtete von ersten Erfolgen im Tierversuch. Noch sei es aber nicht gelungen, das Protein in größerer Menge herzustellen.Top

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