Politik
Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) hält die zur
Zeit diskutierten Arzneimittel-Richtlinien nicht für rechtskonform. Auf einer
Pressekonferenz des Verbandes am 30. Juli in Frankfurt kritisierte
Hauptgeschäftsführer Dr. Wolfgang Weng die vom Bundesausschuß Ärzte
und Krankenkassen geplante Erweiterung der Richtlinien.
Die Entscheidung, ob Arzneimittel aus der Erstattungsfähigkeit herausgenommen
werden, sei Sache des Gesetzgebers. Seit dem Gesundheitsgesetz beanspruche der
Bundesausschuß jedoch für sich das Recht, verbindliche Richtlinien aufzustellen.
Ursprünglich seien die Arzneimittel-Richtlinien lediglich Empfehlungen gewesen. In
ihnen wird festgelegt, welche Arzneimittel nicht zu Lasten der Gesetzlichen
Krankenversicherung verordnet werden dürfen.
Weng plädiert dafür, die Entscheidung über die Richtlinien zumindest solange
zurückzustellen, bis das Bundesverfassungsgericht geklärt hat, ob der
Bundesausschuß hier seine Kompetenzen überschreite. In Karlsruhe seien seit 1994
zwei Verfahren dazu anhängig.
Der Bundesausschuß Ärzte und Krankenkassen sei kein neutrales Gremium,
sondern verfolge beim Ausschluß von Arzneimittelgruppen aus der
Erstattungsfähigkeit eigene wirtschaftliche Interessen, beklagt der BPI. Mittlerweile
seien 40 Arzneimittelgruppen vom Bundesausschuß zusammengestellt, die nicht mehr
oder nur noch in Ausnahmefällen von den Krankenkassen bezahlt werden dürften.
Das Marktvolumen dieser Präparate bezifferte der Verband auf sechs Milliarden
DM.
Der Export boomt, das Inlandsgeschäft nicht
Das Jahr 1997 brachte für die deutschen Arzneimittelhersteller ein durchwachsenes
Ergebnis. Nach Angaben des BPI lag der Arzneimittelumsatz im Apothekenmarkt zu
Herstellerabgabepreisen im vergangenen Jahr bei 25,6 Milliarden DM; das ist ein
Plus von 2,1 Prozent gegenüber 1996. Davon wurden 19,2 Milliarden DM von der
GKV erstattet, 1,7 Prozent weniger als 1996.
Das Wachstum sei ausschließlich darauf zurückzuführen, daß die Ärzte teurere
Präparate verschrieben, denn die Zahl der abgegebenen Packungen sank um 3,4
Prozent auf 1,609 Milliarden. Sie hatte 1996 bereits unter den Zahlen von 1995
gelegen.
Die deutsche Pharmaindustrie wächst vor allem im Ausland. Dort legte sie um 23,6
Prozent auf nunmehr 21,6 Milliarden DM zu. Der Trend scheint sich in diesem Jahr
fortzusetzen: Im ersten Quartal 1998 stiegen die Exporte gegenüber dem
Vorjahreszeitraum um weitere 34,2 Prozent auf 6,335 Milliarden DM.
Im Inland blieb es im ersten Halbjahr 1998 bei einem moderaten Wachstum. Der
Umsatz im Apothekenmarkt lag in den ersten sechs Monaten des Jahres mit 13,286
Milliarden DM um 1,2 Prozent über dem ersten Halbjahr 1997. Im gleichen
Zeitraum sank die Zahl der verkauften Packungen um 4,5 Prozent.
Der Anteil der deutschen Unternehmen am Inlandsmarkt betrug im vergangenen Jahr
erstmals unter 50 Prozent. 51,1 Prozent der in Deutschland verkauften
Medikamente wurden von ausländischen Firmen hergestellt. Im Jahr zuvor hatte der
Anteil noch bei 49,9 Prozent gelegen.
PZ-Artikel von Daniel Rücker, Frankfurt am Main
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