Keine Empfehlung für Bleipflastersalbe |
03.07.2000 00:00 Uhr |
Ist die Abgabe von Bleipflastersalbe verboten?
Bleisalzen wird die stärkste adstringierende Wirkung aller Metallsalze zugeschrieben (1). Die cutane Anwendung von Bleiverbindungen beschränkte sich in den letzten Jahren jedoch weitgehend auf Bleipflaster und dessen Zubereitungen (1 - 4), die als "Zugsalben" oder zur Erweichung von Borken beim hyperkeratotisch-rhagadiformen Hand- und Fußekzem (5) angewendet wurden. Dem noch in kosmetischen Haarfärbemitteln (6) verwendeten Bleiacetat ("Bleizucker") und seinen Lösungen ("Bleiessig") kommt nur noch pharmaziehistorische Bedeutung zu (7).
Bleipflastersalbe und Salicylsäurehaltige Bleipflastersalbe sind nicht der Nutzenrisikobeurteilung einer der amtlichen Kommissionen zur Aufbereitung Wissenschaftlichen Erkenntnismaterials für die Nachzulassung von Fertigarzneimitteln unterzogen worden; zumindest ist keine diesbezügliche Monographie publiziert oder vorab publiziert worden. Eine Antwort des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte auf die Anfrage der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker zur aktuellen Bewertung steht noch aus (8).
Die Herausnahme der betreffenden Rezepturen 11.11. und 11.14. aus dem NRF (9) bedeutet nicht zwangsläufig deren Bedenklichkeit gemäß §§ 5 und 95 Abs. 1 Nr. 1 AMG. Allein schon aus Gründen des Umweltschutzes kann aber keine Empfehlung für solche Verschreibungen gegeben werden (5). Zudem ist die Wirksamkeit bei den seinerzeit beanspruchten Indikationen weder durch klinische Untersuchungen belegt, noch sicher auf eine Wirkung des Bleis zurückzuführen. Möglicherweise spielt weniger die adstringierende Wirkung als vielmehr die physikalische Beschaffenheit die entscheidende Rolle für den Bedarf in der Praxis (5).
In diesem Fall wären Bleipflaster-freie Alternativen vergleichbarer Konsistenz mit gewünschter Abdeckung und Haftung vorstellbar (siehe Kasten). Im Einzelfall konnten Bleipflastersalben erfolgreich durch die Hypromellose-Salbe FNA (10) ersetzt werden (11). Sollten sich Ersatzrezepturen weiter bewähren, ergäben sich zweierlei Konsequenzen. Erstens wird die immer vor dem Hintergrund therapeutischer Alternativen zu treffende Nutzenrisikobeurteilung nicht unbeeinflusst bleiben, und zweitens kann sich die Pharmazie mit Anstand von einem ungeliebten Rezepturbestandteil trennen: Bleipflaster ist in der Apotheke nur sehr aufwändig herzustellen, zudem entstehen entsorgungspflichtige Schwermetallabfälle und wegen oxidativer Anfälligkeit sind die Zubereitungen nur begrenzt haltbar und immer schwieriger (in letzter Zeit überhaupt nicht mehr) zu beziehen (4, 7).
Hypromellosezalf 20 % (10) Hypromellose 2000
(zum Beispiel Methocel® E4M) 20,0 g
Weißes Vaselin zu 100,0 g
Schleimhauthaftsalbe*) (13) Carmellose-Natrium 400
(zum Beispiel Blanose® 7MFC) 17,0g
Pektin 17,0 g
Gelatine 17,0 g
Hydrophobes Basisgel DAC zu 100,0 g *) Entspricht in der Zusammensetzung etwa der Grundlage im Fertigarzneimittel Volon® A Haftsalbe beziehungsweise Stomahesive® Adhäsivpaste.
Die Probleme bei den Lieferanten der in der Apotheke verwendeten Grundstoffe sind vergleichbar (5, 12), so dass sich das Thema "Bleipflastersalbe" eventuell von selbst erledigt.
Literatur:
Anschrift der Verfasserin:
Heike Fischer
Neues Rezeptur-Formularium (NRF)
Pharmazeutisches Laboratorium
Carl-Mannich-Straße 20
D65760 Eschborn
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