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Beratungsrelevante Giftpflanzen

22.06.1998  00:00 Uhr

-Titel

Govi-Verlag

Beratungsrelevante Giftpflanzen

Pflanzen- und Pflanzenteile sind nach Arzneimitteln und Haushaltschemikalien die dritthäufigste Ursache für Vergiftungen. Kinder sind besonders häufig betroffen, denn auffällige Früchte oder Blätter animieren sie zum Verzehr. Jedoch erst wenn die Giftigkeit einer Pflanze richtig eingeschätzt ist, können geeignete Gegenmaßnahmen getroffen werden.

Die Titelgeschichte in PZ 22/98 informierte ausführlich über allgemeine Aufgaben der Apothekerinnen und Apotheker bei Vergiftungen mit Pflanzen. Nachfolgend finden Sie eine Beschreibung solcher Gewächse, die in den letzten Jahren in Mitteleuropa immer wieder zu Vergiftungen geführt haben. Es sind dabei nur die wichtigsten Pflanzen berücksichtigt. Um sich umfassend zu informieren, empfehlen wir das Giftpflanzenbuch von Frohne und Pfänder, das in keiner Apotheken-Bibliothek fehlen sollte.

 

Pflanzen, die nach oraler Aufnahme Vergiftungen hervorrufenGiftpflanzen mit äußerlicher WirkungMindergiftige oder ungiftige Pflanzen

 

Atropa belladonna

Alle Pflanzenteile der Tollkirsche enthalten Tropanalkaloide, vor allem L-Hyoscyamin. Durch die attraktiven, süß schmeckenden Beeren kommt es immer wieder zu Vergiftungen, die besonders bei Kindern häufig eine klinische Behandlung erfordern. Die Früchte sind im unreifen Zustand grün und werden bis zur Vollreife schwarz. Der grüne Kelch läßt sich nur bei vollreifen Früchten entfernen.

Durch ihre distinkte Symptomatik, die sich aus der peripher parasympatholytischen Wirkung ergibt, läßt sich die Vergiftung gut diagnostizieren. Wichtige Symptome sind Rötung des Gesichts Trockenheit der Schleimhäute, beschleunigter Puls, Hyperthermie und erweiterte Pupillen. Nach der Einnahme von höheren Dosen ist auch mit zentralen Wirkungen wie Unruhe, Rededrang und Halluzinationen zu rechnen.

Kurz nach der Giftaufnahme sollte Erbrechen ausgelöst oder der Magen gespült werden. Bei manifester Symptomatik sind physikalische Maßnahmen zur Temperatursenkung notwendig. Ansonsten können die zentralen Vergiftungssymptome nur symptomatisch behandelt werden. Als Antidot steht Physostigminsalicylat (Anticholium®)zur Verfügung.

Convallaria majalis

Maiglöckchen enthalten in allen vegetativen Organen herzwirksame Glykoside vom Cardenolidtyp, daneben auch Steroidsaponine. Die auffällig rot gefärbten Beerenfrüchte enthalten nur in den Samen Cardenolide. Die Convallaria-Cardenolide sind stark herzwirksam, werden jedoch nur schlecht resorbiert. Deshalb sind, wie bei anderen herzglykosidhaltigen Pflanzen auch, schwere Vergiftungen selten. Dennoch gibt es zu dieser Pflanze häufig Anfragen bei den Giftinformationszentren. Die Symptomatik beschränkt sich in den meisten Fällen auf gastrointestinale Beschwerden wie Reizerscheinungen, Übelkeit und Erbrechen. Kardiotoxische Wirkungen sind kaum zu erwarten. Es muß, wenn erforderlich, symptomatisch therapiert werden.

Cotoneaster

Bei der Fächerzwergmispel, meist Cotoneaster horizontalis, handelt es sich um Sträucher oder kleine Bäume, die häufig kultiviert werden. Die zu den Rosaceen gehörenden Pflanzen bilden kleine rote Scheinfrüchte von mehliger Konsistenz mit zwei bis fünf Kernen (Nußfrüchten). Sie enthalten cyanogene Glykoside, vor allem Prunasin und Amygdalin. Die Gehalte sind in der Regel jedoch so gering, daß es selbst nach der Aufnahme größerer Mengen Früchte nicht zu Vergiftungssymptomen kommt. Die Giftinformationszentren erhalten jedoch immer wieder Anfragen. Dabei wird häufig von Kindern mit leichten gastrointestinalen Symptomen berichtet. Potentiell sind jedoch auch stärkere Vergiftungen denkbar, da einige Kultivare von Hybriden deutlich höhere Gehalte an cyanogenen Glykosiden aufweisen. Auch hier kann nur symptomatisch therapiert werden.

Daphne mezereum

Vergiftungen mit dem wenig verbreiteten Seidelbast kommen nicht häufig vor. Allerdings sind vor allem Kinder in Gebieten, in denen der Seidelbast weiter verbreitet ist (zum Beispiel in Mainfranken), aufgrund der wohlriechenden Blüten und leuchtend roten Beeren gefährdet. Die Giftstoffe sind komplex gebaute Diterpenester, die lokal sehr stark reizend wirken. Die Symptomatik ist entsprechend durch heftiges Kratzen und Brennen im Mund, Lippen- und Gesichtsschwellungen, Heiserkeit und Schluckbeschwerden gekennzeichnet. Bei Aufnahme von Pflanzenteilen kommt es zu blutigen Durchfällen und heftigen gastrointestinalen Beschwerden. Zur Therapie sollte der Magen ausgespült werden. Erbrechen darf nicht ausgelöst werden. Ansonsten muß bei Bedarf symptomatisch behandelt werden.

Datura oder Brugmansia

Die als Zierpflanzen kultivierten Arten der südamerikanischen Gattung Brugmansia (Datura, Engelstrompete) enthalten wie Atropa belladonna Tropanalkaloide. Wegen des höheren Anteils an Scopolamin kommt es häufiger zu Vergiftungen mit zentraler Symptomatik bis zur tiefen Bewußtlosigkeit. Viele Vergiftungen sind die Folge einer mißbräuchlichen Verwendung der Pflanze als Rauschmittel.

Dieffenbachia

Die Arten der Gattung Dieffenbachia besitzen auffallend gezeichnete Blätter und sind beliebte Zimmerpflanzen. Wie andere Araceen auch, besitzen sie in allen Organen Calciumoxalat-Nadeln (Raphiden), die sich beim Kauen der Pflanzenorgane pfeilartig in die Mundschleimhaut und Zunge bohren können. Gleich einer Injektion gelangen dabei offenbar auch andere – in ihrer Struktur bisher unbekannte – lokal reizende Stoffe in die Haut. Die Folge ist eine starke lokale Reizung der Mundschleimhaut, die durch Schwellung zu Schluckbeschwerden und in schweren Fällen zu Schwierigkeiten beim Sprechen führen kann. Die Pflanzen besitzen weltweit eine herausragende Bedeutung als giftige Zierpflanzen und sind Spitzenreiter in den Statistiken der Giftinformationszentren.
Eine Therapie kann nur symptomatisch erfolgen.

Laburnum anagyroides

Der Goldregen ist ein häufig angepflanztes Ziergehölz, das während seiner Blütezeit von Mai bis Juni durch seine dekorativen traubigen, bogig überhängenden Blütenstände auffällt. Er enthält in allen Organen Chinolizidin-Alkaloide, vor allem Cytisin. In der toxikologischen Beratungspraxis nimmt der Goldregen eine herausragende Stellung ein. Betroffen sind in den meisten Fällen Kinder, die beim Spielen mit den erbsenähnlichen Früchten die Früchte in den Mund nehmen, zerkauen oder essen. Abgesehen von oft länger andauerndem Erbrechen ist die Symptomatik vielseitig und wenig spezifisch. Der Verlauf und die Prognose der Vergiftung ist nicht zuletzt wegen des häufigen Erbrechens meist günstig, wenn auch ein kurzer Klinikaufenthalt zur Beobachtung häufig als notwendig erachtet wird.
Es sollte Erbrechen ausgelöst und Aktivkohle gegeben werden. Ansonsten muß symptomatisch behandelt werden.

Phaseolus vulgaris

In der Gartenbohnen sind, wie in den Früchten verwandter Fabaceen, Lectine enthalten. Diese können nach der Aufnahme roher Bohnen toxisch wirken, indem sie intestinale Schädigungen verursachen. Durch Erhitzen werden die Lectine als Eiweiße denaturiert und somit unwirksam. Betroffen sind vor allem Kinder, die bei Kochspielen aus Unkenntnis Bohnen roh essen. Schwere Intoxikationen sind auch schon bei Rohkostanhängern vorgekommen. Vergiftungen äußern sich mit blutigen Brechdurchfällen sowie wenig spezifischen Symptomen, wie Schüttelfrost, Koliken, Tachykardie und Blutdruckabfall. Die Reaktionen sind interindividuell sehr unterschiedlich. Manche Menschen können größere Mengen roher Bohnen verzehren, ohne jede Symptomatik zu zeigen. Andere reagieren sehr empfindlich. Es sollte Erbrechen ausgelöst und Aktivkohle gegeben werden. Ansonsten kann nur symptomatisch behandelt werden.

Prunus laurocerasus

Die Lorbeerkirsche ist ein als Zier- und Heckenpflanze angebauter Strauch oder kleiner Baum mit derb-ledrigen glänzenden Blätter und schwarzen glänzenden Steinfrüchten. Die Pflanze enthält in Blättern und Samen beträchtliche Mengen cyanogener Glykoside. Da der Gehalt an cyanogenen Glykosiden im Fruchtfleisch gering ist, kommt es nur zu ernsthaften Vergiftungen, wenn ganze Früchte aufgenommen werden. Diese äußern sich zunächst durch gastrointestinale Beschwerden, später Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Speichelfluß und Erbrechen (Erbrochenes mit Bittermandelgeruch!). Auch andere Prunus-Arten enthalten, meist in den Steinkernen, cyanogene Glykoside und können für Vergiftungen mit gleicher Symptomatik verantwortlich sein.
Therapie: Erbrechen auslösen. Als Antidot steht 4-Dimethylaminophenol peroral, Natriumthiosulfat (S-hydril®) parenteral oder Cobalt-EDTA (Kelocyanor®) zur Verfügung. Aktivkohle ist weitgehend unwirksam.

Ricinus communis

Die Pflanze, auch als Wunderbaum oder Christuspalme bezeichnet, wird weltweit zur Gewinnung von Rizinusöl kultiviert. Bei uns reifen die Samen meist nicht aus und eine Kultur erfolgt wegen des auffälligen Erscheinungsbildes nur als Zierpflanze. Anlaß zu Vergiftungen geben immer wieder die Samen; allerdings meist aus Saatgut (zum Beispiel auch in Ketten, die aus tropischen Ländern als Souvenir mitgebracht werden). Sie enthalten das hochwirksame Lectin Ricin. Ein Same enthält die für einen Erwachsenen tödliche Dosis. Die Schwere der Vergiftung ist allerdings davon abhängig, wie gut die Samen zerkaut wurden. Wichtig ist, daß auch der äußerliche Umgang mit den Samen gefährlich sein kann, da das Gift über kleinste Wunden in den Körper gelangen kann. Symptome treten erst nach einer Latenzzeit von 2 bis 24 Stunden auf, in seltenen Fällen auch erst nach wenigen Tagen. Sie sind wenig spezifisch. Beschrieben werden Unwohlsein, Erbrechen, Bauchschmerzen, Harndrang, Schläfrigkeit und Kreislaufkollaps. Magenspülung, die Gabe von Aktivkohle und eine symptomatisch Therapie sind angezeigt.

Sambucus ebulus

Durch Verwechslungen mit dem Schwarzen Holunder kommt es nach dem Genuß der rohen Steinfrüchte des Attich oder Zwerg-Holunder immer wieder zu leichten Vergiftungen. Die beschriebenen Symptome reichen von leichten gastrointestinalen Beschwerden bis zu heftigem Erbrechen. Besonders Kinder scheinen empfindlich zu reagieren. Die für die Giftwirkung verantwortlichen Inhaltsstoffe sind unbekannt.
Es kann nur symptomatisch therapiert werden.

Taxus baccata

Die Eibe ist eine der wichtigsten Giftpflanzen. Die Pflanze enthält toxische Diterpene. Der rote, fleischige Arillus ist als einziges Pflanzenteil frei von diesen Giftstoffen. Während die Nadeln häufiger in suizidaler Absicht eingenommen werden, verlockt der leuchtend rote Arillus vor allem Kinder zur Aufnahme der Samen. Dabei kommt es nur zu Intoxikationen, wenn dabei der Same zerkaut oder in sonstiger Weise beschädigt wird. Dann kommt es bei leichteren Vergiftungen zu unspezifischen gastrointestinalen Beschwerden. Mit fortschreitender Vergiftungsschwere ist zunächst mit Tachykardie, Pupillenerweiterung und Rotfärbung der Lippen zu rechnen. Später treten Bradyarrhythmien, Pulsverlangsamung und Blutdruckabfall auf. Eine Magenentleerung ist auch nach Stunden noch sinnvoll. Ansonsten muß symptomatisch behandelt werden.

Giftplanzen mit äußerlicher Wirkung

Die Therapie erfolgt in den meisten Fällen symptomatisch, nachdem die betroffenen Stellen gut mit lauwarmem Wasser abgewaschen oder mit Polyethylenglykoll 400 (Roticlean®) abgespült oder abgetupft wurden. Bei Augenkontakt muß sofort mit viel Wasser gespült werden.

Bryonia cretica und alba

Besonders bei Hobbygärtnern sind Hautirritationen nach Kontakt mit dem frischen Saft der rot- oder schwarzfrüchtigen Zaunrübenwurzeln häufig. Die als Unkraut angesehenen Pflanzen bilden lange und tiefreichende Wurzelrüben, die sich nur schwer ausgraben lassen. Nach Hautkontakt kommt es zu Rötungen und Entzündungen mit Bläschenbildung an der Kontaktfläche. Dafür werden die auch in anderen Cucurbitaceen enthaltenen Cucurbitacine verantwortlich gemacht.
Die Beeren beider Arten sind ebenfalls giftig und ihre Aufnahme kann zu schweren Vergiftungserscheinungen führen. Bereits nach dem Verzehr von sechs bis acht Früchten kann es zu mehrfachem Erbrechen und blutigen Durchfällen kommen.

Euphorbia

Viele einheimische und als Zier- oder Zimmerpflanzen kultivierte Wolfsmilchgewächse akkumulieren in ihrem Milchsaft hautirritierende Diterpenester (siehe Kasten). Es kommt zunächst zu Rötung und Schwellung der betroffenen Hautareale, die sich weiter verschlimmern können. Schließlich bilden sich Blasen, Pusteln und schwer heilende Hautläsionen aufgrund des Kontakts mit dem frischen Michsaft. Die Symptome klingen meist erst nach mehren Tagen langsam ab. Die Diterpenester wirken auch cocarcinogen.

Heracleum mantegazzianum, Heracleum sphondylium

Sowohl der aus dem Kaukasus eingeschleppte Riesenbärenklau, als auch verschiedene Subspezies unseres einheimischen Wiesenbärenklaus enthalten lineare Furanocumarine (unter anderem 8-Methoxypsoralen). Bei Kontakt kann es durch UV-Strahlung zur Ausbildung einer Fotodermatitis (bullösen Wiesendermatitis) kommen. Das Krankheitsbild ist im Bereich der Kontaktstelle durch Hautrötung und Blasenbildung gekennzeichnet und kann, je nach Schwere, auch zu langsam heilenden Läsionen führen. Häufig bleiben Bereiche mit verstärkter Pigmentierung zurück.

Andere einheimische Pflanzen, die auch Furanocumarine enthalten und deren Kontakt besonders bei empfindlichen Personen (hellhäutiger Typ) zu Photodermatosen führen können sind:

  • Angelica archangelica
  • Levisticum officinale
  • Apium graveolens (bei der Lagerung nach Pilzinfektionen!)
  • Peucedanum officinale

Die Therapie erfolgt symptomatisch mit topischen Corticoiden.

Tulipa

Durch die als Zierpflanzen kultivierten Tulpen kommt es immer wieder zu Dermatiden nach Kontakt mit den Zwiebeln oder anderen Pflanzenteilen. Hiervon sind in erster Linie Hobbygärtner und Personen, die berufsmäßigen Umgang mit den Pflanzen haben, betroffen. Es kommt dabei zu ekzemartigen Hautveränderungen insbesondere an Fingerspitzen und -nägeln. Neben Hautrötung und Juckreiz können sich schmerzhafte Hautrisse und schuppende Stellen bilden. Nach längerem Kontakt kann ein allergisches Ekzem entstehen. Ursache für die Erkrankung sind Tuliposide (a-Methylen-Hydroxybuttersäuren). Auch in anderen Gattungen der Liliales kommen entsprechende Verbindungen vor.

Minder- oder ungiftige Pflanzen, die als giftig gelten

Beim Laien gelten eine Reihe von Pflanzen als giftig, die jedoch als minder- oder ungiftig eingestuft sind. Gleichzeitig werden vor allem in älterer Literatur häufig Angaben zur Giftigkeit von Pflanzen gemacht, die nicht zutreffen oder in der Praxis keine Rolle spielen.

Chelidonium majus

Das Schöllkraut hat eine lange Tradition in der volksmedizinischen Verwendung. Dies führte offensichtlich dazu, daß viele ältere Angaben, auch solche zur Giftigkeit der Pflanze, kritiklos aus älterer Literatur übernommen werden. Bei kritischer Auswertung neuerer Erkenntnisse und Berücksichtigung der Statistiken der Giftinformationszentralen kommt man zu dem Schluß, daß die Pflanze weitgehend ungiftig ist. Das gilt auch für die angeblich hautirritierenden Wirkungen. Allerdings sollten die Pflanze oder ihre Zubereitungen nicht am Auge angewendet werden.

Equisetum palustre

Unsere einheimischen Schachtelhalm-Arten sind für den Laien nur schwer zu unterscheiden. Deshalb kommt es immer wieder zu Verwechslungen beim Sammeln von Ackerschachtelhalm als Heilpflanze. Auch in neuerer Literatur wird in diesem Zusammenhang immer wieder auf die Giftigkeit einzelner Schachtelhalm-Arten, insbesondere des Sumpfschachtelhalms hingewiesen. Die Art ist vor allem für Wiederkäuer giftig, was mit großer Wahrscheinlichkeit auf eine Antithiaminwirkung zurückzuführen ist. Zur Giftigkeit für Menschen liegt kein Erkenntnismaterial vor. Equisetum palustre scheint wie die anderen einheimischen Schachtelhalm-Arten für den Menschen ungiftig zu sein.

Euphorbia pulcherrima

Während eine Reihe von Euphorbia-Arten giftig sind, beziehungsweise stark hautreizende Aktivitäten haben, muß der Weihnachtsstern als ungefährlich eingestuft werden. In der Art konnten keine toxischen Diterpene oder sonstigen toxische Verbindungen nachgewiesen werden. Auch tierexperimentell ergaben sich keine Hinweise auf eine Toxizität. Diese Erkenntnisse sind von Bedeutung, da der Weihnachtsstern sehr häufig als Zimmerpflanze kultiviert wird und besonders um die Weihnachtszeit in vielen Haushalten steht.

Ilex aquifolium

Der in Gestecken besonders um die Weihnachtszeit beliebte Strauch oder kleine Baum der Stechpalme bildet leuchtend rote mehrsamige Steinfrüchte, die besonders gerne von Kindern probiert werden.
Sie enthalten entgegen Angaben in älterer Literatur keine cyanogenen Glykoside und sind als mindergiftig anzusehen. Bei Kindern oder empfindlichen Personen kann es nach Aufnahme der Früchte zu gastrointestinalen Beschwerden, wie Leibschmerzen, Erbrechen und Durchfall kommen.

Lactuca virosa

Wie andere Asteraceen der Cichorioidae enthält der Giftlattich einen weißlichen, an der Luft verbräunenden Milchsaft. Dieser wurde volksmedizinisch als Sedativum verwendet. Die darin enthaltenen Sesquiterpenlactone, in erster Linie Lacticin und Lactupicrin galten als giftig. Ihre Toxizität ist allerdings gering, Vergiftungssymptome sind nicht zu erwarten.

Ligustrum vulgare

Der Liguster ist ein bis zu vier Meter hoher, häufig als Hecke gepflanzter Strauch mit glänzend schwarzen Steinfrüchten mit je zwei Steinkernen. Entgegen den Angaben in der älteren Literatur sind die Früchte nur schwach giftig. Sie enthalten Secoiridoid-Glykoside. In seltenen Fällen wurden nach der Aufnahme leichtere, vor allem gastrointestinale Symptome registriert.

Lonicera

Neben einheimischen Arten werden viele Arten der Heckenkirsche als Zierpflanzen kultiviert. Besonders die Früchte der Roten Heckenkirsche (Lonicera xylosteum) werden in älterer Literatur als sehr giftig beschrieben. Nach neueren Untersuchungen sind die Früchte der Gattung jedoch als mindergiftig einzustufen. Bei empfindlichen Personen kann es nach der Aufnahme größerer Mengen an Früchten allerdings zu leichten gastrointestinalen Beschwerden kommen.

Pyracantha cocccinea

Wie andere Rosaceen, zum Beispiel Cotoneaster, enthält der Feuerdorn cyanogene Glykoside und zwar in den Nüßchen, die in den leuchtendroten Scheinfrüchten enthalten sind. Der Gehalt an cyanogenen Glykosiden ist allerdings so gering, daß nach der Aufnahme von Früchten - auch bei Kindern - kaum Vergiftungssymptome erwartet werden können. Da die Pflanzen häufig angepflanzt werden, spielen diesbezügliche Beratungen in den Statistiken der Giftinformationszentralen eine herausragende Rolle.

Sorbus aucuparia

Die Früchte der Eberesche werden einerseits häufig zu Marmeladen, Kompott oder Fruchtsäften verarbeitet, andererseits gelten sie als giftig. Die nach dem Verzehr von rohen Früchten bei empfindlichen Menschen auftretenden gastrointestinalen Symptome, wie Übelkeit und Bauchschmerzen können auf den Gehalt an Parasorbinsäure zurückgeführt werden. Das Lacton liegt genuin in der Pflanze glykosidiert vor. Nach der Glykosidspaltung, die in zerkleinerten Früchten sehr rasch einsetzt, bildet sich durch Hydrolyse aus dem Lacton die freie Sorbinsäure, eine untoxische, zur Konservierung von Lebensmitteln eingesetzte Substanz.

Taraxacum officinale

Löwenzahn ist eine ungiftige Pflanze. Die Tatsache, daß der Löwenzahn in weiten Kreisen der Bevölkerung als giftig angesehen wird, ist seiner Michsaftführung zuzuschreiben. Aus gutem Grund wird Kindern beigebracht, daß alle Pflanzen mit Milchsaft giftig sind und nicht in den Mund gesteckt werden dürfen. Dies geschieht sehr häufig mit Löwenzahn, da Kinder aus den Blüten gerne Kränze flechten oder mit den Fruchtständen ("Pusteblumen") spielen. Ist diese Warnung verinnerlicht, begleitet sie uns bis ins Erwachsenenalter; häufig auch dann noch, wenn wir den Löwenzahn als Salat schätzen gelernt haben.

PZ-Titelbeitrag von Markus Veit, Würzburg, und Eric Martin, Mraktheidenfeld

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