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ABDA verteidigt in Anhörung bewährte Vertriebsstruktur

07.06.1999  00:00 Uhr

-Politik

9. AMG-NOVELLE

ABDA verteidigt in Anhörung bewährte Vertriebsstruktur

von Karl H. Brückner, Bonn

Einen Vertriebsweg an den Apotheken vorbei für Arzneimittel, die für einen Schwangerschaftsabbruch bestimmt sind, lehnen die Apotheker ab. Sachverständige der Pharmazie haben bei einer Anhörung des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages in Bonn erläutert, daß sie diese Koalitionsinitiative nicht aus vordergründigen Eigeninteressen für falsch halten.

Der Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes sieht vor, daß diese Präparate ausschließlich direkt vom Pharmaunternehmen an diejenigen Einrichtungen und Ärzte abgegeben werden, die den Abbruch vornehmen. Außerdem müssen der Hersteller, die Einrichtung und der behandelnde Arzt Nachweise über Abgabe, Erhalt und Anwendung des Medikaments führen; dies haben die Länder zu überwachen. So soll verhindert werden, daß die Präparate in falsche Hände geraten oder per Selbstmedikation Anwendung finden.

Das Gesetz soll in dieser Woche in zweiter und dritter Lesung vom Bundestag beraten sowie vom Bundesrat endgültig verabschiedet werden. Hintergrund der Novelle ist die bevorstehende arzneirechtliche Zulassung von Mifegyne® (früher: RU 486) zum medikamentösen Schwangerschaftsabbruch im ersten Trimenon.

Die geladenen Sachverständigen der Apotheker plädierten bei der Anhörung des Gesundheitsausschusses dafür, auch beim Vertrieb dieser Medikamente an den gut eingespielten Wegen über Pharmagroßhandel und Apotheken festzuhalten.

"Wir halten die geplante Regelung für unverhältnismäßig, ordnungspolitisch nicht vertretbar und sachlich nicht gerechtfertigt", stellte Dr. Johannes Pieck, Sprecher der Geschäftsführung der ABDA - Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, in einer schriftlichen Stellungnahme fest. Das Apothekengesetz erteile den Apotheken einen umfassenden Auftrag zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneiversorgung, so Pieck weiter. Den hohen Anforderungen an deren Sicherheit und Effizienz dienten vielfältige rechtliche Vorgaben. Dazu gehörten qualitätssichernde Vorschriften wie insbesondere die weitgehenden Dokumentationspflichten nach dem Betäubungsmittelrecht, dem Transfusionsgesetz und für Importarzneimittel sowie Rückrufsysteme, um eine höchstmögliche Sicherheit für Patienten zu gewährleisten.

"Diese nur beispielhaft genannten, normativ differenzierten Spezialisierungen des Vertriebswegs Apotheke ermöglichen auch sachgerechte Regelungen zur Distribution von RU 486", unterstrich der ABDA-Sprecher. Um den speziellen Dokumentationserfordernissen und der besonderen Interessenlage der Patientinnen bei diesen Medikamenten gerecht zu werden, plädiert die ABDA für eine unmittelbare Zuleitung der Verordnung durch den verschreibenden Arzt an eine von ihm bestimmte Apotheke und die unmittelbare Abgabe des Präparates an den Arzt. Die dafür erforderlichen Regelungen - vergleichbar mit der diskutierten Neuregelung für die Zytostatikaversorgung - in Apothekengesetz und Apothekenbetriebsordnung könnten durch die besondere medizinische beziehungsweise existentielle Funktion des Arzneimittels begründet werden.

Das politische Anliegen, solche Präparate nicht wie gewöhnliche verschreibungspflichtige Medikamente zu behandeln, sei durchaus gerechtfertigt, sagte auch der Einzelsachverständige Dr. Klaus G. Brauer. Ebenso wie die ABDA wandte er sich gegen einen Sondervertriebsweg.

Der Apotheker wies darauf hin, daß bisher schon für bestimmte Arzneien Sonderregelungen existierten, die Mißbrauch wirksam ausschlössen. Das gelte etwa für Betäubungsmittel. In Großhandel und Apotheken gebe es "klar geregelte, bestens eingeübte und in der Praxis bewährte Verfahren, die reibungslos funktionieren und sich im Alltag auch unter Streßsituationen bewährt haben", bekräftigte der Sachverständige.

Brauer schlägt deshalb vor, sich bei der Neuregelung an dem bewährten System zu orientieren und zusätzlich eine Einzel-Nummerierung der Packungen durch den Hersteller vorzuschreiben. Eine solche Unikat-Regelung ist auch ein Element des Gesetzentwurfs.

Von einem Vertriebsweg am Pharmahandel vorbei könne nur vermutet werden, daß er ein wirksames Instrument gegen Mißbrauch sei, gab Brauer den Gesundheitspolitikern zu bedenken. Zudem wäre noch ein Gerüst von Verordnungen und Richtlinien erforderlich, um das Gesetz umzusetzen. Top

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