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Apothekenbetriebsordnung - alte Last oder neue Herausforderung?

07.06.1999  00:00 Uhr

-PolitikGovi-Verlag

PHARMACON MERAN

Apothekenbetriebsordnung - alte Last oder neue Herausforderung?

von Hartmut Morck, Meran

Die Apothekenbetriebsordnung (ApoBetrO) hat offensichtlich für den Berufsstand den Charakter eines Reizthemas verloren. In den 70er Jahren füllte das Thema noch Säle , resümierte Dr. iur. Johannes Pieck, Sprecher der ABDA-Geschäftsführung, in seinem Vortrag zur Einstimmung auf die anschließende Podiumsdiskussion vor rund 200 Zuhörern in Meran. Trotzdem sei es notwendig, über die Weiterentwicklung der Apothekenbetriebsordnung zu sprechen - auch vor dem Hintergrund der Diskussion um die Gesundheitsreform 2000.

Bereits 1994 hatten die Bundesländer den Vorstoß unternommen, die ApBetrO von Teilregelungen zu befreien, auf Rahmenvorgaben zu beschränken und gegebenenfalls durch berufsständische Regelungen zu ergänzen. Anlaß dafür war aus Sicht der Länder unter anderem eine angeblich aus Kreisen der Apothekerschaft vorgetragene Kritik am § 25 zu apothekenüberlichen Waren: Er behindere eine Weiterentwicklung der Apotheken zu "Gesundheitszentren" und verursache zu hohen Verwaltungsaufwand. Seehofer habe auf diesen Vorstoß nur zögerlich gehandelt, so Pieck. Im Oktober 1998 hat dann das Bundesgesundheitsministerium unter neuer Leitung ihre Vorstellung für eine qualitätsorientierte Weiterentwicklung der ApBetrO vorgelegt.

Das Ministerium will an der grundsätzlich bewährten Struktur festhalten, gleichzeitig aber die Inhalte des Arzneimittelversorgungsauftrages an die Anforderungen des veränderten Gesundheitswesens anpassen. Dazu gehört eine stärkere Betonung des Beratungsauftrages, sowie Erleichterungen bei der Durchführung von Prüfungen von Ausgangsstoffen und bei der Herstellung von Arzneimitteln. Die ABDA will in der Diskussion erreichen, daß der Staat die uneingeschränkte Verantwortung für die Exekution der ApBetrO behält. Die Übertragung von Funktionen, wie zum Beispiel die Überwachung der Apotheken auf die Kammern, lehnt die ABDA ab. Das BMG-Papier könne durchaus vom Berufstand mitgetragen werden, so Pieck. Die ABDA sei allerdings noch nicht zur Stellungnahme aufgefordert worden, außerdem müsse das Papier noch berufsintern diskutiert werden. Die wichtigsten Punkte aus dem Papier stellte Pieck detaillierter vor. Anschließend wurden sie unter der Moderation von BAK-Vorstandsmitglied Dr. Hermann Vogel mit Professor Dr. Rainer Braun, ABDA-Geschäftsführer, Dr. Hartmut Schmall, BAK-Präsident, und Dr. Franz-Josef Schulte-Löbbert, Geschäftsführer der Apothekerkammer Nordrhein und BAK-Vorstandsmitglied diskutiert.

Beratung und pharmazeutische Betreuung durch den Apotheker soll zur Förderung der Compliance weiterentwickelt werden. Der Apothekertag 1998 hatte die Forderung gestellt, sie in die ApBetrO zu verankern. Die Diskussion sei nach wie vor kontrovers, so Pieck. Er bezweifelt, daß der Verordnungsgeber in der Lage sei, normativ die pharmazeutische Betreuung zu konkretisieren. Pieck würde dies lieber den Kammern überlassen.

Pharmazeutische Betreuung dürfe nicht die Sache auserwählter Apotheken werden. Pieck unterstrich und wurde in der Diskussion von Braun bestärkt, daß die pharmazeutische Betreuung die Grundlage des Berufstandes in der Zukunft sein werde. Sie diene auch dazu, Versandhandel abzuwehren. Zur Forderung, Dienstleistungen in die ApBetrO aufzunehmen, entgegnete Pieck: "Dinge, die man ohnehin darf, braucht man nicht in der ApBetrO zu verankern." Eine Auflistung müsse ständig erweitert werden und honorarfähig seien sie ohnehin. Braun machte noch einmal deutlich, daß Beratung und Information nach § 20 ApBetrO etwas anderes sei als pharmazeutische Betreuung.

Das BMG möchte darüber hinaus durch die Dokumentation von Arzneimitteldaten aus Verordnung und Selbstmedikation eine Optimierung der Arzneimitteltherapie erreichen, die auch im Interesse der Leistungserbringer, sprich Ärzte und Apotheker sein sollte.

Bei dem Punkt Rezeptur und Laborausstattung war sich das Auditorium mit dem Podium mehrheitlich einig, daß die Prüfung der Ausgangsstoffe, mindestens die Identitätsprüfung , in der Apotheke weiterhin durchgeführt werden sollte. Auch die Herstellung von Rezepturen, bis auf Spezialrezepturen, sollte in jeder Apotheke möglich sein. Dies sei ein wichtiger Beitrag für die Akzeptanz der Apotheke in der Öffentlichkeit, so Schmall.

Schließlich wurde auch das Thema Qualitätssicherungsystem als Ergänzung zur ApBetrO diskutiert, das vom Verordnungsgeber als Möglichkeit der Entlastung staatlicher Überwachungsbehörden gesehen wird. Die Verpflichtung dazu sei im Referentenentwurf zur Gesundheitsreform 2000 niedergeschrieben, sagte Braun. Schulte-Löbbert stellte deshalb fest, daß nicht mehr über das Ob, sondern über Wie und Wann diskutiert werden sollte. Überzeugungsarbeit sei weiterhin notwendig. Die Frage der Freiwilligkeit wurde in der Diskussion unterschiedlich beantwortet.Top

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