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Rivastigmin hilft Alzheimer-Patienten

07.06.1999  00:00 Uhr

-PharmazieGovi-Verlag

Rivastigmin hilft Alzheimer-Patienten

von Wolfgang Kämmerer, Wiesbaden

Rivastigmin kann die kognitive und funktionale Symptome bei Patienten mit leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Erkrankung bessern. Der Effekt ist jedoch dosisabhängig. Das belegen die Ergebnisse einer Studie an 725 Patienten.

Die bislang vielversprechendste Therapie der Alzheimer-Erkrankung ist die Gabe von Acetylcholinesterasehemmern. Durch eine Hemmung des Abbaus von Acetylcholin kommt es zu einer Verstärkung der noch intakten cholinergen Übertragung. Der erste Arzneistoff dieser Gruppe, Tacrin (Cognex®), hat sich zwar als wirksam erwiesen, jedoch stiegen die Leberenzymkonzentrationen. Aus diesem Grund ist der Wirkstoff in einigen Ländern nicht zugelassen. Der zweite bislang eingeführte Wirkstoff ist Donepezil (Aricept®). In klinischen Studien konnte ein positiver Einfluß auf die kognitiven Fähigkeiten sowie allgemeine Funktionen nachgewiesen werden.

Die neuste Substanz, Rivastigmin (Exelon®), ist ein sogenannter pseudoirreversibler Acetylcholinesterasehemmer. Aufgrund seiner Strukturähnlichkeit mit Acetylcholin lagert sich Rivastigmin wie Acetylcholin an die Acetylcholinesterase im synaptischen Spalt und bildet einen Komplex mit dem Enzym. Der Komplex Rivastigmin-Acetylcholinesterase ist jedoch im Gegensatz zum Acetylcholin-Komplex mehrere Stunden stabil (pseudoirreversibel). Durch die Hemmung des Enzyms wird die Bindung und Hydrolyse von Acetylcholin verhindert und größere Mengen an freiem Acetylcholin stehen zur Verfügung. Der Wirkstoff wird nahezu unabhängig vom hepatischen Cytochrom-P450-System verstoffwechselt, so daß die Wechselwirkungsrate gering ist.

In einer prospektiven, randomisierten, multizentrischen und Placebo-kontrollierten Doppelblindstudie erhielten insgesamt 725 Patienten mit milder bis mittelschwerer Erkrankung täglich entweder 1 bis 4 mg Rivastigmin, 6 bis 12 mg Rivastigmin oder Placebo. Die Dosis wurde innerhalb der ersten zwölf Behandlungswochen in Schritten von täglich 1 bis 4 mg oder 6 bis 12 mg erhöht. Der Beobachtungszeitraum betrug 14 Wochen. Die Beurteilungskriterien eines Behandlungserfolges waren die Gedächtnisleistung, die Alltagsbewältigung sowie der klinische Gesamteindruck anhand von psychometrischen Testsystemen.

Bei den mit Placebo behandelten Patienten verschlechterte sich der Zustand. In der Verumgruppe mit hoher Dosierung verbesserte sich der mittels Alzheimer-Scores gemessene Zustand gegenüber Placebo jedoch signifikant. Signifikant mehr Patienten in der Hochdosisgruppe zeigten eine Verbesserung von vier und mehr Punkten als in der Placebo-Gruppe (24 versus 16 Prozent). Die Allgemeinfunktionen der Patienten verbesserten sich in der Hochdosisgruppe ebenfalls gegenüber Placebo. In der Hochdosisgruppe besserte sich der Ausgangszustand, während er sich in der Placebogruppe verschlechterte.

Als unerwünschte Wirkungen beobachtete man hauptsächlich schwache bis moderate gastrointestinale Beschwerden, die nur vorübergehend und hauptsächlich nach Dosiserhöhung auftraten. 23 Prozent der Patienten in der Hochdosisgruppe, 7 Prozent in der Niedrigdosisgruppe und 7 Prozent in der Placebo-Gruppe brachen die Therapie aufgrund der Nebenwirkungen ab.

Quelle: Rösler, M. et al., BMJ 318 (1999), 633 - 640.Top

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