Nur den Steigbügel halten |
17.05.1999 00:00 Uhr |
Politik
"Selbsthilfeorganisationen - Das Thema hat durch die aktuelle Gesundheitspolitik neuen Drive. Wir sollten diese Chance nicht verpassen", appellierte Monika Koch, Vorsitzende des Sächsischen Apothekerverbandes und Vorstandsmitglied des DAV. Wie die Zusammenarbeit zwischen Apotheke und Selbsthilfegruppe aussehen könnte, zeigten Koch sowie Christine Kleemann, BAV und BLAK, und Hildegard Kaltenstadler, Vorsitzende des Bundesselbsthilfeverbands für Osteoporose, am Beispiel der Knochenkrankheit.
Ausschließlich finanzielle Unterstützung könnten die Apotheken den Interessenverbänden nicht geben, so Koch. Die Apotheker sollten den Gruppen vielmehr Hilfestellung geben, ihre Belange öffentlich zu machen, und als Kontaktstelle zwischen Patienten, Ärzten und den Verbänden fungieren. "Konzentrieren sie sich auch auf die lokalen Gruppen und nicht nur die großen landes- und bundesweiten Verbände", betonte Koch. Zum Beispiel könnten Apotheken gemeinsam mit einer Selbsthilfegruppe in ihrer Offizin Seminare abhalten, oder Aufklärungswochen zu bestimmten Krankheitsbildern veranstalten. "Das ist viel Arbeit und ein großer Aufwand, die Patienten nehmen ihre Hilfestellung aber dankbar an."
Schon heute sind 3 Millionen Deutsche in 70.000 Selbsthilfegruppen engagiert, Tendenz steigend. In Bayern arbeite man deshalb schon seit zwei Jahren an einem gemeinsamen Selbsthilfe-Projekt in Kammer und Verband, berichtete Kleemann. Von einer guten Zusammenarbeit könnten beide Seiten nur profitieren. Ziel dieser Kooperation: Die Apotheke bindet ihre Kunden enger an sich, die Selbsthilfegruppen gewinnen neue Mitglieder und bekommen Kontakt zu Referenten. "Machen sie den Selbsthilfegruppen deutlich, daß sie ihnen mit ihrer Arbeit nicht ins Handwerk pfuschen wollen", sagte Kleemann. Auf beiden Seiten müßten noch viele Vorbehalte beiseite geräumt werden.
Nach Meinung Kaltenstadlers kann nur die Apotheke Patienten unabhängig in Sachen Arzneimittel beraten. Bei der Präparateauswahl stehe der Arzt doch häufig unter dem Einfluß der Pharmareferenten.
"Wir sehen im Apotheker einen wichtigen Ansprechpartner, gerade im ständig wachsenden Selbstmedikationsmarkt", so die Vorsitzende der Bundesverbandes. Die Pharmazeuten könnten jedoch nicht alle Aufklärungsarbeit leisten, sondern nur den Kontakt zur Gruppe herstellen. Sie sollten den Steigbügel bei der Neugründung einer Selbsthilfegruppe in ihrem Ort halten, diese aber nicht selbst leiten. Das widerspräche auch dem ursprünglichen Konzept, daß sich nur Betroffene engagieren.
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