Medizin |
17.05.1999 00:00 Uhr |
Medizin
KORONARE HERZKRANKHEITEN
Welchen Einfluß haben genetische Faktoren auf die Entstehung koronarer Herzkrankheiten? Diese Frage will die Ende April gestartete dreijährige Lipid-Analytic-Cologne-Studie (LIANCO) der Universität Köln beantworten.
Die Ursachen der Arteriosklerose sind nur teilweise bekannt. Als Risikofaktoren gelten Hypercholesterinämie, Rauchen und Hypertonie. Patienten mit diesen drei Faktoren haben eine zehnfach erhöhte Mortalitätsrate, berichtete Professor Dr. Wilhelm Krone, Köln. Auch Diabetiker werden als Hochrisikopatienten eingestuft. All diese Angaben haben allerdings rein statistischen Charakter. Individuelle Vorhersagen sind nicht immer zuverlässig.
Individuelles Risikoprofil
Kardiovaskuläre Komplikationen lassen sich durch Lipidsenker vermindern. Dies zeigen Interventionsstudien der letzten fünf Jahre. Angiographische Untersuchungen ergeben ferner, daß der Stenosegrad der Koronargefäße für die Infarktentstehung wenig bedeutsam ist. Wichtig sind nach Darstellung Krones instabile Plaques, die mit Entzündungen einhergehen. Unter Streßsituationen kann ein instabiler Plaque einreißen; dabei tritt der thrombogene Inhalt der Lipidkerne aus, die Thrombozytenaggregation wird initiiert, der Beginn eines Infarktes. Nach Einschätzung von Krone sind 60 bis 90 Prozent aller kardiovaskulären Komplikationen die Folge einer Plaque-Ruptur.
Eine Senkung des LDL-Spiegels im Plasma wirkt sich auf diesen Prozeß günstig aus. Allerdings gebe es keine einheitliche Empfehlung für die Höhe des Cholesterolspiegels. Eine Abschätzung muß seiner Ansicht nach das individuelle Risikoprofil berücksichtigen. Ein wichtiger Aspekt sei die genetische Disposition. Familienanamnesen erlaubten nur eine grobe Orientierung.
Pharmakogenetische Studien
Mit molekulargenetischen Mechanismen des Cholesterolstoffwechsels beschäftigt sich Professor Dr. Dirk Müller-Wieland, Köln. Er geht dabei von der Erkenntnis aus, daß Patienten unterschiedlich reagieren.
Seiner Meinung nach liegt ein Grund dafür in Cholesterol-regulierten-Transkriptionsfaktoren. Diese aktivieren die Genexpression von LDL-Rezeptoren in Abhängigkeit von der Cholesterolkonzentration im Plasma. Eine erhöhte LDL-Rezeptordichte erlaubt die vermehrte Aufnahme des Lipoproteins LDL, das als Cholesterol-Carrier dient. Je nach genetischer Veranlagung sind diese Prozeße verschieden stark ausgeprägt.
Müller-Wieland vermutet, daß die Cholesterol-regulierten-Transkriptionsfaktoren auch andere Stoffwechselprozeße beeinflussen. Als Beispiele nannte er den Triglyzeridstoffwechsel, die Insulinempfindlichkeit und die Adipozytenreifung. Dafür gebe es in der Literatur zahlreiche Hinweise.
Probanden aus Köln und Umgebung
Erste Erkenntnisse über die genetischen Abhängigkeiten sollen in der LIANCO-Studie auf breiter Basis untersucht werden. Die Wissenschaftler wollen 10000 Blutproben von Patienten mit Fettstoffwechselstörungen sammeln. Zur Teilnahme sind besonders niedergelassene Ärzte aus Köln und Umgebung aufgefordert. In der Kölner Universitätsklinik sollen die Proben auf ihren Lipidstatus untersucht werden. Darüber hinaus gilt besonderes Interesse der Leukozyten-DNA. Nach Aussage von Dr. Michael Faust, Köln, gibt es zahlreiche Gendefekte, die im Zusammenhang mit kardiovaskulären Erkrankungen stehen. Diese sollen Gegenstand der DNA-Studien sein. Weitere Hinweise erhofft sich die LIANCO-Gruppe aus den Ergebnissen des Human-Genom-Projekts (HUGO), das nach offiziellen Angaben im Jahre 2003 abgeschlossen sein wird.
Weitere Informationen über LIANCO finden Sie auf der Homepage: www.uni-koeln.de/med-fak/im2/lianco.
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