Imatinib, ein Tyrosinkinase-Inhibitor |
05.05.2003 00:00 Uhr |
Das neue Krebsmedikament Imatinib (Glivec®) steht seit November 2001 auch in Deutschland zur Verfügung. Zugelassen wurde es zunächst für die Behandlung der chronisch myeloischen Leukämie (CML). Im letzten Jahr wurde die Zulassung um die Anwendung bei gastrointestinalen Stromatumoren (GIST) erweitert. Die Wirksamkeit von Imatinib bei anderen Tumoren wird zurzeit in klinischen Studien untersucht.
Aufgrund des innovativen Wirkmechanismus und der positiven Ergebnisse, die in klinischen Studien gezeigt werden konnten, wurde Imatinib der PZ-Innovationspreis für das Jahr 2002 verliehen.
Drei Prozent aller Krebserkrankungen sind Leukämien. Die chronisch myeloische Leukämie tritt vor allem im Erwachsenenalter auf (medianes Alter: 45-55 Jahre). 15-20 Prozent aller Leukämien lassen sich in diese Kategorie einordnen und 1-2 Individuen von 100.000 Einwohnern sind jährlich davon betroffen (1). Auslöser für die Erkrankung kann ionisierende Strahlung sein, obwohl bei vielen Patienten kein derartiger Risikofaktor festgestellt wurde. Unklar ist die erhebliche klinische Heterogenität der Überlebensdauer bei den Patienten.
Chronisch myeloische Leukämie (CML) Die CML ist eine hämatologische Stammzellerkrankung, die durch eine starke Vermehrung bestimmter Leukozyten und der granulopoetischen Zellen im Knochenmark, Blut und anderen Organen sowie einer Splenomegalie (Vergrößerung der Milz) charakterisiert ist. Die Symptome sind meist unspezifisch, so dass die Erkrankung häufig bei Routineuntersuchungen entdeckt wird; 50 Prozent der Patienten sind bei Diagnosestellung noch völlig asymptomatisch. Ursache der vielfältigen und spät auftretenden Symptome ist die Vermehrung der Leukämiezellen und die damit einhergehende Verdrängung der normalen Blutbildung. In der chronischen Phase sind klinisch zunächst Völlegefühl im Oberbauchbereich, Ermüdungserscheinungen, Gewichtsverlust und Blutungen zu beachten. Bei weiterem Voranschreiten der Erkrankung können Knochen- und Eingeweideschmerzen infolge von Milzinfarkten auftreten.
Die CML verläuft in drei charakteristischen Phasen: In der ersten Phase (chronische Phase), die zwischen drei bis fünf Jahren andauert, expandiert die granulozytäre Zellpopulation, weist aber noch die Fähigkeit zur Differenzierung auf. Die meisten Fälle (85 Prozent) werden in der chronischen Phase diagnostiziert, und in diesem Zeitraum bestehen auch die besten Aussichten auf ein Therapieansprechen. Die chronische Phase geht über ein Zwischenstadium (beschleunigte oder akzelerierte Phase, Dauer drei bis neun Monate) in die Blastenphase/-krise über. Diese Phase ist durch eine massive Vermehrung der Leukozyten charakterisiert und der Patient verstirbt meist innerhalb von drei bis sechs Monaten.
Annähernd 95 Prozent der an CML erkrankten Patienten weisen eine charakteristische Abnormalität auf, die als Philadelphia-Chromosom bezeichnet wird. Diese Mutation wurde 1960 erstmals durch Nowell und Hungerford (2) beschrieben und – nach dem Entdeckungsort – unter dem Namen Philadelphia-Chromosom bekannt. Wie 1973 gezeigt wurde, handelt es sich dabei um eine Verkürzung des Chromosoms 22, die durch Austausch der Enden der Chromosomen 9 und 22 entsteht (so genannte reziproke Translokation). Durch Verbindung der beiden Genfragmente entsteht das anormale Hybridgen Bcr-Abl, das ein dauerhaft aktiviertes Fusionsprotein (Bcr-Abl-Protein) codiert. Das normale Abl-Protein ist eine Tyrosinkinase, die Funktionen in der Signaltransduktion übernimmt. Durch den zusätzlichen Bcl-Teil wird das Enzym so in seiner Funktion verändert, dass es nicht mehr reguliert werden kann, sondern ständig aktiv bleibt. Obwohl der genaue onkogene Mechanismus nicht geklärt ist, ließ sich sicher feststellen, dass diese erhöhte Tyrosinkinase-Aktivität zur Entstehung der chronischen Phase der CML führt.
Gastrointestinale Stromatumoren (GIST) sind selten auftretende maligne Sarkome im Magen-Darm-Trakt. Weltweit treten etwa 12.000 neue Erkrankungsfälle pro Jahr auf. Bei Patienten zwischen 30 und 60 Jahren ist die Inzidenz der GIST am höchsten. Charakteristisch für diese Tumorart ist eine Mutation der Rezeptor-Tyrosinkinase c-KIT (CD117) auf der Zelloberfläche, die sich durch Imatinib hemmen lässt.
Behandlungsoptionen bei CML Bei konventioneller Behandlung mit Interferon-a beträgt das mittlere Überleben der Patienten mit CML etwa fünf Jahre, wobei erhebliche Schwankungen abhängig von Verlaufsform und Ansprechen beobachtet werden. Die Unterschiede im Überleben reichen von weniger als einem Jahr bis zu 20 und mehr Jahren nach Diagnosestellung (8). Patienten versterben nach Progression im terminalen Blastenschub meist an Pleuraerguss, Lungenödem oder Nierenversagen.
Bisher galt bei Patienten in der chronischen Phase der CML, für die keine Knochenmarkstransplantation (KMT) in Betracht kommt, die Behandlung mit dem Zytokin Interferon-a (INF-a) als Standard. Bei Behandlung mit INF-a wurde ein hämatologisches bzw. zytogenetisches Ansprechen von insgesamt circa 80 beziehungsweise 40 Prozent beobachtet (9). Mit INF-a besteht die Möglichkeit, die Krankheitsprogression aufzuschieben, so dass sich eine mittlere Lebensverlängerung von ein bis zwei Jahren erreichen lässt. Die hämatologische Ansprechrate von 80 Prozent wird im Mittel innerhalb von sechs bis sieben Monaten erreicht. Nachteile der INF-a-Therapie sind die vergleichsweise hohe Toxizität und die subkutane Applikation. Durch Kombination von INF-a mit Cytarabin lässt sich die Ansprechrate steigern, wobei dies mit einer erhöhten Toxizität einhergeht.
Eine weitere Behandlungsoption ist Hydroxycarbamid (Litalir®), ein oral anwendbares Zytostatikum, mit dem sich das Blutbild in den meisten Fällen zunächst normalisieren lässt (hämatologische Ansprechrate circa 90 Prozent) und das ein günstigeres Nebenwirkungsprofil als INF-a aufweist. Nachteil ist jedoch, dass sich der Krankheitsverlauf durch den Wirkstoff nicht positiv beeinflussen lässt.
Die 5-Jahres-Überlebensraten unter Therapie mit INF-a waren in kontrollierten klinischen Studien mit 57 versus 42 Prozent auch deutlich höher als bei Therapie mit Hydroxycarbamid. Deshalb gilt Hydroxycarbamid, genau wie das Zytostatikum Busulfan (Myleran®), in der Behandlung der CML aufgrund der schlechteren Verträglichkeit und der weniger guten Ansprechraten als Mittel der zweiten Wahl.
Eine Transplantation von fremdem (allogenem) Knochenmark stellt bisher die einzige Möglichkeit dar, eine CML zu heilen. Wird eine Knochenmarkstransplantation (KMT) im ersten Jahr nach Diagnosestellung vorgenommen, besteht für die Patienten eine 5-Jahres-Überlebensrate von 40 bis 70 Prozent. Die Methode kommt aber nur für ca. 20 Prozent der Patienten in Frage. Dies ist zum einen auf die relativ geringe Spenderverfügbarkeit zurückzuführen und zum anderen auf die relativ hohe Morbidität und Mortalität, die mit dieser Behandlung verbunden ist. Eine KMT wird deshalb bei Patienten ab einem Alter von 55 bis 60 Jahren generell nicht mehr empfohlen (10).
Die Erkrankungssymptome der GIST sind unspezifisch und treten im Allgemeinen erst im fortgeschrittenen Stadium auf, so dass der Tumor meist spät diagnostiziert wird und deshalb häufig nicht mehr operabel ist oder bereits Metastasen aufgetreten sind. Die Patienten haben dann noch eine mediane Überlebensdauer von 53 Wochen (12). Diese Tumoren sind gegenüber Chemo- und Strahlentherapie weitgehend resistent. Aus diesen Gründen stellte eine Operation vor Einführung von Imatinib die einzige Behandlungsmöglichkeit dar, durch die sich eine wirksame Palliation (wenngleich meist keine Heilung) erreichen ließ.
Chemische Klassifikation
Bei Imatinib, 4-[(4-Methyl-1-piperazinyl)methyl]-N-[4-methyl-3-[[4-(3-pyridinyl)-2-pyrimidinyl]amino]-phenyl]benzamid (IUPAC), handelt es sich um ein 4-Aminophenylbenzamid mit der Summenformel C29H31N7O und einem relativen Molekulargewicht von 589,7.
Indikationen und Anwendung
Glivec® ist zur Behandlung von neu diagnostizierter Philadelphia-Chromosom (Bcr-Abl)-positiver-Ph+-CML zugelassen, für die eine Knochenmarktransplantation nicht in Erwägung gezogen wird. Glivec® ist auch zur Behandlung von Ph+-CML in der chronischen Phase nach Versagen einer Interferon-α-Therapie sowie in der akzelerierten Phase und in der Blastenkrise zugelassen (14). Die Erfahrungen mit der Anwendung von Imatinib bei Kindern mit CML ist bisher sehr begrenzt.
Weiterhin ist Imatinib zur Behandlung von Erwachsenen mit Kit-(CD 117)-positiver, nicht resezierbarer oder metastasierter, maligner GIST angezeigt.
Beurteilung des Therapieerfolgs bei CML Zur Beurteilung der Wirkung einer Behandlung wird die Verbreitung des Tumors im Vergleich zum Ausgangsstadium bei Diagnose beurteilt. Generell wird unterschieden zwischen:
Unterschieden werden je nach Ausmaß des Therapieerfolges:
Komplette Remission: Zustand nach Therapie, der eine Krankheitsdiagnose mit den üblichen Mitteln nicht mehr erlaubt
Partielle Remission: deutliche Verbesserung des Befundes, jedoch ohne vollständige Normalisierung
Bei CML wird zusätzlich differenziert, ob ein Therapieerfolg auf zellulärer Ebene oder sogar auf genetischer Ebene erreicht wurde:
Hämatologische Remission: Normalisierung des Blutbildes
Zytogenetische Remission: Rückgang der Ph+-Zellen im Knochenmark, wobei zwischen partiellem zytogenetischen Ansprechen (definiert als der Rückgang Ph+-Chromosomen auf weniger als 33 Prozent der Knochenmarkszellen in der Metaphase) und komplettem zytogenetischen Ansprechen (kein Nachweis Ph-positiver Zellen in der Metaphase möglich) unterschieden wird
Die Dosierung von Imatinib richtet sich nach der jeweiligen Indikation. Bei CML-Patienten werden abhängig vom Erkrankungsstadium 400 mg pro Tag in der chronischen Phase und 600 mg pro Tag in den späteren Phasen (akzelerierte Phase und Blastenkrise) empfohlen. Eine Dosiserhöhung auf 600 mg beziehungsweise 800 mg pro Tag (zweimal 400 mg) kann in Betracht gezogen werden, zum Beispiel wenn die Krankheit voranschreitet (Progression), kein zufriedenstellendes Ansprechen innerhalb von drei Monaten feststellbar ist oder die Wirksamkeit nach vorher erreichtem hämatologischem Ansprechen nachlässt. Voraussetzung ist allerdings, dass schwere Nebenwirkungen sowie nicht leukämiebedingte Neutropenie oder Thrombopenie nicht aufgetreten sind und die Patienten engmaschig überwacht werden, da durch die Dosiserhöhung das Risiko unerwünschter Arzneimittelwirkungen steigt.
Zur Behandlung von Patienten mit nicht resezierbaren oder metastasierten malignen GIST wird eine Dosierung von 400 mg Glivec® pro Tag empfohlen. Zur Dosiserhöhung auf 600 mg pro Tag bei Patienten mit voranschreitender Erkrankung liegen bisher erst begrenzte Daten vor.
In den klinischen Studien wurde die Behandlung mit Imatinib bis zum Auftreten einer Progression der Erkrankung (CML und GIST) fortgesetzt. Die Auswirkungen eines Behandlungsstopps nach Erreichen eines Ansprechens wurde bisher nicht untersucht.
Die jeweils verschriebene Dosis wird oral eingenommen. Um mögliche gastrointestinale Nebenwirkungen zu vermindern, sollten die Kapseln zum Essen mit viel Flüssigkeit eingenommen werden. Hierauf sollten die Patienten in der Apotheke explizit hingewiesen werden. Für Patienten (zum Beispiel Kinder), die nicht in der Lage sind, die Kapseln zu schlucken, kann der Kapselinhalt in einem Glas Mineralwasser ohne Kohlensäure oder Apfelsaft eingenommen werden. Frauen im gebärfähigen Alter, die die Kapseln öffnen, müssen angewiesen werden, mit dem Inhalt vorsichtig umzugehen, da Tierversuche eine Reproduktionstoxizität gezeigt haben und das potenzielle Risiko für den Feten unbekannt ist.
Schwere hämatologische und nicht hämatologische Nebenwirkungen machen eine Behandlungsunterbrechung, eine Dosisreduktion oder auch einen Therapieabbruch erforderlich. Eine generelle Dosisanpassung bei älteren Patienten ist nicht erforderlich (14).
Wirkungen und Wirkmechanismus
Im Gegensatz zu vielen anderen malignen Erkrankungen, wird die CML durch eine einzige genetische Veränderung ausgelöst, der Mutation zum Philadelphia-Chromosom. Dieser Ansatzpunkt scheint deshalb besonders geeignet, um die Erkrankung gezielt zu behandeln. Das von dem betreffenden Gen codierte Enzym (Abl-Protein) ist eine Tyrosinkinase. Diese Enzyme übertragen Phosphatgruppen aus intrazellulären Energiespeichern, meist Adenosintriphosphat (ATP), auf die Aminosäure Tyrosin in anderen Proteinen, wodurch dann im späteren Verlauf verschiedene Signaltransduktionswege gesteuert werden.
Im nicht transformierten Zustand steuert die Abl-Tyrosinkinase Wachstum und Differenzierung der Zellen. Findet die Mutation zum Philadelphia-Chromosom statt, entsteht das Bcr-Abl-Protein, ein Enzym mit erhöhter Tyrosinkinase-Aktivität im Vergleich zur Ausgangsform, die alleine durch Abl codiert wird. Folge davon ist eine erhöhte Zellteilung sowie eine Hemmung des programmierten Zelltodes (Apoptose). Zusätzlich ist die zelluläre Adhäsion reduziert, wodurch die Anlagerung an das Knochenmarksstroma verhindert wird, so dass keine Signale zur Reifungsinduktion empfangen werden können. Diese Veränderungen verhelfen den Leukämiezellen zu einem Überlebensvorteil.
Imatinib ist der erste Tyrosinkinase-Inhibitor, der eine Gruppe von Tyrosinkinasen spezifisch hemmt. Dabei wird Imatinib reversibel in die Bindungstasche für ATP eingelagert und hemmt so die Phosphorylierung diverser Substrate sowie die der Tyrosinkinase selbst (3).
Die unveränderte Abl-Tyrosinkinase wird zwar ebenfalls gehemmt, diese Wirkung scheint aber bei normalen Zellen aufgrund von Überlappungen verschiedener Signaltransduktionswegen keine Bedeutung zu haben (4). Neben der Abl- und Bcr-Abl-Tyrosinkinase werden noch weitere Tyrosinkinasen inhibiert, zum Beispiel das Enzym c-KIT sowie der PDGF-Rezeptor (Platelet Derived Growth Factor). C-KIT ist in GIST überexprimiert, worauf die gute Wirksamkeit von Imatinib bei dieser Tumorart zurückgeführt wird.
Die Inhibition des PDGF-Rezeptors und c-KIT hat nach bisherigen Untersuchungen ebenfalls keinen Einfluss auf normale Zellen. Weitere Studien zur Wirksamkeit von Imatinib bei anderen Tumorarten (23), die den PDGF-Rezeptor oder c-KIT exprimieren, werden zur Zeit durchgeführt (siehe Klinische Studien).
Resistenz
Ein Problem in der Anwendung von Imatinib sind primäre oder sekundäre hämatologische und zytogenetische Resistenzen. Eine hämatologische Resistenz wird mit einer Häufigkeit von 10, 18 beziehungsweise 48 Prozent in der chronischen Phase, der akzelerierten Phase beziehungsweise in der Blastenkrise der CML beobachtet (11). Ein vollständiges zytogenetisches Ansprechen wird bei CML-Patienten in der chronischen Phase innerhalb der ersten 9 Monate der Behandlung nur bei circa 50 Prozent festgestellt (11, 14). Die Ursache dafür, dass bei einem Teil der Patienten mit zytogenetischer Resistenz trotzdem ein hämatologisches Ansprechen erreicht werden kann, ist nicht geklärt.
Studien deuten darauf hin, dass das a1-saure Glykoprotein (AGP), an das Imatinib im Plasma unter anderem gebunden wird, mit der primären Imatinibresistenz in Verbindung gebracht werden kann (5, 6). Als Ursache für das Auftreten sekundärer Resistenzen werden Veränderungen in der Domäne der ABL-Kinase diskutiert, die – bei Erhalt der Kinaseaktivität – eine Konformationsänderung der ATP-Bindungsstelle und einen Bindungsverlust von Imatinib zur Folge haben (7).
Insgesamt wurden Resistenzen vor allem bei Patienten in fortgeschrittenen Stadien der CML beobachtet. In der ersten chronischen Phase scheinen Resistenzen dagegen seltener zu sein.
Unerwünschte Wirkungen
Die Mehrzahl der Patienten zeigen Nebenwirkungen unter der Therapie mit Imatinib, wobei diese aber überwiegend leicht oder moderat ausgeprägt sind (14, 15). Insgesamt brachen lediglich 1, 2 beziehungsweise 5 Prozent der Patienten mit CML in der chronischen Phase, der akzelerierten Phase beziehungsweise der Blastenkrise die Therapie aufgrund von unerwünschten Wirkungen ab (14). Bei der Behandlung von GIST wurde eine Abbruchrate von insgesamt 8 Prozent beobachtet (14). Dosisreduktionen oder Therapieabbrüche sind in etwa der Hälfte der Fälle auf schwere hämatologische Toxizitäten zurückzuführen, weitere Ursachen waren schwere Lebertoxizität (circa 2 Prozent), Ödeme (1 bis 5 Prozent) und schwere Formen von Hautrötungen sowie Übelkeit oder Erbrechen (11, 12, 14).
Übelkeit, Erbrechen, Muskelkrämpfe, Knochenschmerzen, Diarrhoe und Kopfschmerzen stellen häufig auftretende Nebenwirkungen einer Imatinibtherapie dar (13). Die Übelkeit ist vermutlich auf eine lokale Irritation des Gastrointestinaltraktes zurückzuführen und kann durch die gleichzeitige Einnahme von Nahrung vermindert werden. Falls dies nicht ausreicht, sollte die Dosis auf zwei Einnahmezeitpunkte verteilt werden oder die Übelkeit durch supportive Maßnahmen, zum Beispiel die Gabe von 5-HT3-Antagonisten (unter anderem Ondansetron, Zofran®) gelindert werden.
Bei 50 bis 75 Prozent der Patienten mit CML und GIST treten Flüssigkeitsretentionen auf, die in schwereren Fällen die Gabe von Diuretika und anderen Supportivmaßnahmen oder bei einigen Patienten auch eine Dosisreduktion erforderlich machen können. Bei 1 bis 5 Prozent der Patienten kommt es zu schweren Ödemen (zum Beispiel Lungenödem, Aszites, Pleura- oder Perikarderguss oder rasche Gewichtszunahme). Flüssigkeitsretentionen treten vermehrt bei höheren Dosierungen (600 mg/Tag) und höherem Lebensalter (> 65 Jahre) auf. Bei einem Patienten in der Blastenkrise kam es unter Imatinibtherapie in Folge eines Perikardergusses, Herz- und Nierenversagens zum Tod (14).
Weitere häufig beobachtete unerwünschte Wirkungen bei Patienten mit CML (nicht bei GIST-Patienten) waren Neutropenie und Thrombozytopenie, die insbesondere bei höheren Dosierungen (> 750 mg) und bei Patienten in der Blastenkrise oder der akzelerierten Phase auftreten (15, 16). Da für die Hämatopoese bei CML-Patienten überwiegend das Bcr-Abl-Gen verantwortlich ist, welches durch Imatinib inhibiert wird, ist die Myelosuppression als Nebenwirkung entsprechend zu erwarten und tritt folgerichtig auch insbesondere in der Blastenkrise und der akzelerierten Phase auf (bei Patienten in der chronischen Phase der CML dagegen nur in weniger als 1 bis 8 Prozent der Fälle (14)).
Hepatotoxizität mit Transaminasen- oder Bilirubinanstieg wurde bei etwa 5 Prozent der Patienten beobachtet. Dieser unerwünschten Arzneimittelwirkung konnte in den meisten Fällen erfolgreich mit einer Dosisreduktion begegnet werden. Bei einem Patienten, der zusätzlich regelmäßig Paracetamol einnahm, wurde nach elftägiger Therapie mit Imatinib ein tödliches Leberversagen beschrieben (14).
Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen
Glivec® darf nicht bei bekannter Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile angewandt werden. Bei Patienten mit Leber- und Nierenfunktionsstörungen wurden bisher keine klinischen Untersuchungen durchgeführt. Da Imatinib aber hauptsächlich über die Leber metabolisiert wird, ist bei Patienten mit Leberfunktionsstörungen eine erhöhte Exposition mit Imatinib zu erwarten, so dass die Substanz nur mit Vorsicht eingesetzt werden sollte. Eine Komedikation mit Paracetamol oder anderen potenziell hepatotoxischen Arzneistoffen sollte nach Möglichkeit vermieden werden (siehe auch "Unerwünschte Wirkungen").
Eine Abnahme der Clearance bei verminderter Nierenfunktion ist nicht zu erwarten, da Imatinib nur zu einem geringen Teil renal eliminiert wird.
Bei Patienten mit kardialen Erkrankungen, einem Alter von über 65 Jahren und bei Patienten, die höhere Dosierungen erhalten, sollte eine regelmäßige Gewichtskontrolle erfolgen, um gegebenenfalls auftretende Flüssigkeitsretentionen (zum Beispiel Pleuraerguss, Ödeme, Aszites) frühzeitig zu bemerken.
Für die Behandlung von Kindern liegen derzeit erst vereinzelte Angaben vor.
Während der Schwangerschaft sollte die Anwendung von Imatinib aufgrund einer möglichen Gefährdung des Kindes vermieden werden beziehungsweise nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen. Kontrollierte Studien bei Schwangeren liegen nicht vor; im Tierversuch hat sich Imatinib aber als teratogen erwiesen. Ein Kontrazeptionsschutz während der Behandlung ist deshalb angezeigt. Da Imatinib im Tierexperiment unverändert wie auch metabolisiert in deutlichem Umfang mit der Milch ausgeschieden wurde, dürfen Frauen unter der Therapie nicht stillen.
Wechselwirkungen
Imatinib wird hauptsächlich durch das Cytochrom P450 (CYP)-Isoenzym CYP3A4 metabolisiert. Inhibitoren dieses Isoenzyms (zum Beispiel Erythromycin, Ketoconazol oder Grapefruitsaft) können deshalb die Metabolisierung von Imatinib hemmen und somit zu einer Erhöhung der Plasmakonzentrationen und in der Folge zu höherer Toxizität führen. Am Beispiel von Ketoconazol wurde dies an gesunden Probanden gezeigt: Die Komedikation mit Ketoconazol führte zu einem signifikanten Anstieg der Plasmakonzentrationen beziehungsweise der AUC von Imatinib um jeweils 26 beziehungsweise 40 Prozent.
Umgekehrt können Enzyminduktoren des CYP3A4 (zum Beispiel Dexamethason, Phenytoin, Carbamazepin, Rifampizin, Phenobarbital oder Johanniskraut) die Metabolisierung von Imatinib erhöhen, was subtherapeutische Konzentrationen vom Imatinib zur Folge haben kann.
Imatinib selbst ist ein kompetitiver Inhibitor der Isoenzyme CYP3A4, 2D6 und 2C9. Deshalb können die Plasmakonzentrationen von Arzneistoffen, deren Metabolismus über diese Isoenzyme vermittelt wird, bei gleichzeitiger Behandlung mit Imatinib möglicherweise erhöht sein (14). So wurde zum Beispiel bei gleichzeitiger Gabe von Imatinib und Simvastatin eine 3fache Erhöhung der AUC von Simvastatin beobachtet. Als weiteres Beispiel lässt sich Warfarin anführen, das über CYP2C9 metabolisiert wird. Bei Patienten, die Warfarin und Imatinib gleichzeitig einnehmen, wurde sowohl eine Erhöhung wie auch eine Verminderung der Blutgerinnung beobachtet. Deshalb wird in diesen Fällen eine Umstellung der Patienten von Warfarin auf Heparin als sicherere Alternative empfohlen (11,14).
Arzneimittelprofil Imatinib ist der wirksame Bestandteil des Arzneimittels Glivec® 100 mg der Firma Novartis Pharma GmbH, Nürnberg. Eine Kapsel enthält 100 mg Imatinib als Mesilat.
Dem Kapselinhalt werden neben dem Wirkstoff die Hilfsstoffe mikrokristalline Cellulose, Crospovidon, Magnesiumstearat und hochdisperses Siliciumdioxid zugesetzt. Bestandteile der grau-orangen, undurchsichtigen Hartgelatinekapselhülle sind die Hilfsstoffe Gelatine, Eisen(III)-oxid, Eisenoxidhydrat und Titandioxid. Die Kapsel ist mit der Beschriftung „NVR SI“ gekennzeichnet, die aus Eisen(III)-oxid, Schellack und Phospholipiden aus Sojabohnen besteht (14).
Pharmakokinetik
Die Pharmakokinetik von Imatinib wurde bisher an über 500 Probanden und Patienten untersucht. Imatinib wird innerhalb von ein bis zwei Stunden fast vollständig resorbiert (mittlere absolute Bioverfügbarkeit circa 98 Prozent). Maximale Plasmakonzentrationen werden zwei bis vier Stunden nach der Gabe erreicht (14).
Nach einer Einmalgabe von 400 mg wurde eine maximale mittlere Plasmakonzentration von 2,3 µg/mL beziehungsweise 4,6 µmol/L bestimmt (15). Steady-state-Konzentrationen steigen bis auf das circa zwei- bis dreifache an (14, 15). Die Exposition (AUC) und die mittleren Plasmaspiegel stiegen dosisabhängig proportional an (untersuchter Dosisbereich: 25 bis 1000 mg) und die pharmakokinetischen Parameter blieben auch nach wiederholter Applikation unverändert. Im Plasma liegt Imatinib überwiegend an Proteine gebunden vor, insbesondere an Albumin und α1-saures Glykoprotein. Die Plasma-Eiweißbindung beträgt in vitro bei klinisch relevanten Konzentrationen circa 95 Prozent.
Nach oraler Gabe wird eine erhebliche interindividuelle Variabilität der Exposition beobachtet. Wechselwirkungen mit der Nahrung oder mit dem Alter der Patienten scheinen aber klinisch keine Relevanz zu haben (14,17). Der Einfluss eines vorhergehenden gastrointestinalen Eingriffs auf die Resorption wurde bisher nicht untersucht.
Imatinib wird vor allem durch das Isoenzym CYP3A4 metabolisiert. Hauptmetabolit ist das N-demethylierte Piperazinderivat, das in vitro eine dem unveränderten Imatinib vergleichbare Wirkung aufweist. Die Halbwertszeiten nach oraler Applikation wurde bei gesunden Probanden mit circa 18 h für Imatinib und mit 40 h für den N-Demethylmetaboliten bestimmt (14), so dass eine einmal tägliche Gabe ausreichend erscheint.
Etwa 80 Prozent der Substanz werden innerhalb der ersten sieben Tage nach Applikation ausgeschieden. Die Elimination des Wirkstoffs erfolgt zum überwiegenden Teil biliär in metabolisierter Form; etwa 10 Prozent werden renal ausgeschieden. Nur circa 25 Prozent des Imatinibs werden unverändert eliminiert (14). Bei Patienten mit GIST sollte deshalb beachtet werden, dass die häufig auftretenden Lebermetastasen eine Leberinsuffizienz und damit eine verminderte Metabolisierung zur Folge haben können.
Imatinib wird in Dosierungen von mindestens 400 mg pro Tag eingesetzt, da gezeigt wurde, dass erst ab Dosierungen von 300 mg Plasmakonzentrationen erreicht werden, die der wirksamen In vitro-Konzentration von Imatinib (1 µM) entsprechen. In vivo ließen sich ab einer Dosierung von 400 mg/Tag die Leukozytenspiegel bei CML-Patienten in den Normbereich senken (14).
Klinische Prüfung
Chronisch myeloische Leukämie
In die erste Studie 1998 zur Evaluation der Sicherheit und Wirksamkeit von Imatinib wurden 83 CML-Patienten in der chronischen Phase aufgenommen, die nicht auf eine Therapie mit Interferon-a angesprochen hatten oder diese nicht tolerierten (15). Die Ergebnisse waren beeindruckend: Von den 54 Patienten, die mit einer Dosis von täglich 300 mg oder mehr behandelt wurden, zeigten 53 (98 Prozent) Patienten innerhalb der ersten vier Wochen der Behandlung eine komplette hämatologische Remission. 29 dieser Patienten (54 Prozent) sprachen auch zytogenetisch auf die Therapie an, d. h. die Anzahl der Ph+-Zellen ging deutlich zurück. Bei sieben dieser Patienten wurde sogar eine vollständige zytogenetische Remission beobachtet.
In eine weitere Studie wurden 532 Patienten in der späten chronischen Phase (später als 12 Monate nach initialer Diagnosestellung) einer CML mit Resistenz oder Unverträglichkeit gegen Interferon-a einbezogen (18). Diese erhielten eine Behandlung mit täglich 400 mg Imatinib. Von den 454 Patienten mit bestätigter Diagnose zeigten 60 Prozent ein zytogenetisches und 95 Prozent ein hämatologisches Ansprechen. Innerhalb des Beobachtungszeitraums von 18 Monaten wurde bei 11 Prozent der Patienten eine Progression festgestellt. Nur 2 Prozent der behandelten Patienten mussten die Therapie aufgrund von unerwünschten Arzneimittelwirkungen abbrechen.
Talpaz (19) untersuchte die Wirksamkeit von Imatinib an einem Kollektiv von 235 Patienten in der akzelerierten Phase einer CML. Die Behandlung erfolgte mit 400 oder 600 mg Imatinib täglich. Imatinib induzierte bei 82 Prozent der Patienten eine hämatologische Remission. Eine komplette hämatologische Remission wurde bei 34 Prozent der Patienten festgestellt. In 24 Prozent der Fälle wurde ein zytogenetisches Ansprechen erreicht. Bei höherer Dosierung wurde ein besserer Effekt erreicht (zum Beispiel bezüglich Ansprechrate und -dauer), der nicht mit einer höheren Toxizität einherging.
Bei einer Studie mit 260 Patienten in der myeloischen Blastenkrise, die mit täglich 400 oder 600 mg Imatinib behandelt wurden, lagen die Raten für das gesamte beziehungsweise das komplette hämatologische Ansprechen bei jeweils 52 beziehungsweise 8 Prozent (20). Bei 16 Prozent der Patienten wurde ein zytogenetisches Ansprechen festgestellt. Die Therapie musste bei 5 Prozent der Patienten aufgrund von Nebenwirkungen abgebrochen werden. Insgesamt zeigte Imatinib damit eine gute Effektivität und Sicherheit bei Anwendung in der Blastenkrise.
Kürzlich wurden die Ergebnisse der IRIS-Studie (21) veröffentlicht, in die 1106 Patienten mit neu diagnostizierter CML eingeschlossen wurden. In dieser offenen, randomisierten Phase III-Studie wurden Wirksamkeit und Verträglichkeit von Imatinib mit einer Kombination von IFN-a und Cytarabin verglichen. Imatinib führte dabei nach einem Beobachtungszeitraum von mittlerweile 18 Monaten zu einem signifikant besseren hämatologischen (95 versus 56 Prozent) und zytogenetischen Ansprechen (komplettes und partielles Ansprechen insgesamt 85 versus 22 Prozent). Außerdem wurde in der Imatinib-Gruppe im Vergleich zur Kombinationstherapie eine insgesamt bessere Verträglichkeit sowie ein verlängertes progressionsfreies Überleben beobachtet. Bezüglich des Gesamtüberlebens dagegen zeigten sich keine Unterschiede zwischen den Behandlungsarmen (97 beziehungsweise 95 Prozent für Imatinib beziehungsweise die Kombinationstherapie). Kritisch anzumerken ist, dass in dieser Studie ein hoher Prozentsatz der Patienten die Behandlung abbrachen oder in die andere Therapiegruppe wechselten (79 Patienten in der Imatinib- und 493 (!) Patienten in der IFN-a-/Cytarabin-Gruppe). Dies wurde im wesentlichen auf die schlechte Verträglichkeit der Kombinationstherapie und die Rücknahme von Einverständniserklärungen zurückgeführt, nachdem Imatinib im Mai 2001 in den USA für die Behandlung der CML zugelassen wurde.
Die bisher vorliegenden Ergebnisse aus verschiedenen Studien an Patienten mit CML in der chronischen und fortgeschrittenen Phase bestätigen die Wirksamkeit und Sicherheit von Imatinib. Insgesamt zeigten mehr als 90 Prozent der CML-Patienten in der chronischen Phase ein komplettes hämatologisches Ansprechen. Ein zytogenetisches Ansprechen wurde bei Patienten in der chronischen Phase mit Imatinib erheblich häufiger als unter Therapie mit Interferon-a beobachtet. Bei Patienten mit fortgeschrittener CML oder in der Blastenkrise war ein hämatologisches und zytogenetisches Ansprechen zwar insgesamt weniger häufig, aber auch hier waren die Ergebnisse deutlich besser als mit konventioneller Therapie.
GIST
Obwohl die bisherigen Studien noch einige Fragen zur Behandlung der GIST mit Imatinib offen lassen, zum Beispiel die optimale Dosierung und Therapiedauer, konnte bei dieser Tumorentität eine gute Wirksamkeit bei vertretbarer Toxizität gezeigt werden. Somit steht für die Behandlung von malignen GIST erstmals eine effektive systemische Therapie zur Verfügung.
In die Studie von Oosterom et al. (12, 22 ) zur Bestimmung der dosislimitierenden Toxizität wurden 40 Patienten mit fortgeschrittenen Weichteilsarkomen (36 Patienten davon mit GIST) mit Imatinib in Dosierungen von jeweils 400 mg pro Tag, zweimal täglich 300, 400 oder 500 mg behandelt. Dosislimitierende Toxizitäten waren Übelkeit, Erbrechen, Ödeme und Hautrötungen, die insbesondere bei höheren Dosierungen auftraten. Die maximal tolerable Dosis lag bei zweimal täglich 400 mg. Bei 35 der Patienten zeigte Imatinib Wirksamkeit: Ein partielles Ansprechen wurde bei 19 (54 Prozent) und ein unveränderter Zustand wurde bei 13 Patienten (37 Prozent) festgestellt. Die Patienten, die auf die Therapie ansprachen, wurden über einen Zeitraum von jeweils mindestens zehn Monaten beobachtet.
Die Wirksamkeit von Imatinib wurde weiterhin in einer multizentrischen Studie untersucht. Die 147 Patienten wurden mit entweder 400 oder 600 mg Imatinib täglich behandelt. Insgesamt wurde bei 79 Patienten (54 Prozent) ein partielles Ansprechen beobachtet, und bei 41 Patienten (28 Prozent) wurde eine Stabilisierung der Erkrankung erreicht. Bei sieben Patienten ließ sich der Therapieerfolg aus technischen Gründen nicht auswerten. Die Therapie wurde in beiden Dosisstärken gut vertragen. Die Ansprechraten unterschieden sich nicht zwischen beiden Patientengruppen.
Andere solide Tumoren
Es gibt eine Reihe weiterer Tumoren, die aufgrund einer veränderten Tyrosinkinase potenziell für eine Therapie mit Imatinib geeignet scheinen (23). Sinnvoll ist eine Therapie aber nur dann, wenn die veränderte Tyrosinkinase auch ursächlich mit der Pathogenese der Erkrankung in Zusammenhang steht. Die klinische Wirksamkeit von Imatinib wird zurzeit bei verschiedenen Tumorentitäten untersucht, unter anderem bei kleinzelligem Bronchialkarzinom, Neuroblastom, Hodentumoren, Melanom, Mamma- und Ovarialkarzinom, bei denen eine Überexpression von c-KIT beobachtet wird.
Wertende Zusammenfassung
Als erster zugelassener Tyrosinkinasehemmer stellt Imatinib einen Wirkstoff mit einem grundsätzlich neuen Wirkprinzip dar. In Deutschland ist die Substanz für die Behandlung von CML sowie malignen gastrointestinalen Stromatumoren. Durch die Behandlung mit Imatinib lassen sich bei CML-Patienten kurzfristig gute hämatologische und zytogenetische Ansprechraten erreichen. Ebenso wurden bei GIST-Patienten positive Ansprechraten beobachtet.
Im Vergleich zu INF-a hat Imatinib erhebliche Vorteile: Es kann oral verabreicht werden, während INF-a injiziert werden muss; hämatologisches Ansprechen tritt schneller und vermutlich häufiger ein; das zytogenetische Ansprechen ist deutlich höher als mit INF-a, und die unerwünschten Arzneimittelwirkungen sind geringer. Allerdings konnten die bisher behandelten Patienten nur über einen relativ kurzen Zeitraum nachbeobachtet werden, so dass es noch keine Erkenntnisse über mögliche Langzeiteffekte sowie die Ansprechdauer gibt und nach wie vor nicht klar ist, ob mit Imatinib tatsächlich eine Lebensverlängerung oder sogar eine Heilung erreicht werden kann.
Was für eine Empfehlung sollte man heute einem Patienten mit CML geben? Für einen relativ jungen Patienten steht die Heilung als Ziel im Vordergrund und deshalb sollte nach wie vor eine Knochenmarkstransplantation in Betracht gezogen werden bis klar ist, ob mit Imatinib (eventuell in Kombination mit anderen Wirkstoffen) bei einem großen Teil Patienten eine Heilung erreichbar ist oder ob zumindest ein Überlebensvorteil gegenüber der Behandlung mit INF-a besteht. Wenn eine Heilung nicht im Vordergrund stehen kann (besonders dann, wenn das Mortalitätsrisiko einer Transplantation 15-20 Prozent übersteigt), scheint eine initiale Behandlung mit Imatinib sinnvoll. Zur Zeit kann Transplantationskandidaten aber noch nicht empfohlen werden, diese Behandlung aufgrund der bisherigen Ergebnisse zur verschieben oder durch eine Behandlung mit Imatinib zu ersetzen (8).
Die bisher vorliegenden klinischen Ergebnisse zeigen, dass mit Imatinib eine bedeutende Verbesserung in der Behandlung der CML und der GIST erreicht wurde. Trotz der Wirksamkeit und der guten Verträglichkeit bleibt abzuwarten, ob Imatinib (eventuell in Kombination mit anderen Wirkstoffen) zu einem neuen Standard wird. Um die endgültige Position von Imatinib zu bestimmen, sind noch weitere Studien erforderlich.
Literatur
© 2003 GOVI-Verlag
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