Zur Frage der Bioäquivalenz wirkstoffidentischer Externa |
12.04.1999 00:00 Uhr |
IN-VITRO-TESTMODELLE
Die Bioverfügbarkeit ist in den letzten Jahren zu einem der wichtigsten Qualitätskriterien eines Arzneimittels geworden. Bei der Substitution wirkstoffgleicher Präparate muß zudem die Bioäquivalenz belegt sein. Bei Dermatika ist eine vergleichbare Invasion des Arzneistoffs in die Haut Voraussetzung für eine äquivalente Wirkung. Dieser Nachweis muß bisher durch kosten- und zeitintensive klinische Studien erbracht werden, die bei der Zulassung von Generika unter ethischen, aber auch ökonomischen Gesichtspunkten kritisch betrachtet werden müssen. Daher sucht man nach alternativen In-vitro-Methoden.
Für die Zulassung eines Arzneimittels müssen die pharmazeutische Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit nachgewiesen sein. Eine ausreichende Wirksamkeit ist dann möglich, wenn der Arzneistoff nach der Applikation mit der für die Therapie erforderlichen Menge und Geschwindigkeit aus der Arzneiform freigesetzt wird und an den Wirkort gelangt. Bei wirkstoffgleichen Präparaten wird dies bei der bezugnehmenden Zulassung durch die Überprüfung der ausreichenden Bioverfügbarkeit oder Bioäquivalenz mit einem Referenzpräparat belegt.
Bei systemisch wirksamen Arzneimitteln ist die Bestimmung der Bioverfügbarkeit über die Messung der Plasmakonzentrationen in Zeitabhängigkeit allgemein anerkannt. Aus den Konzentrations-Zeit-Kurven werden Ausmaß und Geschwindigkeit der Bioverfügbarkeit als indirekte Zielgrößen bestimmt. Durch Vergleich der Arzneistoffmengen (AUC) sowie der Geschwindigkeit und der Spitzenspiegel des Arzneistoffs im Plasma (Cmax, tmax) wird die Bioäquivalenz beurteilt.
Dieses Vorgehen ist jedoch auf Arzneimittel, die nicht über eine systemische Verfügbarkeit wirken sollen, nicht übertragbar. Nach der dermalen Applikation soll der Arzneistoff mit Ausnahme der Therapeutischen Systeme entweder auf der Hautoberfläche verbleiben (epiderme Zubereitungen), zum Beispiel bei Desinfektionsmitteln, Licht- und Hautschutzpräparaten, Repellentien oder Bestandteilen dekorativer Kosmetik, oder in die Haut oder tiefergelegene Gewebe eindringen. Zu diesen endodermen und diadermen Zubereitungen zählen Antihistaminika, Antimykotika, Antiphlogistika, Antirheumatika, Lokalanaesthetika, Spasmolytika und Glucocorticoide. Obwohl bei lokal wirksamen Arzneimitteln eine Aufnahme in die systemische Zirkulation weitgehend ausgeschlossen werden soll, können Plasmakonzentrationsbestimmungen, zum Beispiel von Glucocorticoiden, notwendig sein. Sie erfassen das Risiko einer unbeabsichtigten Resorption über die Haut.
Auch bei dermal applizierten, lokal wirkenden Arzneimitteln tritt die Frage nach der Bioäquivalenz bei der Substitution von Innovatorpräparaten auf. So wurden 1997 bei 68,8 Prozent der Verordnungen von generikafähigen Wirkstoffen auch Zweitanmelderpräparate verschrieben. Bezogen auf den Gesamtmarkt haben die Generika ihren Anteil an den Verordnungen seit 1981 von 10,3 Prozent auf 40,3 Prozent gesteigert (1). Dabei haben Glucocorticoide einen Anteil von 33 Prozent an allen Dermatika-Verordnungen. Allerdings hat die Diskussion, wie die Bioverfügbarkeit und Bioäquivalenz lokal wirksamer Arzneimittel ermittelt werden soll, erst begonnen (2). Von allgemein anerkannten Regeln zur Bestimmung der Bioverfügbarkeit ist man noch weit entfernt.
Klinische Studien sind aufwendig
Die Bioäquivalenz von Dermatika wird im Rahmen der Zulassung anhand der Richtlinien des Ausschusses für Arzneispezialitäten, CPMP, beurteilt (Note for guidance on the clinical requirements for locally applied, locally acting products containing known constituents) (3).
Bioverfügbarkeit oder Bioäquivalenz von Dermatika müssen mit Hilfe klinischer Studien oder Messungen pharmakodynamischer Parameter untersucht werden, da die Möglichkeiten der Wirkungsbeeinflussung besonders vielfältig sind, insbesondere durch die Wechselwirkung zwischen Haut und Salbengrundlage. So besitzen die Hilfsstoffe eine wesentlich größere Bedeutung als bei festen Arzneiformen, da sie nicht nur die Freisetzung aus dem Vehikel beeinflussen, sondern auch die Penetration des Arzneistoffes in die Haut und die lokale Verträglichkeit.
Klinische Studien zum Nachweis der Bioäquivalenz lokal wirksamer Arzneiformen sind sehr zeitaufwendig und kostenintensiv, da aufgrund der erheblichen interindividuellen Unterschiede und der geringen Empfindlichkeit der pharmakologischen Testverfahren eine große Anzahl von Patienten erforderlich ist. Zur Prüfung eines Antiakne-Mittels mit einem Vitamin-A-Säure-Derivat ist eine Studie mit 275 bis 500 Patienten erforderlich, für ein Antimykotikum 275 bis 300 Patienten (4). Trotzdem werden klinische Studien in den Empfehlungen der CPMP als Goldstandard zur Prüfung von Dermatika angesehen.
Aus ethischen Gründen ist es fragwürdig, ob Veränderungen in der Zusammensetzung unbedingt aufwendige klinische Studien erfordern. Zusätzlich widerstrebt dies der Forderung, klinische Untersuchungen zur Wirksamkeit für die Zulassung von Generika nicht zu wiederholen. Deshalb werden große Anstrengungen unternommen, alternative Methoden der Bioäquivalenzprüfung zu etablieren.
Bestimmung pharmakodynamischer Parameter
Der Vasokonstriktionstest ist eine etablierte Methode zur Ermittlung der topischen Aktivität von Glucocorticoiden. Der bereits vor über dreißig Jahren von McKenzie und Stoughton entwickelte Test beruht auf der Abnahme der Hautfarbe (Hautabblassung, skin blanching) nach topischer Applikation von Corticosteroiden (5, 6). Der Mechanismus ist noch nicht vollständig geklärt. Vermutlich verursacht eine lokale Vasokonstriktion und die verminderte Durchblutung der betreffenden Hautregion die Hautabblassung (7).
Im Test werden definierte Mengen der zu prüfenden Substanzen auf die Haut aufgetragen und dort für einige Stunden belassen. Nach Entfernung der Zubereitung wird die Abblassung der Haut beobachtet. Das Ausmaß dieser Reaktion ist bei einheitlichen Testbedingungen annähernd proportional zur Wirkstärke der Zubereitung. Eine Korrelation zwischen der Vasokonstriktion und der Glucocorticoid-Konzentration im Stratum corneum konnte mehrfach nachgewiesen werden (8). Bei der Auswertung muß man berücksichtigen, daß die Vasokonstriktion nur einen Teilaspekt der Wirkung lokal applizierter Glucocorticoide darstellt. Wie viele andere pharmakologische Effekte ist sie ein Surrogat-Parameter für den angestrebten Effekt.
Tests an Entzündungsmodellen haben belegt, daß die Ergebnisse dieser der klinischen Situation mehr angepaßten Versuche mit denen des Vasokonstriktionstests nicht immer korrelieren (9). Ferner stimmen die Ergebnisse des Vasokonstriktionstests nicht immer mit denen von klinischen Studien überein; bei Psoriasis-Patienten fand man jedoch eine gute Übereinstimmung (10).
Die visuelle Beurteilung des Grades der Abblassung wird häufig kritisiert (11). Mit Hilfe apparativer Methoden wie Reflexionsphotometrie, Messung von Infrarotabstrahlung oder Wärmeleitfähigkeit, Lichtplethysmographie oder Laser-Doppler-Geschwindigkeitsmessung versucht man, den pharmakologischen Effekt objektiver zu bestimmen (12). In einer Richtlinie zur Prüfung der Bioverfügbarkeit von dermal applizierten Corticosteroiden schreibt die FDA den Einsatz eines Farbmeßgerätes vor (Beispiel: Chroma-Meter CR-300, Firma Minolta) (13). Dies kann die Präzision der Ergebnisse des Vasokonstriktionstests erheblich verbessern (14). Eine vergleichende Untersuchung zeigte jedoch, daß bei der visuellen Beurteilung die erwartete Rangordnung der Flächen unter der Score-Zeit-Kurve (AUBC, Area under the Blanching Curve) in Abhängigkeit von der Behandlungszeit erhalten wurde, mit dem Chromameter jedoch nicht (15). Vermutet wird eine nicht ausreichende Empfindlichkeit bei zu kurzer Einwirkzeit des Corticoid-Präparates auf der Haut.
Neben der interindividuellen Variabilität der Versuchspersonen hängt das Ausmaß der Hautablassung von weiteren Faktoren ab, wie Umgebungstemperatur oder relative Luftfeuchtigkeit. Zuverlässige Angaben über die Vergleichbarkeit von zwei Präparaten erhält man nur bei parallelen Untersuchungen am gleichen Probandenkollektiv. Dennoch stellt der Skin-blanching-Test einen zuverlässigen Indikator für die klinische Effizienz des Präparates dar. Daher wird er zur Untersuchung der topischen Wirksamkeit neu synthetisierter Glucocorticoide und des Einflusses von Vehikeln und Penetrationserhöhern (Enhancer) eingesetzt (16, 17). Weiterhin ist er zur Prüfung der Bioäquivalenz von generischen Glucocorticoid-Präparaten anerkannt. Bei der Auswertung muß berücksichtigt werden, daß die absolute Arzneistoffmenge, die am Wirkort für eine optimale Wirksamkeit erforderlich ist, häufig nicht bekannt ist. So ist es möglich, daß sich zwei Formulierungen deutlich in Geschwindigkeit und Ausmaß, mit dem der Wirkstoff an die Haut abgegeben wird, und damit in den Blanching-response-Zeitprofilen unterscheiden, aber dennoch in beiden Fällen der maximal erreichbare therapeutische Effekt beobachtet wird.
Beispiele für den Vasokonstriktionstest
Die Hautabblassung sollte von unabhängigen Beobachtern zu unterschiedlichen Zeiten nach Applikation der Zubereitung beurteilt und einem der Skalenwerte (Score) in einer festgelegten Ordinalskala zugeordnet werden. Das Ausmaß wird in Prozent der maximal erreichbaren Punktwerte (TPS, total possible scores) angegeben. Die Fläche unter der Score-Zeit-Kurve (AUBC) stellt das Ausmaß der Hautabblassung dar. Zusätzlich kann wie bei einer Plasmakonzentrations-Zeit-Kurve die maximale Abblassung und deren Zeitpunkt abgelesen werden.
Bei dem Vasokonstriktionstest wurden zwei in den USA handelsübliche Präparate mit dem Arzneistoff Betamethason-17-valerat (0,12 Prozent) an 18 Probanden geprüft (7, 18). Die Präparate wurden für sechs Stunden an verschiedenen Stellen des Unterarms belassen. Die Hautabblassung wurde von drei unabhängigen Beobachtern nach 7, 8, 9, 10, 12, 14, 16, 18, 28 und 32 Stunden mit einer Score-Skala mit einer Einteilung von 0 bis 4 Punkten bewertet. Es ergab sich ein Unterschied zwischen den Präparaten, die den gleichen Wirkstoff in gleicher Dosierung enthalten. Wiederholungen zeigten, daß der Test auch bei visueller Beurteilung zu reproduzierbaren Ergebnissen führt.
Bei den Salben mit dem Arzneistoff Triamcinolonacetonid zeigt das Innovatorprodukt AristocortÒ A Salbe (0,1 Prozent) eine signifikant bessere Wirkung als die Generika (P < 0,001). Auch bei den Cremes ist das Originalpräparat überlegen (P < 0,05). Das Präparat B ist deutlich weniger wirksam als die anderen Generika (P < 0,05).
Bioäquivalenzuntersuchungen mit dem Arzneistoff Betamethasondipropionat ergaben deutliche Wirkunterschiede (30 Prozent) zwischen der Creme-Zubereitung des Innovatorpräparates und des Generikums; zusätzlich führt das Generikum vermehrt zu Hautreizungen. Bei den Salben ist ein solcher Unterschied nicht festzustellen. Diese Untersuchungen zeigen, daß bei den Cremes das Innovatorprodukt nicht durch ein Generikum ersetzt werden darf (20).
Eine Bioinäquivalenz kann sowohl in der Salbengrundlage als auch in den Eigenschaften des Wirkstoffs wie Löslichkeit, Teilchengröße und Stabilität begründet sein. So sind Stabilität und vasokonstriktorische Wirkung von Betamethason-17-valerat in einem mit einer Salbengrundlage verdünnten Handelspräparat untersucht worden (21). Innerhalb von sechs Stunden wurden mehr als 60 Prozent des Wirkstoffs abgebaut, nach einer Woche war er in keiner der verdünnten Salben mehr nachweisbar. Betamethason-17-valerat wird in Betamethason-21-valerat umgewandelt, das nur 1/15 der vasokonstriktorischen Wirkung besitzt. Der Abbau erfolgt bis zum entsprechenden Alkohol, der nur 1/450 der Wirkung der unverdünnten Salbe zeigt.
Die Bioverfügbarkeit topisch applizierter nichtsteroidaler Antiphlogistika kann ebenfalls durch pharmakodynamische Parameter bestimmt werden. Hierbei wird mit Methylnicotinat eine lokale Entzündung (Hautrötung) provoziert. Unmittelbar danach wird die Zubereitung, zum Beispiel mit Nifluminsäure, appliziert, die zu einer Vasokonstriktion führt. Die verminderte Durchblutung des behandelten Hautareals kann mit der Laser-Doppler-Anemometrie gemessen werden, einem berührungslosen optischen Meßverfahren zur Bestimmung der Strömungsgeschwindigkeit in Gefäßen (22).
Dermatopharmakokinetische Parameter
Pharmakokinetische Parameter gewinnen bei der Beurteilung der Bioäquivalenz zunehmend an Bedeutung. Hierfür wurde der Begriff "Dermatopharmakokinetik" geprägt. Dabei wird die Kinetik der Arzneistoffaufnahme (Uptake) in und des Abtransports (Elimination) aus dem Stratum corneum gemessen (23, 24). Die zu vergleichenden Formulierungen werden am selben Probanden für dieselbe Zeit und nach einem festgelegten Auftragschema appliziert, um interindividuelle Unterschiede auszuschließen. Die Aufnahme in das Stratum corneum wird bestimmt, indem dieses zu verschiedenen Zeitpunkten mittels einer Klebebandabrißtechnik (Tesafilm-Abriß, Tape Stripping) abgetragen wird. Nach Beendigung der Uptake-Phase wird die überschüssige Arzneistoffmenge entfernt und in gleicher Weise die Elimination aus dem Stratum corneum bestimmt.
Zwei Arzneizubereitungen sind bioäquivalent, wenn ihre Uptake- und Eliminationskurven innerhalb bestimmter Toleranzgrenzen identisch sind. Diese Methode ist besonders bei Präparaten sinnvoll, bei denen das Stratum corneum der Wirkort ist, wie bei Antimykotika. Auch diese Methode kann nur dann alternativ zur Bestimmung der Bioäquivalenz eingesetzt werden, wenn sie mit der Pharmakodynamik korreliert. So konnte nachgewiesen werden, daß die unterschiedliche Aufnahme von Ketoconazol und Miconazol in das Stratum corneum auch mit einer unterschiedlichen Wirksamkeit gegenüber Candida albicans verbunden ist (25). Mit steigender Betamethasonkonzentration im Stratum corneum nimmt die Abblassung der Haut linear zu (26)
Hautproben können auch durch Abkratzen (scraping) der Hornhaut mit einer Kürette oder durch Biopsie gewonnen werden. Mit der Biopsie werden Hautstücke (Durchmesser etwa 2 mm) mit der gesamten Hautdicke erhalten. Damit kann die Verteilung des Arzneistoffs im Stratum corneum, aber auch in tieferen Hautabschnitten wie Epidermis und Dermis untersucht werden. Jedoch erhält man nur eine geringe Anzahl an Proben, und zusätzlich ist eine Anästhesie erforderlich, die die Verteilung des Arzneistoffs beeinflussen kann.
Nach topischer Applikation von Antirheumatika und Antiphlogistika kann man die Arzneistoffkonzentration am Wirkort, in der Synovialflüssigkeit oder dem Synovialgewebe, bestimmen (27).
Nach vorläufigen Ergebnissen sind dermatopharmakokinetische Studien geeignet, die dermale Resorption und Elimination von Arzneistoffen zu untersuchen. Obwohl die Arzneistoffkonzentration in der Haut häufig mit der Wirkung an der Haut korreliert, sind weitere Studien erforderlich. Dermatopharmakokinetische Untersuchungen zum Nachweis der Bioäquivalenz werden von den Zulassungsbehörden noch nicht akzeptiert.
Penetration und Permeation in vitro
Bei diesen Methoden wird die Freisetzung aus dem Dermatikum und die anschließende Penetration oder Permeation geprüft (28). Als Membranen, die vom Arzneistoff zu überwinden sind, können unterschiedliche Materialien eingesetzt werden.
In-vitro-Untersuchungen mit Humanhaut können zur Beurteilung der Penetrationseigenschaften des Arzneistoffs sehr informativ sein, beinhalten jedoch eine Reihe von Nachteilen: hohe Variabilität bedingt durch unterschiedliche Herkunft, Lagerungsbedingungen und Präpariermethoden der Haut; zusätzlich fehlen Vorgänge in der Haut wie Metabolismus und Blutfluß, die die Penetration und Elimination beeinflussen können. Synthetische Membranen sind in Zusammensetzung und Eigenschaften definiert und ermöglichen eine Überprüfung der pharmazeutischen Qualität (Chargenkonformität) (29). Weiterhin sind diese Menbranen zur Untersuchung des Einflußes unterschiedlicher Hilfsstoffe, zur Entwicklung einer optimalen Formulierung und zum Vergleich von Zubereitungen geeignet.
Für die Freisetzung in vivo besitzen die Versuche mit künstlichen Membranen jedoch nur eine geringe Aussagekraft. So stellt in vivo das Stratum corneum die diffusionskontrollierende Membran dar. Ebenfalls unberücksichtigt bleiben mögliche Veränderungen der Permeation der Haut durch die Vehikel, zum Beispiel Hydratation der Haut durch Okklusionseffekt oder Erhöhung der Penetration durch Penetrationsförderer. Diese Einflüsse können in In-vitro-Modellen mit exzidierter Humanhaut untersucht werden.
In vitro wird zwischen Penetrations- und Permeationsuntersuchungen unterschieden. In Penetrationsmodellen wird die Arzneistoffkonzentration in den einzelnen Hautschichten bestimmt. Neben Aussagen zur Verteilung in den Hautschichten erfährt man, ob es in der Haut Areale gibt, in denen sich der Arzneistoff vermehrt anreichert (Depotbildung). Das Abtragen der Hornschicht erfolgt mit der Tape-stripping-Technik; aus der verbleibenden Resthaut werden Schnitte mit einem Gefriermikrotom angefertigt. Anschließend wird der Arzneistoff aus den Hautschichten extrahiert. Die Konzentrationen sind häufig relativ gering, so daß radioaktiv markierte Arzneistoffe eingesetzt werden oder ein sehr empfindliches analytisches Verfahren nötig ist.
Bei den Permeationsmodellen wird untersucht, in welchem Ausmaß und mit welcher Geschwindigkeit der Arzneistoff durch eine künstliche Membran oder durch Haut in ein Akzeptormedium diffundiert. Diese Untersuchungen werden insbesondere bei Arzneistoffen eingesetzt, die resorbiert werden sollen. Über die Diffusionsgeschwindigkeit und die diffundierten Mengen können auch unerwünschte Wirkungen von transdermalen therapeutischen Systemen abgeschätzt werden. Ein häufig eingesetztes und etabliertes Modell ist die Franz-Zelle (30). Sie besteht aus zwei Kammern (Zweikammersystem), die durch eine künstliche oder natürliche Membran voneinander getrennt sind. Das zu prüfende Produkt wird auf einer Seite der Membran aufgetragen, auf der anderen Seite befindet sich das Akzeptormedium. Die Freisetzung und Migration durch die Membran wird durch die analytische Bestimmung des Arzneistoffs in der Akzeptorphase erfaßt.
Grundlage der Interpretation muß eine akzeptable In-vivo/In-vitro-Korrelation sein. Die Validität des In-vitro-Verfahrens als Surrogat-Parameter für das In-vivo-Verhalten muß in gesunden Probanden belegt sein, wobei der Nachweis der Bioäquivalenz an gesunden Probanden einen Surrogat-Parameter für die Bioäquivalenz an Patienten darstellt. Insbesondere bei topischen Präparaten fehlt bis heute der Beleg einer validen In-vitro-/In-vivo-Korrelation, da pathologische Zustände der Haut, unterschiedliche Hautareale und interindividuelle Unterschiede von großer Bedeutung für die Wirksamkeit sind. Deshalb werden weiterhin vorwiegend In-vivo-Untersuchungen zur Beurteilung der Bioverfügbarkeit von topischen Arzneimitteln gefordert.
Mehrfach wurde versucht, mit diesen Membranmodellen Beziehungen zwischen In-vitro- und In-vivo-Ergebnissen aufzustellen. Eine Rangfolgen-Korrelation wurde zwischen der In-vitro-Freisetzung und dem In-vivo-Blanching-Effekt von zwei Handelspräparaten mit Betamethasonvalerat (Creme) an gesunden Versuchspersonen festgestellt (31). Eine ähnliche Korrelation wurde bei zwei Hydrocortison-haltigen Cremes zwischen der In-vitro-Freisetzung durch eine synthetische Membran und pharmakokinetischen (Arzneistoffkonzentration im Stratum corneum) und pharmakodynamischen Parametern (Hautabblassung) ermittelt (8). Auch bei Fluocinolon und Fluocinolonacetonid hängt die klinische Wirksamkeit von der in vitro in die Humanhaut penetrierten Wirkstoffmenge ab (32).
Was beweisen In-vitro-Versuche?
In-vitro-Testverfahren können In-vivo-Prüfungen zum Nachweis der Bioäquivalenz bei der Erstzulassung eines Dermatikums nicht ersetzen. Sie können eingesetzt werden bei geringfügigen Veränderungen in der Zusammensetzung oder der Herstellung, wenn die Bioäquivalenz des Präparates belegt ist. Dennoch liefern diese "Hautversuche" wichtige Informationen über die perkutane Penetration von topisch applizierten Arzneistoffen. Zusätzlich kann die Zusammensetzung von Dermatika hinsichtlich der gewünschten Arzneistoffaufnahme in die Haut optimiert werden. In vivo werden dann nur noch diese optimierten Zubereitungen geprüft.
Bis jetzt hat die FDA In-vitro-Versuche an exzidierter Human- oder Tierhaut als Nachweis der Bioäquivalenz, insbesondere wegen fehlender In-vitro-/In vivo-Korrelation, nicht allgemein anerkannt. Derzeit muß die Bioäquivalenz und damit die Austauschbarkeit von wirkstoffidentischen Externa mit lokaler Wirksamkeit durch klinische Studien nachgewiesen werden.
Literatur
Dr. Ulrich Schäfer, Universität des Saarlandes, Biopharmazie und Pharmazeutische Technologie, Saarbrücken, danke ich herzlich für die kritische Durchsicht des Manuskripts.
Erweiterte Fassung eines Vortrages bei der 1. Jahrestagung der Gesellschaft für Dermopharmazie (GD) am 4. Juni 1997 in Wiesbaden.
Anschrift des Verfassers:
Dr. Wolfgang Mehnert,
Freie Universität Berlin Institut für Pharmazie,
Kelchstr. 31 12169 Berlin,
E-Mail: mehnert@zedat.fu-berlin.de
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