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Vakzine hetzt Immunsystem auf entartete Epithelzellen

01.04.2002  00:00 Uhr

Vakzine hetzt Immunsystem auf entartete Epithelzellen

von Ulrich Brunner, Eschborn

Entartete Epithelzellen spielen eine entscheidende Rolle bei der Progression diverser Tumorarten. Das Oberflächenprotein EpCAM gilt als vielversprechendes Target für die spezifische Immuntherapie.

Seit Jahren träumen Forscher von einem Impfstoff, der die körpereigene Immunabwehr ankurbelt, damit diese dann gezielt Tumorzellen eliminiert. Ein Durchbruch in der Entwicklung so genannten therapeutischen Impfstoffe lässt leider bis heute auf sich warten. Die Ergebnisse erster klinischer Studien mit einer von der Österreichischen Biotech-Firma Igeneon entwickelten Vakzine sorgen nun allerdings für verhaltenen Optimismus.

Die Forscher des in Wien ansässigen Unternehmens formulierten einen Impfstoff, der geringe Mengen eines körperfremden Proteins enthält, das strukturell dem Tumor-Antigen EpCAM ähnelt. EpCAM (Epithelial Cell adhesion molecule) findet sich verstärkt auf der Oberfläche von entarteten Epithelzellen, die durch den Blutkreislauf zirkulieren.

Auch intakte Epithelzellen tragen zwar dieses Antigen auf Ihrer Oberfläche. Das Protein ist jedoch im gesunden Epithel abgeschirmt und an der Zelladhäsion beteiligt. Nur metastasierte Epithelzellen, die ihren Ursprungsort verlassen haben und durch den Organismus zirkulieren, tragen frei zugängliche EpCAM-Moleküle auf ihrer Oberfläche.

EpCAM gilt nach Meinung der Forscher als vielversprechendes Traget, da viele Tumorarten zum Beispiel in Colon, Lunge, Magen, Brust oder dem Pankreas durch entartete Epithelzellen entsteht.

Der von Igeneon entwickelte Impfstoff IGN 101 soll allerdings nicht nur das körpereigene Immunsystem auf EpCAM hetzen, sondern stimuliert zusätzlich T-Zellen.

Derzeit laufen zwei Phase-II-Studien mit IGN 101. Ende 2001 startete zudem eine Multicenter-Studie mit 420 Probanden unter Leitung des Zentrums für klinische Studien (ZKS) am Freiburger Universitätsklinikum. Dabei erhalten die Patienten mit fortgeschrittenem Bronchialkarzinom die aktive Immunisierung adjuvant nach Resektion des entarteten Gewebes.

Bei Igenon ist man optimistisch. Zwar bleibe die Chemotherapie nach wie vor ein wichtiger Bestandteil der Krebsbehandlung, der Impfstoff könnte sich nach Meinung des Unternehmens aber als eine weitere Säule im Tumormanagement bewehren. Mit einer Zulassung für IGN 101 rechnet man in Wien jedoch nicht vor 2005.

Auch das in Martinsried bei München ansässige Unternehmen Micromet setzt auf EpCAM. Hier gingen die Forscher jedoch einen anderen Weg und entwickelten einen humanisierten Antikörper, der sich direkt gegen das Oberflächen-Protein richtet. Micromet startete im Oktober 2001 eine erste Multicenter-Studie der Phase I an Patienten mit hormon-refraktären Prostatakarzinom. Top

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