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Vorgeschmack auf die Positivliste

05.04.1999  00:00 Uhr

-PolitikGovi-Verlag

ARZNEIMITTTELRICHTLINIEN

Vorgeschmack auf die Positivliste

PZ  Als einen "Vorgeschmack auf die Probleme einer Positivliste" bezeichnete Hans-Günter Friese, Präsident der ABDA - Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, die Entscheidung des Landgerichtes Hamburg, per Einstweiliger Verfügung dem Bundesausschuß Ärzte/Krankenkassen die Veröffentlichung der neuen Arzneimittelrichtlinien im Bundesanzeiger zu untersagen und damit ihr Inkrafttreten zu verhindern.

"Nachdem im Januar das Landgericht Düsseldorf den Spitzenverbänden der Krankenkassen die Festsetzung von Festbeträgen unter Hinweis auf europäisches Kartellrecht untersagt hat, ist es bereits das zweite Mal in diesem Jahr, daß verschärfende regulative Eingriffe in den Arzneimittelmarkt gerichtlich gestoppt werden."

"Die von der Regierungskoalition im Rahmen der Gesundheitsreform 2000 geplante Einführung einer Positivliste, die verschärfte Budgetierung der Arzneimittelverordnungen durch ein Benchmarkingverfahren oder Neuregelungen bei der Arzneimittelzuzahlung werden auf noch größere Probleme wie die Arzneimittelrichtlinien stoßen, wenn nicht endlich Tempo durch handwerkliche Qualität in der Politikgestaltung ersetzt wird", mahnte Friese. Das vorgesehene Zeitfenster für die Umsetzung der Gesundheitsreform 2000 sei so knapp bemessen, daß für die Prüfung und Erörterung der gesetzlichen Neuregelungen nur wenige Wochen blieben.

Die unter ungeheurem Zeitdruck stehende Politik dürfe die konstruktive Kritik der Berufsorganisationen nicht als Verhinderungstaktik ansehen. Friese bot der Regierung erneut die verstärkte Einbeziehung pharmazeutischer Kompetenz an: "Wir sind zum Dialog bereit."

Der Hauptgeschäftsführer der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) Dr. Rainer Hess bedauerte die Entscheidung und bezeichnete sie als einen Pyrrhussieg der Pharmaindustrie. Er sieht voraus, daß es wegen der fehlenden Orientierung zu "undifferenzierten, besonders die innovativen und teuren Präparate betreffenden Verordnungseinschränkungen" kommen werde. Der Gesetzgeber sei nun aufgefordert, die Kompetenzen der Selbstverwaltung von Ärzten und Kassen rechtlich abzusichern. Auch die Spitzenverbände der Krankenkassen rufen nach Rechtssicherheit, damit der Bundesausschuß seinen gesetzlichen Auftrag erfüllen und die Qualität und Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelversorgung sicherstellen zu können.

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wertet den Hamburger Spruch als gute Nachricht für die gesetzlich versicherten Patienten. Mit Inkrafttreten der Arzneimittelrichtlinie hätten mit einem Schlag Tausende von Arzneimitteln aus der GKV-Erstattungspflicht herausgenommen werden müssen. Dies hätte die Therapiefreiheit der Ärzte eingeschränkt und die Patienten mit neuen Selbstbeteiligungen belastet. Solches als eine Maßnahme im Sinne und zum Wohle der Betroffenen zu verkaufen, sei eine "rot-grüne Meisterleistung der politischen Verdrehung von Tatsachen".Top

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