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Auf den letzten Drücker

29.03.1999  00:00 Uhr

-Politik

ARZNEIMITTELRICHTLINIEN

Auf den letzten Drücker

von Karl H. Brückner, Bonn

Der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen hat am vergangenen Freitag in Köln die neuen Arzneimittel-Richtlinien (AMR) mit einigen Korrekturen verabschiedet. Ob die für Kassenärzte bei der Verordnung verbindlichen Richtlinien wie geplant am 1. April in Kraft treten können, hängt jetzt von einer Entscheidung des Landgerichts Hamburg ab.

Drei Pharmaunternehmen haben Anträge auf Erlaß einstweiliger Verfügungen gegen das Inkrafttreten der AMR eingereicht, weil damit einige ihrer Produkte von der Verordnungsfähigkeit zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ausgeschlossen werden sollen. Die Firmen sehen darin einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht. Die mündliche Verhandlung darüber fand zeitgleich mit der Sitzung des Bundesausschusses am Freitag statt. Das Gericht vertagte sich jedoch auf Mittwoch dieser Woche. Der Bundesausschuß sollte bis Montag noch einige Fragen klären, da seine Anwälte sich dazu nicht in der Lage sahen.

Außerdem haben die Hamburger Zivilrichter noch nicht entschieden, ob sie überhaupt zuständig sind. Möglicherweise werden die Kläger an das Sozialgericht Köln verwiesen. Gestritten wurde ferner über die Beklagtenfähigkeit des Bundesausschusses. Bei Redaktionsschluß dieser PZ lag die Entscheidung des Landgerichts noch nicht vor.

Wie die Geschäftsstelle des Bundesausschusses auf Anfrage der PZ erklärte, hat das Gremium 13 von Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer verlangte Nachbesserungen und Klarstellungen in die AMR eingearbeitet. Das Papier bringt rund 20 weitere Verordnungsausschlüsse bei GKV-Patienten. Nach Schätzungen des Wissenschaftlichen Instituts der Ortskrankenkassen könnte das zu Einsparungen der GKV in Höhe von 650 Millionen DM pro Jahr führen.

Unterdessen ist in Bonn bekannt geworden, daß die Ministerin die AMR entgegen den Bedenken von Arzneimittelexperten ihres Hauses passieren ließ. In dem 25seitigen internen Papier, das der PZ vorliegt, hat die Abteilung 1 des Ministeriums gravierende juristische und medizinische Einwände gegen die AMR-Novelle aufgelistet. In vielen Punkten plädieren die Fachbeamten für eine Beanstandung durch das Ministerium. Kritisiert werden unter anderem Verordnungshürden beziehungsweise -ausschlüsse bei Anwendung von Arzneien in nicht zugelassenen Indikationen sowie bei Kombinationspräparaten. Außerdem werde mit Xenical erstmals eine in der EU zugelassene Innovation in einer anerkannten Indikation ausgeschlossen, geben die Beamten zu bedenken.

Das Ministerium bestätigte auf Anfrage, das Papier sei authentisch, gab aber ansonsten keine Stellungnahme ab. Der AOK-Bundesverband erklärte auf Anfrage, bei einer Sitzung im Ministerium seien die in dem Papier geäußerten Bedenken "überwiegend entkräftet" worden. Besondere Haftungsrisiken sehe die AOK nicht, hieß es. Top

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