Hautschutz für starke Männerhände |
29.03.1999 00:00 Uhr |
Zu diesen alltäglichen Stoffen gehören Kühlschmierstoffemulsionen, die zur Metallbearbeitung eingesetzt werden. Was man bei Hausfrauen als "Hausfrauenhände" bezeichnet, sind in diesen Betrieben die Hände der "starken Männer". In beiden Fällen werden die Barriereschichten der Haut chronisch gestört und reagieren mit erhöhter Rauhigkeit, Rissigkeit und Abnutzungsekzemen. Äußere Noxen wie sensibilisierende Stoffe, Keime oder deren Stoffwechselprodukte, aber auch Mikrospäne können wesentlich besser in die Haut eindringen und dort zu allergischen Kontaktekzemen und Infektionen führen (2, 3). In der kürzlich erschienenen TRGS 531 "Gefährdung der Haut durch Arbeiten im feuchten Milieu" (4) wird explizit darauf hingewiesen, daß "der längeranhaltende oder ständig wiederholte Kontakt mit Wasser, insbesondere bei gleichzeitiger Einwirkung von Wasch-, Reinigungs-, Desinfektions- und Lösungsmitteln sowie Alkalien und Säuren zur Schädigung der epidermalen Barriere und der darunter gelegenen Hautschichten führt". Um die Haut optimal zu schützen, sind geeignete Schutzpräparate und möglichst hautverträgliche Arbeitsstoffe notwendig (5, 6).
Zu einem Hautschutz-Konzept gehört neben dem Schutz immer die Pflege; das heißt Pflegeformulierungen, die in der Lage sind, Barriereschichten wiederherzustellen ohne den Erneuerungsprozeß der Haut zu stören. Dabei geht es generell um Präparate, die eine Barriereaffinität besitzen. Alternativ wird auch der Weg einer zweiten Schutzschicht, also das okklusive Prinzip beschritten. Ähnlich wie der Handschuh führt dieses Prinzip allerdings zu einer vermehrten endogenen Quellung und einer verminderten Regenerationsfähigkeit der Haut (7).
Wünschenswert ist es, die natürliche Barriere zu stabilisieren. Meßtechnisch übersetzt bedeutet das, der normale transepidermalen Wasserverlust (TEWL) muß aufrechterhalten werden, auch bei Kontakt mit Arbeitsstoffen. Ein weiterer Meßparameter ist die Hautfeuchte. Sie sollte ebenfalls auf einem stabilen Niveau bleiben.
DMS-Basiscremes
Die Zusammensetzung des Sebums (8) bietet gegenüber einem Arbeitsstoff wie der Kühlschmierstoffemulsion so gut wie keinen Schutz. Fettsäuren, Cholesterol und Ceramide der natürlichen Barriereschichten (9, 10) sind resistenter, werden aber aufgrund der emulgierenden Eigenschaften und des pH-Werts von 8 bis 9, der häufig an eine sehr hohe Pufferkapazität gekoppelt ist, doch angegriffen.
Ceramide sind für ihre sehr hohe Barrierewirkung bekannt. Sie bilden mit anderen Barrierestoffen in vitro Liposome (11). Liposome haben die gleiche Bilayerstruktur wie die Barrieredoppelschichten. Im Umkehrschluß sind Stoffe, die Bilayer bilden, eine gute Grundlage für Hautschutzformulierungen.
Phosphatidylcholin (PC) ist der Hauptbestandteil der Plasmamembranen. Hydriertes PC (Abbildung) hat sehr ähnliche physikalische Eigenschaften wie die Ceramide, aber den Vorteil, leichter in die Haut zu penetrieren.
Hydriertes PC wir zweckmäßig in Form fertiger Basiscremes eingesetzt (12). Die DMS-Basiscremes (DMS = Derma Membrane Structure) entsprechen dem Konzept einer hautähnlichen Zusammensetzung (Tabelle 1).
Hydriertes PC beziehungsweise DMS-Basiscremes als Komponenten in neuen Hautschutzformulierungen bieten sehr gute Voraussetzungen für die Stabilisierung und Wiederherstellung der Barriere. Messungen des TEWL, der Hautfeuchte, der Hautglättung in einem Versuchsdesign, das dem betrieblichen Alltag angepaßt wurde, bestätigten bei der Einwirkung von Kühlschmierstoffen den gewünschten barrierestabilisierenden Effekt (15). Die Formulierungen kommen ohne Silikone und hochmolekulare Mineralölprodukte wie Vaseline aus, den diese Stoffe bilden in der metallverarbeitenden Industrie störende Abdrücke beim Anfassen der Werkstücke.
Haut bleibt feucht und glatt
Messungen mit reinen DMS-Basiscremes im Vergleich zu qualitativ sehr guten konventionellen Pflegecremes zeigen deutlich: die Feuchtigkeit der Haut bleibt erhöht und eine Hautglättung ist auch nach Absetzen der Behandlung noch über einen Zeitraum von 72 Stunden deutlich festzustellen*. Das deutet auf eine hohe Barriereaffinität und einen vergleichsweise geringen Wash-out-Effekt hin.
Multifunktionale Rezepturen
Ein Hautschutz resultiert immer aus der Summe von Einzelfunktionen einer Rezeptur (Tabelle 2). Allerdings bietet keine Hautschutz-Rezeptur Garantie für den Schutz gegen alle Arbeitsstoffe. Auch der Zusatz von adstringierenden Stoffen und mikrofeinen Feststoffen schützt nicht vor Lösungsmittel-haltigen Arbeitsstoffen. Hier hilft es nur, die Arbeitsbedingungen zu ändern, Maschinen zu verkapseln oder undurchlässige Handschuhe zu tragen. Diese Maßnahmen haben jedoch auch Nachteilen.
Hautschutz in der Zukunft
Es ist sicher sinnvoll, ähnliche Hautschutz-Konzepte auch bei Präparaten für den Privatgebrauch zu verwenden. Auch könnten zum Beispiel Sonnenschutzmittel aus solchen Basiscremes zubereitet werden. Dabei bringt die hohe Wasserresistenz Vorteile.
Ein interessanter Einsatzbereich barriereaktiver Formulierungen ist auch die Dermatologie, wenn es darum geht, krankhaft gestörte Barrieren präventiv zu schützen oder wiederherzustellen.
Zu guter Letzt sollte neben einer Optimierung des Hautschutzes und der Hautpflege sowie der ständigen Weiterentwicklung der Arbeitsstoffe ein wesentlicher Punkt nicht fehlen: der sachgerechte Umgang mit den Hautschutzpräparaten. Auch hier kann in Zukunft durch entsprechende Schulung noch einiges verbessert werden.
*) Messungen der Dermaconsult GmbH, Alfter
Literatur
(1) ZH 1/467, "Hautschutz in Metallbetrieben" der Arbeitsgemeinschaft der Metallberufsgenossenschaften. Carl Heymanns Verlag Köln 1997.
(2) BIA-Report 7/96, Kühlschmierstoffe. Hauptverband der gewerblichen Berufsge-nossenschaften, St. Augustin 1996.
(3) Schwanitz, H. J., John, S. M., T&E Dermatologie KOMPAKT Berufsdermatosen, Ausgabe November und Dezember 1997, S. 3 5.
(4) Technische Regel für Gefahrstoffe, TRGS 531, Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, 1997.
5) Lautenschläger, H., Mineralöltechnik 6, 1996.
(6) Lautenschläger, H., Nissen H. P., Wieland, W., Arbeitsmedizin-Sozialmedizin-Umweltmedizin. 33 (12) (1997) 474 479.
(7) Feingold, K. R., Cosmetics & Toiletries 112 (7) (1997) 49 59.
(8) Kosmetik, Umbach, W. (Hrsg.) Thieme Stuttgart 1995, S. 31.
(9) Kosmetik, Umbach W., Thieme Stuttgart 1995, S. 27.
(10) Grubauer, G. , et al., J. Lipid Res. 30 (1989) 323 333.
(11) Wertz, P. W., et al., Journal of Investigative Dermatology (1986) 582 584.
(12) Kutz, G., Galenische Charakterisierung ausgewählter Hautpflegeprodukte. Pharm. Ztg 142 (1997) 4015 4019.
(13) Kutz, G., et al., SÖFW-Journal 123, 3 (1997) 145 150.
(14) CIR-Report "Lecithin and Hydrogenated Lecithin", 1996.
15) Lautenschläger, H., Mineralöltechnik 5, 1998.
Anschrift des Verfassers:
Dr. Hans Lautenschläger
Neusser Gasse 50
50259 Puhlheim-Stommeln.
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