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Autofahren nicht ausgeschlossen

29.03.1999  00:00 Uhr

-MedizinGovi-Verlag

OPIOIDE

Autofahren nicht ausgeschlossen

von Daniel Rücker, Frankfurt am Main

Nicht alle Menschen, die langfristig mit Opioiden behandelt werden, müssen deshalb aufs Autofahren verzichten. Eine Untersuchung belegt, daß einige Dauerpatienten völlig verkehrstauglich sind. Die Entscheidung muß individuell gefällt werden.

"Patienten mit chronischen Schmerzen, die auf Opioide eingestellt sind, sollten nicht für den Morphingebrauch bestraft werden." Es sei nicht nachzuvollziehen, daß einerseits Patienten, die auf Antihypertonika oder Antidiabetika eingestellt sind, ohne Einschränkungen am Straßenverkehr teilnehmen dürfen, Schmerzpatienten unter Opioiden dagegen nicht, sagte Dr. Michael Strumpf, Universitätsklinik Bochum, auf einer Pressekonferenz von Merck am 17. März in Frankfurt am Main.

Eine finnische Untersuchung belege zwar, daß die Einnahme von Opioiden zu durchschnittlich schlechteren Fahrleistungen führe, eine generelle Fahruntüchtigkeit könne daraus jedoch nicht abgeleitet werden, so der Mediziner. In eigenen Untersuchungen mit Tumorpatienten am Fahrsimulator hat Strumpf herausgefunden, daß die sensomotorische Leistungsfähigkeit und das Reaktionsvermögen von Opioid-Patienten stark divergiert.

So seien einige Studienteilnehmer definitiv fahruntüchtig gewesen, andere hätten dagegen Leistungen erbracht, die eindeutig ihre Fähigkeit, ein Auto zu steuern, belegten. Die Leistungen der Probanden seien unabhängig von der Potenz der Opioide und der täglichen Dosis. Allerdings gelte dies nur für Schmerzkranke unter einer stabilen Opioidtherapie. Patienten in der Einstellungsphase seien dagegen in jedem Fall fahruntüchtig. Dies gelte auch bei einer Umstellung auf ein anderes Präparat oder einer Dosisanpassung und bei der gleichzeitigen Einnahme von Antidepressiva.

Allgemeine Richtlinien gebe es allerdings nicht. Grundsätzlich müsse der Arzt im Einzelfall entscheiden, ob sein Patient verkehrstüchtig sei, dabei spiele auch der Allgemeinzustand des Kranken eine wesentliche Rolle. In jedem Fall müsse der Arzt seiner Aufklärungspflicht zu Nebenwirkungen und möglichen sicherheitsrelevanten Beeinträchtigungen durch Opioide nachkommen. Strumpf hat dazu einen Patientenvertrag erarbeitet, den Arzt und Patient unterzeichnen sollten.

Im Zweifelsfall rät der Mediziner seinen Kollegen, einen Opioid-Patienten zu einer Fahrtauglichkeitsprüfung beim TÜV zu schicken. Diese sei allerdings mit rund 500 DM nicht ganz billig.

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