Kleines Loch mit gefährlichen Folgen |
12.03.2001 00:00 Uhr |
Seit über 30 Jahren hat sich der Wirkstoff Ibuprofen als potentes Analgetikum bewährt. Intravenös verabreicht kann Ibuprofen aber auch das Leben von Frühgeborenen retten, indem es die häufig nach der Geburt verbleibende Öffnung zwischen Lungen- und Hauptschlagader, den Persistierenden Ductus Arteriosus, schließt.
Den Persistierenden Ductus Arteriosus oder kurz PDA beschrieb erstmals der italienische Anatom Botallo. Das Gefäß ist ein Überrest der Kreislaufsituation im Mutterleib. Dort besteht eine Kurzschlussverbindung zwischen der Lungen- und der Hauptschlagader.
Im Mutterleib erhält das Kind sauerstoffreiches Blut über die Plazenta. Die Lunge des Ungeborenen hat also noch Pause und muss daher auch nicht durchblutet werden. Das Blut wird deshalb durch eine Kurzschlussverbindung an der Lunge vorbei geleitet. Nach der Geburt schließt sich diese Verbindung normalerweise innerhalb von 24 Stunden. Bei Frühgeborenenen bleibt diese Verbindung häufig offen.
Dann fließt das Blut durch den offenen Ductus in die entgegengesetzte Richtung, weil der Druck in der Hauptschlagader höher ist als in der Lungenschlagader. Dies hat zur Folge, dass sauerstoffreiches Blut immer wieder über die Lungenschlagader in die Lunge gepumpt wird. Sauerstoffarmes Blut aus der rechten Herzkammer mischt sich mit dem sauerstoffreichen Blut aus der Hauptschlagader. Die linke Herzkammer muss gegen den erhöhten Widerstand in der Lungenschlagader arbeiten, so dass es zu einer Überbelastung des kleinen Herzens kommt. Durch den hohen Blutdruck können die Lungengefäße zudem irreparable geschädigt werden.
Auch wenn der PDA zu den seltenen Erkrankungen gehört: Bei jedem zweiten Frühgeborenen, das mit weniger als 1500 g das Licht der Welt erblickt, bleibt die Kurzschlussverbindung auch nach der Geburt bestehen. Oft lässt sich der Ductus medikamentös behandeln. Bislang wird vor allem der Wirkstoff Indometacin eingesetzt.
Neuere Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass die dreimalige intravenöse Gabe von Ibuprofen, jeweils im Abstand von 24 Stunden, genauso erfolgreich ist. So verschloss sich der Ductus unter Ibuprofen bei 70 Prozent der Frühgeborenen, unter Indometacin bei 66 Prozent. Unter Ibuprofen traten allerdings weniger Nebenwirkungen auf und die Frühgeborenen litten signifikant seltener unter Oligurie. Die Studien lieferten außerdem Hinweise darauf, dass Ibuprofen im Vergleich zu Indometacin weniger die Hirndurchblutung beeinträchtigt und seltener unerwünschte Wirkungen im Magen-Darm-Bereich hervorruft.
Die hohe Erfolgsquote bei relativ geringen Nebenwirkungen hat bereits dazu geführt, dass die vorsorgliche Gabe von Ibuprofen bei Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht unter 1500 g in der Ärzteschaft diskutiert wird.
Quelle: Van Overmeire, B., et al., A Comparison of Ibuprofen and Indomethacin for Closure of Patent Ductus Arteriosus. N Engl J Med 343 (2000) 674 - 681.
Offener Ducutus Arteriosus
Einen offenen Ductus Arteriosus beobachten Ärzte vor allem bei sehr kleinen Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht unter 1500 g. Nicht selten verengt sich zwar der Ducutus, aber es dauert einige Zeit, bis er sich vollständig verschließt. Solche Fälle müssen nicht behandelt werden. Bei 15 bis 20 Prozent der kleinen Patienten führt der offene Ductus allerdings zu erheblichen Problemen. Solche Säuglinge sollten am besten in spezialisierten Perinatalzentren behandelt werden.
Der offene Ductus Arteriosus lässt sich mit Hilfe einer Ultraschalluntersuchung diagnostizieren. Wird er nicht rechtzeitig behandelt, machen sich eine Reihe zum Teil lebensbedrohlicher Symptome bemerkbar, die vor allem Lunge, Herz, Gehirn und Darm betreffen. Mitunter muss das Frühgeborene dann künstlich beatmet werden. Gelingt es nicht, den Ducutus medikamentös zu behandeln, kann die Öffnung durch einen kleinen operativen Eingriff geschlossen werden.
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