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PZ Titel

03.02.1997  00:00 Uhr

-Titel

  Govi-Verlag

Therapie der Katarakt: Nur die Operation
liefert gute Ergebnisse

  Heutzutage ist die Kataraktoperation einer der häufigsten chirurgischen Eingriffe in Industrieländern. Statistisch gesehen muß sich in Mitteleuropa etwa jeder fünfte Siebzigjährige dieser Operation unterziehen; allein in Deutschland sind es jährlich 320 000 Operationen. Diese Behandlung ist zwar nicht ganz frei von Risiken, liefert aber gute Ergebnisse. Medikamentös ist eine Linsentrübung nicht aufzuhalten oder zu bessern.

Die Linse gehört neben Hornhaut, Glaskörper und Kammerwasser zu den lichtbrechenden Medien des Auges. Dieser kristallklare bikonvexe Körper besteht zu etwa 35 Prozent aus Eiweiß, hat weder Blutgefäße noch Nerven und wird vom Kammerwasser ernährt. Eine strukturlose Basalmembran, die Linsenkapsel, trennt die Linse vom Organismus. Mit zunehmendem Alter verliert sie an Elastizität, und es kommt zur Alterssichtigkeit. Krankheitsbilder, die mit einer Trübung der Linse einhergehen, bezeichnet man als Grauen Star oder Katarakt.

Formen des Grauen Stars

Beidseitige Totalstare des Neugeborenen können die Folge einer Virusinfektion der Schwangeren im ersten Trimenon sein, zum Beispiel mit Röteln, Cytomegalie, Masern und Mumps. Weitere Ursachen für angeborenen oder früh erworbenen Star können Diabetes oder Hypokalzämie der Mutter, Röntgenbestrahlung oder konnatale Toxoplasmose sein. Da ein stark ausgeprägter Grauer Star die cerebrale Entwicklung verhindert, wird in der Regel so früh wie möglich operiert. Unabhängig vom Alter können auch linsenschädigende Einflüsse einen Star auslösen. Dazu zählen beispielsweise Stoffwechselstörungen wie Diabetes oder Galaktosämie, Neurodermitis, (potentiell) kataraktogene Medikamente wie Corticosteroide, Phenothiazinderivate, Tranquilizer, Sedativa, orale Kontrazeptiva und einige Chemotherapeutika, Vergiftungen, Metallfremdkörper im Auge, Augenverletzungen, Strahlen sowie Starkstromunfälle.

Die weitaus häufigste Form ist jedoch der Altersstar, typischerweise als tiefer supranukleärer Rindenstar jenseits des 45. Lebensjahres. Es kommt zu radiären Wassereinlagerungen, lamellärer Zerklüftung und Einlagerung zerfallener Linseneiweiße. Beim oberflächlichen subkapsulären Rindenstar kommt es zur Trübung der Hinterkapsel, die auf tiefere Rindenschichten und oft auf den Kern übergreift. Beim Kernstar verfärbt sich allmählich der Linsenkern braun.

Operation der Katarakt

Eine Operation wird in allgemeiner Narkose oder in Lokalanästhesie (vorteilhaft für ältere Patienten), oft auch ambulant, vorgenommen. Man unterscheidet zwei Wege der Linsenextraktion. Bei der heute seltenen intrakapsulären Operation wird die Linse samt Kapsel entfernt. Zum optischen Ausgleich dienen eine Starbrille, Kontaktlinsen oder heute meist eine Intraokularlinse. Bei der extrakapsulären Extraktion wird der Linsenkern als Ganzes aus dem Auge gepreßt; der restliche Teil der vorderen Linsenkapsel und die Hinterkapsel bleiben im Auge. Der Kapselsack wird mit einer viskoelastischen Substanz stabilisiert. Häufig wird eine Intraokularlinse eingesetzt. Möglich ist eine postoperative Eintrübung der Hinterkapsel (Nachstar), die meist mit Laserstrahlen behandelt wird.

Intraokularlinsen

In Industrieländern bekommen etwa neunzig Prozent der Operierten eine Intraokularlinse, die die Brechkraft der Linse ersetzen soll. Bei Kindern und jungen Menschen bevorzugt man Kontaktlinsen. Vorderkammerlinsen liegen vor der Iris und stützen sich im Kammerwinkel ab. Wesentlich häufiger werden Hinterkammerlinsen verwendet, die nach der extrakapsulären Extraktion mit Bügeln im Kapselsack fixiert werden. Die Kunstlinsen bestehen aus Polymethyl-methacrylat oder flexiblen Materialien wie Hydrogel-Copolymeren. Immer häufiger werden faltbare Linsen eingesetzt oder Memory-Linsen, die sich kurz nach der Implantation entfalten.

Postoperative Arzneimitteltherapie und Beratung

Postoperative Komplikationen sind heute selten. Zur Vorbeugung von Infektion kann ein lokales Antibiotikum gegeben werden. Corticoide und/oder Prostaglandin-Synthesehemmer können überschießende Entzündungsreaktionen verhindern. Betablocker, Carboanhydrasehemmer oder Apraclonidin können eine kurzfristige Steigerung des Augeninnendrucks verhindern. Eine wichtige Aufgabe für den Apotheker ist es, ratsuchende Kunden über den Unterschied zwischen Grauem und Grünem Star aufzuklären und ihnen die Angst vor einer Operation zu nehmen. Nach dem Eingriff muß der Patient wissen, daß man am operierten Auge nicht drücken oder reiben und in den ersten Tagen nicht lesen darf, in den ersten Wochen die Augen nur mit klarem Wasser ohne Seife oder Shampoo waschen darf und bei vermehrter Lichtempfindlichkeit eine Sonnenbrille tragen soll. Starke körperliche Anstrengungen sind zu meiden. Klagt der Patient über starke Schmerzen, schlechteres Sehvermögen, Schatten oder Lichtblitze, muß er sofort zum Augenarzt gehen.

PZ-Titelbeitrag von Christiane von der Eltz, Frankfurt
       

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