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Umweltbelastungen und Erkrankungen des Respirationstraktes

03.02.1997  00:00 Uhr

-Pharmazie

  Govi-Verlag

Umweltbelastungen und Erkrankungen
des Respirationstraktes

Pharmacon Davos

  Umwelteinflüsse können sich auf den Atemtrakt als chronische Symptome oder Erkrankungen manifestieren. Das war das Fazit, das Professor Dr. Dr. H.-Erich Wichmann vom Institut für Epidemiologie des GSF-Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit, Neuherberg, auf der Fortbildungswoche der Bundesapothekerkammer in Davos zog.

Die wichtigsten Schadstoffe sind
  • Schwefeldioxid (SO2) als klassischer Vertreter der industriellen Schadstoffe, der in den oberen Atemwegen Reizungen verursacht,
  • Stickstoffdioxid (NO2) als Repräsentant von Verkehrsbelastungen, der vorwiegend tiefere Atemwege schädigt,
  • Ozon als Repräsentant des sogenannten Photosmogs und
  • feine Partikel im Staub, die toxische Stoffe, wie Pb, Cd, Cr oder Ni, oder adsorbierte Säuren (H2SO4 oder HNO3) enthalten können
  • Dazu kommen Schadstoffgemische wie Zigarettenrauch und Abgase.

Kurzzeiteffekte

Wichmann konnte anhand von zahlreichen Studien zeigen, daß an Tagen hoher Luftschadstoffbelastungen besonders bei Smogsituationen Patienten mit Atemwegserkrankungen aber auch anderen Grundleiden wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen vermehrt an Symptomverschlechterungen und an Einschränkungen der Lungenfunktionen leiden. Sie werden häufiger in Krankenhäuser eingeliefert. Die Morbidität ist in Smogzeiten erhöht. Wichmann sprach von vorgezogener Sterblichkeit, denn nach den Smogepisoden sinkt meistens die Sterberate unter das Normalniveau. Während in früheren Zeiten die gesundheitlichen Schäden mehr oder weniger auf SO2 zurückgeführt werden konnten, werden die Einflüsse jetzt feinen und ultrafeinen Partikeln zugeschrieben.

Langzeiteinflüsse

In den 60er und 70er Jahren konnte nachgewiesen werden, daß Dauerbelastungen mit SO2 und Schwebstaub vermehrt zu chronischen Atemwegssymptomen und -erkrankungen geführt haben. Seit durch entsprechende gesetzliche Vorgaben diese Belastungen zurückgegangen sind, werden entsprechende Wirkungen nur noch selten beobachtet. Seit den 80er Jahren konzentriert sich das Interesse auf Verkehrsbelastungen. Hier zeigten sich Zusammenhänge mit bronchialer Überempfindlichkeit. Im Ost-West-Vergleich überraschte, daß Asthma und Heuschnupfen, der vor allem Kinder und junge Erwachsene betrifft, im Westen häufiger auftritt. Es geht einher mit einer generell höheren Allergiehäufigkeit im Westen, für die primär, so Wichmann, nicht Einflüsse von Schadstoffen sondern der Lebensstil im Sinne von vermehrten Allergenkontakten und ein geringeres Training des Immunsystems diskutiert wird.

Lungenkrebs

Daß Lungenkrebs in Industrieregionen deutlich häufiger als in ländlichen Vergleichsgebieten auftritt, bedeutet nicht, daß die Lungenkrebsrate durch Luftverschmutzung erhöht wird. Wichmann: "Jede Lungenkrebskarte ist zunächst eine Raucherkarte." Nur zwei Prozent der Lungenkrebserkrankungen lassen sich durch Schadstoffe erklären. Ein weiterer Faktor stellt Radon, ein radioaktives Edelgas, dar, das in der Erde gebildet wird und in die Häuser eindringen kann. Deshalb sei es sinnvoll, in Häusern die Radonkonzentrationen mit Radondosimetern zu messen, um entsprechende Risiken ausschalten zu können.

PZ-Artikel von Hartmut Morck, Davos

   

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