Medizin
Obwohl gut wirksame und verträgliche Antihypertensiva verfügbar sind, ist die Hochdruckbehandlung nicht befriedigend. Denn: "In 30 bis 50 Prozent der Fälle wird der Zielblutdruck nicht erreicht", sagte Professor Dr. Rainer E. Kolloch, Bielefeld, Vorsitzender der Hochdruckliga bei deren 20. wissenschaftlichen Tagung in Aachen. Laut Kolloch müssen auch weiterhin alle Anstrengungen unternommen werden, damit Ärzte und Patienten den Bluthochdruck ernst nehmen. Das gelte auch für die "Weißkittel"-Hypertonie, also das Phänomen, daß der Blutdruck allein schon durch die Meßsituation steigt.
Dieses Phänomen wurde bisher als harmlos abgetan. Neue Untersuchungen zeigen aber, daß der Weißkittel-Hypertonie durchaus Bedeutung zukommen könnte: Sie geht mit ähnlichen funktionellen Veränderungen einher wie eine manifeste Hypertonie, und am Herzen läßt sich eine diastolische Dysfunktion nachweisen, obwohl keine linksventrikuläre Hypertrophie zu registrieren ist. Außerdem weisen die Karotiden eine verminderte Ansprechrate sowie zunehmende Steifigkeit auf, so daß die Weißkittel-Hypertonie nach Kolloch wohl als Frühzeichen einer sich manifestierenden Hypertonie zu interpretieren ist.
Der Wissenschaftler sprach sich für eine konsequente Behandlung des Bluthochdrucks aus, um Endorganschäden zu vermeiden. Die Mediziner sollten dabei nach seiner Überzeugung vor einer Kombinationsbehandlung nicht zurückschrecken und eventuell sogar fixe Kombinationen verordnen. Das Augenmerk der Therapie richte sich neben der Blutdrucksenkung vor allem darauf, gleichzeitig drohende Konsequenzen der Hypertonie abzuwenden, betonte Professor Dr. Thomas Philipp aus Essen. In dieser Hinsicht könne ein zentral wirksames Antihypertensivum wie Moxonidin interessant sein.
Moxonidin fungiert als selektiver Imidazolin-1-Agonist. Es reduziert nicht nur den Blutdruck, sondern sorgt zugleich für eine Reduktion der Katecholamine. Aus theoretischer Sicht wäre damit zugleich eine Nephro- und Kardioprotektion sowie eine deutliche Regression der linksventrikulären Hypertrophie möglich. Außerdem könnten nach Philipp auch Hypertoniker mit Herzinsuffizienzen von einem solchen Antihypertonikum profitieren.
PZ-Artikel von Christine Vetter, Aachen © 1996 GOVI-Verlag
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