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ABDA zum Anfassen

27.01.1997  00:00 Uhr

-Politik

  Govi-Verlag

ABDA zum Anfassen
Pharmacon Davos

  In drei Gruppen stellten sich Vorstandsmitglieder der ABDA und der Bundesapothekerkammer sowie Mitglieder der ABDA-Geschäftsführung unter dem Motto "ABDA zum Anfassen" am 22. Januar 1997 den gesundheits- und berufspolitischen Fragen der Teilnehmer des 27. Fortbildungskongresses der Bundesapothekerkammer in Davos.

Den Bereich Betriebswege hatten sich Hans-Günter Friese, Präsident der ABDA-Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, und Dr. Johannes Pieck, Sprecher der ABDA-Geschäftsführung, vorgenommen. Friese kritisierte, daß immer wieder von seiten der Krankenkassen, unterstützt durch einige Medien, der Vertriebsweg Apotheke als zu teuer dargestellt würde und der Versandhandel die preiswerte Alternative sei. Glücklicherweise habe man die Verbraucherverbände und die Politik auf Apothekerseite, denn der Patient sei der Verlierer bei dem Versandhandel mit Arzneimitteln.

Auf die Aktivitäten des Versandhandels aus London, EMS, angesprochen, kommentierte Pieck dieses Vorgehen als eine rechtlich bedenkliche organisierte Ausnutzung des § 73 AMG, durch den der Einzelbezug ermöglicht wurde. Die Werbung dafür sei auf jeden Fall nach dem Heilmittelwerbegesetz unzulässig. Die ABDA werde das Vorgehen rechtlich prüfen, aber gleichzeitig mit den Entscheidungsträgern zur Inhibition des Versandhandels eine politische Lösung suchen, zumal es in der Europäischen Union keine einheitliche Rechtslage gebe. Die Forderungen der ABDA heißen, ein generelles Verbot des Versandhandels in den EU-Richtlinien zu verankern und im nationalen Recht die organisierte Ausnutzung des § 73 durch eine entsprechende Formulierung im § 73 zu verhindern.

Um der Diskussion über die teure Apotheke in der Öffentlichkeit zu begegnen, werde man in Zukunft die Dienstleistungen der Apotheke, die durch die Arzneimittelpreisverordnung mitfinanziert werden, in der Öffentlichkeit noch sichtbarer machen, vermehrt anbieten und meßbar machen. Gerade zur Meßbarkeit wurde aus dem Auditorium die Forderung gestellt, mehr Geld für Untersuchungen zur Verfügung zu stellen.

Die Anregung eines Teilnehmers, den Verbraucher entscheiden zu lassen, ob er seine Arzneimittel über den Versand oder in seiner Apotheke erwerben will, fand weder die Zustimmung der ABDA-Repräsentanten noch die der Teilnehmer. Piecks Gegenargument: "Dies führt kurzfristig zur Abschaffung der Apotheke". Deshalb werde man den Versandhandel auch nicht flexibel begleiten, sondern bekämpfen. Darüber hinaus gab Friese ein klares Bekenntnis zur Arzneimittelpreisverordnung mit der jetzigen Systematik ab. Die ABDA beabsichtige nicht, ein Honorarsystem zu fordern. Dies würde das System aushebeln.

"Die zu erwartenden Defizite der gesetzlichen Krankenkassen sind weniger ein Problem der Ausgaben als vielmehr das Resultat von Einnahmeverlusten, unter anderem infolge der steigenden Arbeitslosen- und Rentnerzahlen", so ABDA-Vizepräsident Werner Trockel. Im Arzneimittelbereich seien die Maßnamen des GSG auch im vergangenen Jahr noch wirksam gewesen, betonte Professor Dr. Rainer Braun, ABDA-Geschäftsführer Bereich Pharmazie; die Budgetüberschreitungen, die seitens der Kassen erneut die Diskussion um die Arzneimittelausgaben angefacht hätten, seien unter anderem Resultat der nicht erfolgten Anpassung der Budgets. Braun: "Das Arzneimittel ist kein Treibmittel für die GKV-Ausgaben." Tatsächlich hätten die Ausgaben im Arzneimittelbereich 1996 noch rund 4 Prozent unter denen von 1992 gelegen.

Die jetzt von den Kassen geforderte Senkung der Festbeträge um bis zu 25 Prozent - die genauen Zahlen stehen noch nicht fest - werde für die Apotheken mit erheblichen wirtschaftlichen Einbußen einhergehen. Man rechne mit einer Rohertragsminderung pro Apotheke um rund 8000 DM. Das gesamte Einsparvolumen soll nach Kalkulation der Krankenkassen bei circa 600 Millionen DM liegen. Hinzu kämen noch die von den Herstellern zu erwartenden Preissenkungen, so daß man insgesamt wohl von einem Einsparvolumen von 800 Millionen DM oder mehr ausgehen müsse, so Braun. Die bereits für April 1997 vorgesehene Senkung der Festbeträge hält er aus technischen Gründen für unrealistisch, vor Juni sei sie kaum machbar.

Phamazeutische Aspekte

Pharmazeutische Aspekte des ABDA-Konzeptes diskutierten die Teilnehmer der Diskussionsrunde mit BAK-Präsident Dr. Hartmut Schmall und Dr. Hermann Vogel, BAK-Vizepräsident. Es gilt, die Stellung des Apothekers im Gesundheitswesen und seine pharmazeutische Kompetenz zu festigen, wobei im Mittelpunkt der Bemühungen stets der Patient stehen müsse, sagte Schmall. Pharmazeutische Betreuung bedeute verstärkt auch Gesundheitsaufklärung.

Möglichkeiten und Grenzen der Transparenzdatenbank, des Arzt-Apotheker-Informationsbogens sowie der "Roten Fragekartei" in neuer Auflage und neuer Optik wurden erörtert. Ausführlich wurden Schwierigkeiten und Chancen bei der Etablierung von Arzt-Apotheker-Gesprächskreisen angesprochen.

Auf das Angebot einer Verordnungsanalyse seitens der Apotheker hätten die Ärzte mit großem Interesse reagiert, so Schmall. „Wichtig ist, daß die Budgetproblematik zwischen Arzt und Apotheker vor Ort besprochen wird, um Ausschläge zukünftig zu vermeiden", so Vogel. Die Bedingungen wurden sich für beide Heilberufe im kommenden Jahr weiter verschlechtern, dieses mache den Dialog noch dringender erforderlich.

Artikel von der PZ-Redaktion
   

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