Pharmazeutische Zeitung online

Man muß es nur tun

27.01.1997  00:00 Uhr

-Editorial

  Govi-Verlag

Man muß es nur tun

  von Dr. Christiane Berg
PZ-Redakteurin

Ungefähr alle 90 Minuten stirbt in Deutschland ein Patient an Asthma bronchiale. Als Gründe nannte Dr. Günther Menz während des Pharmacon in Davos nicht nur die Zunahme der Prävalenz der Erkrankung, sondern vor allem die Unterschätzung ihres Schweregrades seitens Arzt und Patient sowie ungenügende Compliance.

Mit den heute zur Verfügung stehenden Medikamenten kann Asthma erfolgreich behandelt werden, doch werden Richtlinien für die Therapie in der Praxis nur unzureichend umgesetzt. Eine Studie bei 350 niedergelassenen Ärzten in Großbritannien hat ergeben, daß etwa die Hälfte der Patienten mit leichtem Asthma deutlich mehr ß-Sympathomimetika nach Bedarf einnahm als empfohlen: Dieses deute darauf hin, daß die Asthmakontrolle durch die antientzündliche Dauertherapie aufgrund mangelnder Aufklärung und Mitarbeit des Patienten ungenügend ist.

Andere Untersuchungen zeigen, daß Patienten weniger als 70 Prozent der für die Dauertherapie verschriebenen Dosen einnehmen oder die Medikamente sogar für eine Woche aussetzen. Als wesentliche Gründe für die Complianceprobleme werden Vergeßlichkeit, Angst vor Nebenwirkungen und falsche Anwendung der Medikamente, vor allem der Dosieraerosole genannt.

Die Patienten müssen durch entsprechende Beratung nicht nur in die Lage versetzt werden, zwischen Bedarfs- und Dauermedikation zu unterscheiden. Sie müssen lernen, richtig zu inhalieren, Peak-flow-Messungen lege artis durchzuführen beziehungsweise Buch über Symptome und Medikamentenverbrauch zu führen. Professor Dr. Karl Thoma, München, sprach von einer Herausforderung für den Apotheker, Betroffenen Hilfestellung zu geben und zugleich zu zeigen, daß die Begriffe Apotheke und Arzneimittelsicherheit Synonyme sind.

Erste Erfahrungen bei der Betreuung von Patienten mit Atemwegserkrankungen hat das Augsburger Modell gebracht, das sich unter anderem der intensiven Erläuterung der Therapie im Sinne des behandelnden Arztes, der Erklärung der Peak-flow-Protokolle, der Angstelimination besonders bei der Anwendung von inhalativen und oralen Glucocorticoiden, vor allem aber der Dokumentation der Pharmazeutischen Betreuung widmete.

"Wir brauchen nicht nur ein Augsburger Modell, sondern 50", sagte in Davos BAK-Präsident Dr. Hartmut Schmall, der das Projekt, das nur durch den Einsatz engagierter Kollegen entstand, zur Nachahmung empfahl. Der zeitraubenden Veranstaltungen zum Thema Pharmaceutical Care müde, scheint auch mir die einzige Lösung die Devise der Augsburger Kollegen zu sein: "Wir halten es für sinnvoll, uns dem Ideal nach und nach zu nähern. Oft ist es einfacher und effektiver, kleine Schritte zu machen, als lange über den großen Wurf zu diskutieren." Pharmazeutische Betreuung im Apothekenalltag ist machbar. Weiteres Reden erübrigt sich. Man muß es nur tun.

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