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Intradermal statt intramuskulär impfen

10.01.2005  00:00 Uhr
Grippeschutz

Intradermal statt intramuskulär impfen

von Wolfgang Kämmerer, Wiesbaden

Die Impfung gegen das Influenzavirus schützt die Bevölkerung jährlich vor der Grippe und ihrem zum Teil tödlichen Ausgang. In den USA herrschte vergangenes Jahr jedoch ein erheblicher Mangel an Impfstoff, da ein Hersteller mit Produktionsproblemen zu kämpfen hatte. Daher suchten Forscher nach einem Weg, den vorhandenen Impfstoff ökonomischer einzusetzen.

Eine Möglichkeit besteht darin, die Applikationsart zu verändern. Derzeit gängig ist, den Grippeimpfstoff intramuskulär zu spritzen. Eine intradermale Applikation dagegen hätte den Vorteil, dass wesentlich weniger Impfstoff gebraucht würde. Zudem könnte dies die Ansprechrate möglicherweise verbessern, da die Haut mit ihren Antigen-präsentierenden Zellen eine gute Basis für eine Impfung darstellt. So kann die Barrierefunktion des Immunsystems der Haut zur Impfung genutzt werden, da mehr als 25 Prozent der Körperoberfläche von dendritischen Zellen bedeckt sind. Deren Funktion ist es, fremde Mikroben zu erkennen und eine effektive Immunantwort zu initiieren.

Kenney und Kollegen verglichen nun in einer Studie beide Applikationsarten miteinander. Hierzu erhielten insgesamt 100 Personen in einem Alter zwischen 18 und 40 Jahren randomisiert entweder eine intramuskuläre Injektion von 0,5 ml des trivalenten Grippeimpfstoffs oder eine intradermale Injektion von 0,1 ml des Impfstoffs. Die Applikation erfolgte in der Deltoideusregion (Schulter). Endpunkte waren Hämagglutinin inhibierende Antikörpertiter (HAI), Serokonversionen und Nebenwirkungen.

21 Tage nach intradermaler Injektion hatte sich der HAI-Titer der Patienten um die Faktoren 15,2 (H1N1-Stamm), 19 (H3N2-Stamm) und 12,4 (B-Stamm) erhöht. Die entsprechenden Faktoren nach intramuskulärer Impfung betrugen 14,9, 7,1 und 15,3. Serokonversionen und Seroprotektionsraten waren in beiden Gruppen vergleichbar. Lokale Irritationen waren bei der intradermalen Applikation zwar signifikant häufiger, jedoch von milder Natur und vorübergehend.

Fazit: Bei jungen und gesunden Erwachsenen führt die intradermale Applikation von nur einem Fünftel der intramuskulär injizierten Dosis zu einer mindestens so guten Immunität wie die herkömmliche Impfung. Vor einer routinemäßigen Anwendung sollten weitere Studien die Ergebnisse jedoch bestätigen.

Quelle: Kenney, R. T., et al., Dose sparing with intradermal injection of influenza vaccine. NEJM 351 (2004) 2295-2301. Top

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