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SARS-CoV-2

Infizierte in Deutschland eher mild erkrankt

Die Zahl der mit dem neuartigen Coronavirus Infizierten wächst auch in Deutschland, doch bislang handelt es sich bei den meisten Fällen hier um eine sehr milde Form der Erkrankung. Von einer Pandemie sprechen Experten noch nicht. 
PZ/dpa
29.02.2020  16:54 Uhr

Die Ausbreitung von SARS-CoV-2 ist nach Einschätzung der Hamburger Infektiologin Professor Dr. Marylyn Addo noch keine Pandemie in Deutschland. «Bis vor einigen Wochen hatten wir nur wenige Einzelfälle, die relativ schnell eingedämmt werden konnten», sagte die Leiterin der Sektion Infektiologie und Tropenmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf der Deutschen Presse-Agentur. Nun gebe es viele Infizierte an mehreren Orten, vor allem in Nordrhein-Westfalen, und man wisse nicht, wo die Infektion herkomme. «Insofern ist das ein dynamischeres Geschehen, das über Einzelfälle hinausgeht», meinte Addo.

Das Geschehen sei im Moment noch relativ niedriggradig. Man könne die meisten Infektionsketten zurückverfolgen. Insgesamt sei die Situation momentan noch gut unter Kontrolle. Addo fügte aber hinzu: «Wir wissen nicht, wo wir in zwei Monaten stehen.» Für die Allgemeinbevölkerung gelte nach wie vor, sich so wie in der Grippesaison üblich zu verhalten: häufig Hände waschen, sich fernhalten von infizierten oder erkrankten Personen, Nies- und Husten-Etikette beachten. «Keine weiteren Maßnahmen darüber hinaus», so lautet Addos Empfehlung.

Die Professorin zeigte Verständnis für Besorgnisse in der Bevölkerung. Gegen SARS-CoV-2 gebe es noch keine Impfung und aus China kämen bedrohlich wirkende Bilder. «Aber die Realität der Erkrankung ist ja tatsächlich – und das bestätigen auch die meisten Fälle, die wir bisher in Deutschland gesehen haben – eine sehr milde Erkältungserkrankung.»

Ob die Infektionswelle im Frühjahr oder Sommer von selbst abebbe, sei ungewiss. «Wahrscheinlich werden wir in ein paar Jahren einfach eine neue Erkältungserkrankung haben, mit der wir uns auseinandersetzen. Und hoffentlich haben wir dann einen Impfstoff dafür», sagte die Medizinerin.

Die meisten SARS-CoV-2-Infizierten haben nur eine leichte Erkältungssymptomatik mit Frösteln und Halsschmerzen oder gar keine Symptome. 15 von 100 Infizierten erkrankten schwer, hieß es vom RKI. Sie bekommen etwa Atemprobleme oder eine Lungenentzündung. Nach bisherigen Zahlen sterben ein bis zwei Prozent der Infizierten, weit mehr als bei der Grippe.

Mehr als 60 Infizierte in Deutschland

Insgesamt haben sich in Deutschland 66 Personen mit SARS-CoV-2 infiziert (Stand Samstagvormittag). Im besonders vom neuartigen Coronavirus betroffenen Bundesland Nordrhein-Westfalen haben sich vier Kindergartenkinder infiziert. Sie gehen in die Kita im Kreis Heinsberg, in der eine an Covid-19 erkrankte Frau als Erzieherin arbeitet. Das teilte der Kreis Heinsberg am Samstag nach einer Sitzung des Krisenstabs mit.

Den Kita-Kindern im Kreis Heinsberg gehe es gut, sagte eine Sprecherin des Kreises. Sie zeigten «allenfalls leichte Erkältungssymptome». Bei vier von rund 100 getesteten Jungen und Mädchen war der Befund positiv. Weitere rund 14 Kinder seien zu dem freiwilligen Test nach bisherigen Erkenntnissen nicht erschienen. Insgesamt sei die Zahl der Personen, die sich im Kreis Heinsberg mit dem Erreger SARS-CoV-2 nachweislich infizierten, damit bis Samstagmittag auf 60 gestiegen.

Fast alle Fälle in NRW haben einen Bezug zu dem Landkreis, in dem auch der Erstinfizierte des Bundeslandes Karneval feierte. In Baden-Württemberg hat das Innenministerium neben Kindern, Schülern, Lehrern und vielen Beamten nun auch Polizisten empfohlen, vorsorglich zu Hause zu bleiben, sollten sie sich zuletzt in einem Risikogebiet für das neuartige Coronavirus aufgehalten haben. Die Beamten würden vom Dienst freigestellt, bis ihr Gesundheitszustand zweifelsfrei geklärt sei.

Risikogebiete sind nach Ministeriumsangaben die norditalienische Provinz Lodi in der Region Lombardei und die Stadt Vo in der Region Venetien sowie Teile Chinas, des Irans und Südkoreas. 

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