Häufig, aber meist ungefährlich |
05.06.2018 15:28 Uhr |
Von Annette Mende, Berlin / Im fortgeschrittenen Alter hat in Deutschland etwa jeder Dritte schon einmal eine Infektion mit dem Hepatitis-E-Virus (HEV) durchgemacht. Die meisten wissen aber gar nichts davon. Denn nur selten verläuft die Erkrankung fulminant oder wird chronisch.
HEV-Infektionen sind in Deutschland mittlerweile die häufigste Ursache für akute Leberentzündungen – nachdem sie noch vor wenigen Jahren nur sehr selten vorkamen. 2017 wurden dem Robert-Koch-Institut fast 3000 Fälle von HEV-Infektion gemeldet, 2007 waren es noch unter 100. Ob hinter dieser Entwicklung jedoch tatsächlich eine Zunahme der Häufigkeit steckt, ist ungewiss. »Womöglich ist auch nur die Aufmerksamkeit für dieses Virus gestiegen und es wird häufiger getestet«, sagte Professor Dr. Thomas Berg von der Uniklinik Leipzig bei einer Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) in Berlin.
Verschiedene Genotypen
Das wichtigste Reservoir für das Hepatitis-E-Virus in Europa sind Schweine. In manchen Herden hat die Mehrzahl der Tiere eine Infektion durchgemacht und etwa 5 Prozent tragen das Virus noch in sich.
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Von dem RNA-Virus existieren verschiedene Genotypen. In Europa dominieren die Typen 3 und 4, die von Tieren auf den Menschen übertragen werden. Ihr wichtigstes Reservoir sind Schweine, sowohl Haus- als auch Wildschweine. »Es gibt Schweineherden in Deutschland, in denen 70 bis 90 Prozent der Tiere HEV-Antikörper-positiv und bis zu 5 Prozent noch Virusträger sind«, berichtete Berg. Seltener komme der Erreger auch in Rehen, Hirschen oder Kaninchen vor. Gefahr, sich anzustecken, liefen daher insbesondere Jäger und Personen, die gerne rohes Schweinefleisch essen, etwa in Form von Mett. Gut durchgegartes Fleisch sei dagegen unbedenklich: Wird das Fleisch infizierter Tiere mindestens 20 Minuten lang auf mehr als 70 °C erhitzt, tötet das die Erreger ab.
Von der so erworbenen Infektion abzugrenzen ist die Reise-Hepatitis-E, die durch HEV der Genotypen 1 und 2 ausgelöst wird. Sie sind vor allem in Afrika und Asien verbreitet und werden fäkal-oral von Mensch zu Mensch übertragen. Eine Ansteckung erfolgt meist durch verunreinigte Lebensmittel oder Trinkwasser, das nicht abgekocht wurde.
Häufig macht eine HEV-Infektion keine oder nur milde Symptome wie Oberbauchbeschwerden oder eine leichte Gelbsucht, die unbehandelt folgenlos abheilt. »Viele Patienten, die sich mit HEV infizieren, merken nichts davon«, so Berg. In Deutschland hätten bis zu 30 Prozent der Menschen über 60 Jahre Antikörper gegen HEV im Blut – ein Beleg für eine durchgemachte Infektion.
Bei immungeschwächten Personen oder wenn die Leber bereits angegriffen ist, kann die Infektion aber auch schwer verlaufen und auf andere Organe übergreifen, etwa Nerven, die Nieren oder die Bauchspeicheldrüse. Solche extrahepatischen Manifestationen, beispielsweise ein Guillain-Barré-Syndrom, können auch ohne Beteiligung der Leber auftreten. »In diesen Fällen ist es schwierig, die HEV-Infektion als Auslöser zu erkennen«, sagte Berg. Eine chronische HEV-Infektion, die letztlich zu einer Leberzirrhose führen kann, ist selten und kommt eigentlich nur bei abwehrgeschwächten Patienten vor. In diesem Fall und auch bei sehr schweren akuten Verläufen ist Ribavirin über zwölf Wochen Therapie der Wahl.
Infizieren sich Schwangere auf Reisen mit HEV, sind sie besonders gefährdet: »Insbesondere im letzten Schwangerschaftsdrittel können Infektionen mit HEV vom Genotyp 1 sogar tödlich verlaufen«, sagte Berg. Die heimischen Virustypen stellten für Schwangere dagegen kein besonderes Risiko dar.
Europäische Leitlinie
Erst vor wenigen Wochen hat die europäische Fachgesellschaft European Association for the Study of the Liver (EASL) im »Journal of Hepatology« eine Leitlinie zu Hepatitis E herausgegeben (DOI: 10.1016/j.jhep.2018.03.005). Sie thematisiert darin auch die mögliche Infektion mit HEV über Blutspenden. Momentan werden diese nicht routinemäßig auf HEV getestet. »Eine Übertragung über Blutkonserven ist jedoch sehr selten«, informierte Berg. Lediglich etwa 1 Prozent der HEV-Fälle sei durch Blutprodukte erworben. Die Leitlinie empfehle daher zwar grundsätzlich, Spenderblut auf HEV zu testen, rate aber gleichzeitig zu einer Kosten-Nutzen-Abwägung. Dabei solle unter anderem die Verbreitung des Virus in der jeweiligen Region berücksichtigt werden. /
Christina Hohmann-Jeddi / Eine Leberentzündung (Hepatitis) wird häufig durch Viren verursacht. Auslöser der klassischen Virushepatitis sind die Hepatitis-Viren A, B, C, D und E. Diese haben gleich klingende Namen, gehören aber unterschiedlichen Virusfamilien an und sind nicht verwandt.
So handelt es sich beim Hepatitis-A-Virus um ein RNA-Virus aus der Familie der Picornaviridae, das milde, von selbst ausheilende Infektionen hervorruft. Das Hepatitis-B-Virus ist ein DNA-Virus aus der Familie Hepadnaviridae, das ebenso wie das Hepatitis-C-Virus (ein RNA-Virus aus der Familie Flaviviridae) chronische Infektionen hervorruft. Letzteres wurde erst 1989 entdeckt. Noch kürzer ist das Hepatitis-D-Virus bekannt. Das defekte DNA-Virus benötigt Hepatitis-B-Viren zur Vermehrung, weshalb es nur in Doppelinfektionen vorkommt. Hepatitis E wird durch ein RNA-Virus, den einzigen Vertreter der Familie Hepeviridae, verursacht.
Auch Infektionen mit anderen Erregern können begleitend zu einer Leberentzündung führen. Dies ist zum Beispiel für das Cytomegalie-, Mumps-, Röteln- oder das Epstein-Barr-Virus bekannt. /