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Schließen eine Apotheke und ein Heim einen Versorgungsvertrag, müssen sich beide Parteien an die darin vorgesehene Kündigungsfrist halten. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am vergangenen Donnerstag – und kippte damit ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Celle. Dieses hatte im November 2015 die fristlose Kündigung eines Heimversorgungsvertrags durch den Träger für rechtens erklärt, weil die betroffene Apothekerin eine kostenlose Verblisterung verweigerte.
Im konkreten Fall hatte die Inhaberin einer Offizin einen Belieferungsvertrag mit einem Alten- und Pflegeheim geschlossen, in dem eine Kündigungsfrist von sechs Monaten festgehalten war. Im Jahr 2013 forderte der Träger von ihr ein Angebot über die Arzneimittelversorgung inklusive einer kostenlosen Verblisterung. Die Apothekerin sah ihre Ressourcen überstiegen und lehnte ab. Daraufhin kündigte die Betreiberin der Einrichtung den Vertrag am 3. Dezember mit Wirkung zum Jahresende und schloss zum 1. Januar 2014 ein neues Abkommen mit einer anderen Apotheke.
Die Pharmazeutin wollte das nicht auf sich sitzen lassen und reichte Klage vor dem Landgericht Hannover ein. Sie forderte rund 17.000 Euro Schadensersatz von der Heimleitung – das entspreche dem Gewinn für die Dauer von sechs Monaten, den sie aus den Umsätzen der Belieferung erzielt hätte. Das Landgericht gab der Klage statt und sprach ihr 13.700 Euro zu. Die Betreiberin des Heims legte gegen das Urteil Berufung vor dem OLG Celle ein und hatte damit zunächst Erfolg: Die Richter waren der Auffassung, der Sinn und Zweck solcher Versorgungsverträge liege «allein darin, dass die Versorgung der Heimbewohner mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten gesichert ist». Demnach dient §12a Apothekengesetz allein dem Schutz der Patienten – nicht aber der beteiligten Apotheke.
Da es sich bei der Vereinbarung ausdrücklich um einen Mustervertrag handelte, ließ das OLG jedoch Revision vor dem BGH zu. Es komme in Betracht, dass «sich die im vorliegenden Verfahren angesprochenen Fragen in einer Mehrzahl von Fällen stellen werden». Möglicherweise bedürfe es daher einer höchstrichterlichen Entscheidung durch den BGH, hieß es in der Urteilsbegründung.
Die Karlsruher Richter machten nun in dritter Instanz kurzen Prozess und stellten das ursprüngliche Urteil des Landgerichts Hannover wieder her. Klaus Laskowski, stellvertretender Geschäftsführer und Justiziar des Bayerischen Apothekerverbands, bewertet diesen Schritt durchweg positiv für die Apotheker. «Mit seiner Entscheidung hat der Bundesgerichtshof das Werteverhältnis zwischen den Vertragspartnern wieder zurechtgerückt», sagte er im Gespräch mit der PZ.
Die «abenteuerliche Argumentation» des OLG hat Laskowski zufolge unter Juristen für Kopfschütteln gesorgt. «Unabhängig vom Verblistern und Stellen von Arzneimitteln muss ein Apothekeninhaber, der ein Heim beliefern möchte, natürlich in Personal und Räumlichkeiten investieren.» Eine plötzliche Kündigung des Vertrags vonseiten der Einrichtung bedeute für die betroffene Apotheke massive finanzielle Einbußen. Er begrüße daher die Entscheidung des BGH, auch die wirtschaftlichen Belange der Offizinen zu schützen. «Die heimversorgenden Apotheken haben jetzt endlich wieder Rechtssicherheit.» (cm)
19.07.2016 l PZ
Foto: Fotolia/Jürgen Fälchle
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