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Kein Hokuspokus: Placebo ist Teil der Therapie

Nein, ein Placebo ist kein unwirksames Präparat. Placebo hat in vielen Fällen eine nicht unerhebliche Wirkung, sagt Professor Dr. Christian Büchel, Neurowissenschaftler am Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf. Entscheidend für die Wirkung seien Erwartung und Erfahrung, sagt Büchel in seinem Vortrag beim Pharmacon Meran.

 

Richtig eingesetzt könne Placebo eine Arzneimitteltherapie sehr unterstützen. Einen entscheidenden Anteil an der Placebowirkung hat das Belohnungssystem im Gehirn. Über Endorphine kann es Schmerzen ganz erheblich beeinflussen. Die körpereigenen Opioide können die auf- und absteigenden nozizeptiven Neurone ganz deutlich modulieren. 

 

Mittlerweile steht fest, dass der Placeboeffekt kein Hokuspokus ist. Dies ist laut Büchel mittlerweile in vielen Studien widerlegt. Die Erwartung spielt hierbei eine zentrale Rolle. Untersuchungen haben gezeigt, dass Probanden, die in einem Versuch einem angeblich starken Reiz ausgesetzt werden sollen, die damit verbundenen Schmerzen als deutlich stärker beschreiben als eine zweite Gruppe, die nur einem schwachen Reiz ausgesetzt wurden. Tatsächlich war der Reiz jedoch in beiden Gruppen gleich.

 

In einem anderen Versuch erhielten Probanden zwei unterschiedliche Hautcremes. Der einen Gruppe wurde gesagt, es handele sich um eine handelsübliche analgetische Creme. Die andere Gruppe erhielt eine vermeintliche «Turbohautcreme», die angeblich mit einem Laserstrahl energetisch aufgeladen wurde. Auch hier war das Produkt in beiden Fällen identisch, die Bewertung innerhalb der beiden Gruppen aber nicht. Die Lasercreme wirkte um ein Vielfaches besser.

 

Mittlerweile haben Wissenschaftler viel über den Placeboeffekt herausgefunden. Vermutlich sind endogene Opioide dabei die handelnden Akteure. Wissenschaftler haben nachweisen können, dass Naloxon den Placeboeffekt antagonisiert.

 

Richtig eingesetzt, kann der Placeboeffekt ein wichtiger Teil einer Schmerztherapie sein. Er konkurriert dabei nicht mit der klassischen Schulmedizin, sondern ergänzt die Arzneimitteltherapie. Erfahrung und Erwartung kombiniert mit einer klassischen Verumtherapie könnten den Erfolg der Therapie deutlich steigern. Eine zentrale Rolle spiele dabei der Therapeut, sein Auftreten gegenüber dem Patienten trägt neben dessen Erwartung entscheidend zum Placeboeffekt bei. Zu den Therapeuten zählte er an dieser Stelle auch die Apotheker. (dr)

 

24.05.2016 l PZ

Foto: Fotolia/denisismagilov