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Darmkrebs: Großer Aufklärungsbedarf

Darmkrebs ist heilbar. Das betonte Professor Dr. Heinz Hammer (Foto) von der Universitätsklinik Graz beim Fortbildungskongress Pharmacon in Schladming. Ob dies gelingt, hänge aber davon ab, in welchem Stadium der Erkrankung der Krebs diagnostiziert wird. «Ist der Krebs im fortgeschrittenen Stadium und metastasiert, ist er nicht mehr heilbar.» Darum sei es wichtig, Krebsvorstufen zu erkennen und zu entfernen.

 

Der Gastroenterologe präsentierte die Ergebnisse einer Untersuchung, wonach 23 Prozent aller Kolonkarzinome verhindert wurden, wenn alle Empfehlungen zu einer gesunden Lebensweise, wie regelmäßige körperliche Aktivität, Tabakverzicht und limitierter Alkoholkonsum, befolgt wurden. Die Kehrseite der Medaille: Mehr als drei Viertel aller Karzinome konnten so nicht verhindert werden. Deshalb spielt die Krebsvorsorge Hammer zufolge eine so wichtige Rolle. Die Koloskopie könne die Rate an Darmkrebstodesfällen um bis zu 95 Prozent senken. Einziger Wermutstropfen ist die Beteiligung an der Krebsvorsorge.

 

Laut Hammer lässt nur etwa jeder achte Anspruchsberechtigte die Untersuchung durchführen. Zu peinlich, zu schmerzhaft, zu gefährlich: Das seien gängige Argumente von Patienten, die sich einer Koloskopie verweigern. «Viele unterschätzen das Darmkrebsrisiko, überschätzen die Komplikationen der Koloskopie und unterschätzen wiederum die Heilungschancen bei der Krebsdiagnose im frühen Stadium», fasste Hammer das große Unwissen in der Bevölkerung über Darmkrebs und dessen Vorsorge zusammen.

 

Die Leitlinie empfiehlt der asymptomatischen Bevölkerung mit der Darmkrebsvorsorge ab einem Lebensalter von 50 Jahren zu beginnen. Verwandte ersten Grades von Patienten mit kolorektalem Karzinom haben Hammer zufolge ein deutlich erhöhtes Krebsrisiko gegenüber der Allgemeinbevölkerung. Sie sollten deshalb in einem Lebensalter, das zehn Jahre vor dem Alterszeitpunkt des Auftreten des Karzinoms beim Verwandten liegt, erstmal komplett koloskopiert werden, spätestens im Alter von 40 bis 45 Jahren. Für alle anderen Menschen rät das deutsche Vorsorge- und Früherkennungsprogramm zu einer Vorsorgekoloskopie ab dem 55. Lebensjahr. Diese sollte man bei unauffälligem Befund nach zehn Jahren wiederholen. Patienten, die keine Koloskopie wünschen, rät die Leitlinie zu einem jährlichen Test auf verstecktes Blut im Stuhl. «Ein positives Testergebnis macht dann aber eine endoskopische Untersuchung des gesamten Dickdarms erforderlich», betonte der Referent. (ss)

 

19.01.2016 l PZ

Foto: PZ/Alois Müller