Pharmazeutische Zeitung online
ZL-Reihenuntersuchung

Ranitidin-150-mg- Präparate im Vergleich

27.01.2014  15:16 Uhr

Von Mona Abdel-Tawab, Rebecca Gröner, Stefanie Spahl, Martina Vogel, Markus Waßmuth, Steffen Ziemann und Manfred Schubert-Zsilavecz / Das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker hat 2012 eine vergleichende Untersuchung von Ranitidin-150-mg-Präparaten des deutschen Marktes durch­geführt. 13 Produkte wurden hinsichtlich ihrer pharmazeutischen Qualität geprüft.

Der verbreitet angewandte Histamin-H2-Rezeptorantagonist Ranitidin wird zur Prophylaxe und Therapie Magensäure-assoziierter Erkrankungen wie Sodbrennen, Refluxösophagitis und Magengeschwüre eingesetzt. Durch die reversible kompetitive Blockade des Histamin-H2-Rezeptors kommt es zu einer Verminderung der Histamin-abhängigen Produktion von Salzsäure. Nach oraler Einnahme führt die rasche Absorption von 50 bis 60 Prozent der applizierten Ranitidin-Dosis zu maximalen Plasmakonzentrationen innerhalb von ein bis drei Stunden.

 

Die Plasmaeliminations-Halbwertszeit liegt bei circa drei Stunden, wobei 25 bis 30 Prozent der systemisch verfügbaren Wirkstoffmenge unverändert renal ausgeschieden wird (1). Während die gleichzeitige Nahrungsaufnahme keinen Einfluss auf die Pharmakokinetik ausübt, kommt es bei der gleichzeitigen Einnahme von Antazida zu einer Verminderung der Bioverfügbarkeit (2).

Material und Methoden

 

In Tabelle 1 sind die in die Untersuchung einbezogenen Fertigarzneimittel aufgelistet. Alle Präparate wurden über den pharmazeutischen Fachhandel bezogen. Die Analytik wurde nach der Monographie für »Ranitidine Tablets« des Amerikanischen Arzneibuches (USP 35) unter Berücksichtigung des Europäischen Arzneibuches (Ph. Eur. 7.0) durchgeführt. Die Untersuchung der Präparate erfolgte hinsichtlich folgender Prüfpunkte: Gleichförmigkeit der Masse, Teilbarkeit, Gehalt, in-vitro-Freisetzungsverhalten. Alle Prüfungen erfolgten vor Ablauf der Verwendbarkeitsfrist.

 

Gleichförmigkeit der Masse

 

Die Bestimmung erfolgte gemäß Europäischem Arzneibuch (Ph. Eur. 7.0, Ziffer 2.9.5, »Gleichförmigkeit der Masse einzeldosierter Arzneiformen«). Hierzu wurde durch Wägung von 20 einzelner Tabletten eines jeden Präparats die prozentuale Standardabweichung jeder einzelnen Darreichungsform vom Mittelwert ermittelt. Die abhängig von der durchschnittlichen Tablettenmasse in der Pharmakopoea festgelegten Akzeptanzkriterien wurden von allen untersuchten Präparaten erfüllt.

Tabelle 1: Untersuchte Ranitidin Filmtabletten (150 mg)

Nr. Handelsname Charge Haltbarkeit Pharmazeutischer Unternehmer
1 Ranidura T 150 mg Filmtabletten GP10512 12/2014 Mylan Dura GmbH
2 Ranitidin-ratiopharm 150mg Filmtabletten M20027 03/2014 ratiopharm GmbH
3 Ranitidin 150 – 1 A Pharma Filmtabletten CS9225 06/2015 1 A Pharma GmbH
4 Ranitidin AbZ 150 mg Filmtabletten M20027 03/2014 AbZ Pharma GmbH
5 Ranitidin AL 150 Filmtabletten 13805V 09/2014 Aliud Pharma GmbH
6 Ranitic 150 mg Filmtabletten CS9221 06/2015 Hexal AG
7 Ranitidin Sandoz 150 mg Filmtabletten CL6577 03/2015 Sandoz Pharmaceuticals GmbH
8 Ranitidin-CT 150 mg Filmtabletten M20027 03/2014 CT Arzneimittel GmbH
9 Ranitidin Basics 150 mg Filmtabletten 2183024 08/2013 Basics GmbH
10 Ranitidin 150 Heumann Filmtabletten B9882001 04/2016 Heumann Pharma GmbH & Co. Generica KG
11 Ranitidin STADA 150 mg Filmtabletten 11532 04/2014 STADApharm GmbH
12 Ranitidin Axcount 150 mg Filmtabletten RAF3L05 11/2013 Axcount Generika AG
13 Ranibeta 150 Filmtabletten C205742 07/2015 Betapharm Arzneimittel GmbH


Teilbarkeit

 

Obwohl lediglich der Beipackzettel von Ranibeta-150-mg-Filmtabletten auf eine Teilbarkeit in zwei Hälften hinweist, wurden 30 zufällig ausgewählte Tabletten von jedem Präparat mit einer Bruchkerbe gemäß den Vorgaben der Monographie zur Teilbarkeit der Ph. Eur. 7.0 »Tabletten« von Hand geteilt, 30 einzelne Teilstücke gewogen und anschließend die Standardabweichungen vom Durchschnitts­gewicht bestimmt.

 

Die Prüfung gilt als bestanden, wenn bei höchstens einem der 30 gewogenen Teilstücke die Einzelmasse zwischen 15 bis 25 Prozent von dem Mittelwert abweicht, aber bei keinem Teilstück größer 25 Prozent ist. Da Ranitidin Basics 150 mg Filmtabletten keine Bruchkerbe aufweisen, wurden sie nicht auf Teilbarkeit geprüft.

 

Ebenso wurden Ranitidin-Sandoz-150-mg-Filmtabletten nicht auf Teilbarkeit geprüft, da gemäß den Angaben im Beipackzettel die Bruchkerbe nur zum Teilen der Tabletten für ein erleichtertes Schlucken und nicht zum Aufteilen in gleiche Dosen dient. Alle auf Teilbarkeit geprüften Präparate erfüllten die Arzneibuchanforderungen zur Teilbarkeit.


Gehaltsprüfung

 

Die Gehaltsbestimmung wurde nach der Monographie »Ranitidine Tablets« der USP 35 durchgeführt. Mischmuster der Präparate wurden nach Probenaufarbeitung mittels Hochdruckflüssigchroma­tographie (HPLC) an C18-Material als stationäre Phase unter Verwendung einer Methanol-wässrigen Ammoniumacetat-Lösung (0,1M) (85:15) als mobile Phase im UV bei 322 nm vermessen.

 

Die quantitative Bestimmung des Ranitidins aus den Proben erfolgte auf Basis der Peakfläche. Hierbei wurden die Akzeptanzkriterien von 90,0 bis 110,0 Prozent des deklarierten Gehalts, die in der betreffenden Monographie der USP 35 vorgeschrieben sind, von allen getesteten Produkten eingehalten. Mit dieser Methode wurden Werte zwischen 95,6 Prozent und 98,9 Prozent der deklarierten Konzentration bestimmt (Tabelle 2).

 

In-vitro-Freisetzung

 

Auch die In-vitro-Freisetzung wurde nach den Vorgaben der Monographie für »Ranitidine Tablets« der USP 35 durchgeführt. Entsprechend den Anforderungen darf die in 900 ml Wasser mittels Paddle Apparatur freigesetzte Wirkstoffmenge nach 45 Minuten 80 Prozent (Q) der Deklaration nicht unterschreiten. Die Quantifizierung von Ranitidin aus der In-vitro-Freisetzung erfolgte nach 45 min mittels UV-Vis-Photometer bei 314 nm Detektionswellenlänge. Mit dieser Methode wurden mittlere Ranitidingehalte zwischen 90,3 und 99,8 Prozent der Deklaration bestimmt. Alle Präparate erfüllten somit die Anforderungen der USP Monographie.

 

BCS

 

Gemäß den aktuellen BCS(biopharmaceutical classification system)-Richtlinien der FDA und EU (3) wurde die Löslichkeit der höchsten therapeutischen Einzeldosis von Ranitidin (300 mg) in Testmedien mit unterschiedlichen pH-Werten (1,0; 4,6; 6,8) bei 37°C durchgeführt.

 

Zur Simulation der physiologischen Bedingungen erfolgte die Inkubation der Filmtabletten beim pH-Wert von eins (Magen-pH-Wert) über einen Zeitraum von einer Stunde, bei den pH-Werten von 4,6 und 6,8 (Dünndarm-pH-Werte) über einen Gesamtzeitraum von drei Stunden. Ranitidin zeigte dabei in allen drei Medien eine nahezu identische Löslichkeit im Bereich von 1204,1 bis 1236,5 µg/ml (pH 1: 1236,5 ± 22,3 µg/ml, pH 4,6: 1204,14 ± 9,6 µg/ml, pH 6,8: 1224,4 ± 7,3 µg/ml, n = 3). Dies entspricht im Bezug zur eingewogenen Menge einer Wiederfindung von 98,2 bis 99,6 Prozent, was auf eine vollständige Löslichkeit des Ranitidins über den gesamten gastrointestinalen Trakt hindeutet.

 

Zur Bestimmung der Permeabilität wurden Transportversuche anhand des Caco-2 Zellmodels durchgeführt. Der Wirkstoff wurde dabei sowohl in absorptiver (AàB) als auch sekretorischer Richtung (BàA) auf sein Verhalten hin untersucht und der Papp Wert [cm/s] (scheinbarer Permeabilitätskoeffizient) bestimmt. Der gefundene Papp Wert von 1,26 ± 0,32E-6 [cm/s] (n = 5) in absorptiver Richtung (AàB) liegt im mittleren permeablen Bereich (1 – 10E-6) (4).

 

Die hier ermittelten Papp Werte stehen im Einklang mit der in der Literatur erwähnten Bioverfügbarkeit von 50 bis 60 Prozent (1). In sekretorischer Richtung (BàA) steigt dieser Wert auf 6,01 ± 0,84E-6 (n = 5) an, was auf eine mögliche Beteiligung von Effluxproteinen hindeutet. Allerdings ist Ranitidin in der applizierten hohen Dosis von 300 mg kein P-gp Substrat, wie dem unveränderten Papp Wert von 1,21 ± 0,94E-6 nach Zugabe von Verapamil in absorptiver Richtung zu entnehmen ist. Auf der Basis der guten Löslichkeit bei 37 °C über den gesamten gastrointestinalen pH-Bereich und des niedrigen Permeationsvermögens kann Ranitidin als Arzneistoff der BCS-Klasse III eingestuft werden.

 

Bei der oralen Applikation von Ranitidin stellt dessen Permeationsvermögen den absorptionslimitierenden Faktor dar. Ungeachtet dessen bleibt festzuhalten, dass die in den untersuchten Präparaten verwendeten Hilfsstoffe keinen Einfluss auf die Permeabilität oder die gastrointestinale Transitzeit ausüben und alle untersuchten Arzneimittel mehr als 80 Prozent des gut löslichen Wirkstoffes innerhalb von 45 Minuten freisetzen, weshalb von einem geringen Einfluss der Formulierung auf die Bioverfügbarkeit auszugehen ist.

 

Demzufolge sind therapeutisch-relevante Unterschiede im In-vivo-Verhalten dieser Präparate nicht zu erwarten (1). Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der therapeutischen Breite des nicht bei lebensbedrohlichen Indikationen eingesetzten Wirkstoffes, können Ranitidin-150-mg-Filmtabletten bedenkenlos im Rahmen der Aut-idem-Regelung ausgetauscht werden.

Tabelle 2: Ergebnisse der Bestimmung des Gehalts, Gleichförmigkeit der Masse und der Freisetzung

Nr. Handelsname Charge Durch­schnitts­masse [mg] Gleich­förmig­keit der Masse [mg] Teilbar­keit [mg] Gehalt [%] Freisetz­ung [%]
1 Ranidura T 150 mg Filmtabletten GP10512 316,8 entspricht entspricht 98,9 95,8 (93,6 - 98,1)
2 Ranitidin-ratiopharm 150 mg Filmtabletten M20027 307,8 entspricht entspricht 95,6 94,3 (93,1 - 96,1)
3 Ranitidin 150 – 1 A Pharma Filmtabletten CS9225 265,8 entspricht entspricht 97,0 97,6 (96,6 - 99,4)
4 Ranitidin AbZ 150 mg Filmtabletten M20027 308,8 entspricht entspricht 95,9 96,0 (94,4 - 97,5)
5 Ranitidin AL 150 Filmtabletten 13805V 307,6 entspricht entspricht 97,8 95,0 (91,6 - 96,5)
6 Ranitic 150 mg Filmtabletten CS9221 265,9 entspricht entspricht 97,5 97,6 (96,9 - 98,3)
7 Ranitidin Sandoz 150 mg Filmtabletten CL6577 266,2 entspricht - 98,2 97,9 (96,3 - 99,9)
8 Ranitidin-CT 150 mg Filmtabletten M20027 308,6 entspricht entspricht 96,4 94,2 (92,1 - 99,0)
9 Ranitidin Basics 150 mg Filmtabletten 2183024 304,4 entspricht - 98,2 90,3 (89,5 - 90,8)
10 Ranitidin 150 Heumann Filmtabletten B9882001 316,9 entspricht entspricht 97,0 91,2 (90,7 - 91,8)
11 Ranitidin STADA 150 mg Filmtabletten 11532 313,1 entspricht entspricht 97,5 92,1 (91,0 - 92,9)
12 Ranitidin Axcount 150 mg Filmtabletten RAF3L05 306 entspricht entspricht 96,4 99,8 (97,9 - 101,2)
13 Ranibeta 150 Filmtabletten C205742 265,5 entspricht entspricht 97,8 95,5 (94,1 - 97,4)


Zusammenfassung

 

Alle untersuchten Ranitidin-150 mg-Präparate erfüllten die Anforderungen der Arzneibücher. Die analytischen Ergebnisse weisen auf eine hohe pharmazeutische Qualität der untersuchten Arzneimittel hin. Darüber hinaus ist bei den untersuchten Präparaten ein vergleichbares In-vivo-Verhalten zu erwarten, weshalb eine Substitution mit einem Rabattarzneimittel im Rahmen der Aut-idem-Regelung ohne Bedenken durchgeführt werden kann.

 

Hinweis

 

Die Hersteller der geprüften Produkte wurden vor der Publikation und unter Vorgabe einer Widerspruchsfrist von den Ergebnissen unterrichtet. Es erfolgten keine Einsprüche.


Abschließende Bemerkung des ZL

 

Das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker hat als unabhängige Instanz den satzungs­gemäßen Auftrag, einen Beitrag zur Arzneimittelsicherheit in der Bundesrepublik Deutschland zu leisten. In unseren vergleichenden Untersuchungen richten wir uns nach den Vorgaben geltender Arzneibücher, da deren Methoden als valide zu betrachten sind.

 

Wir heben an dieser Stelle hervor, dass die in den Pharmakopöen veröffentlichten Verfahrensweisen häufig von den herstellerspezifischen Methoden abweichen.

 

Gehaltsbestimmungen und Freisetzungsuntersuchungen nach Arzneibuchmonographie für Darreichungsformen können (im Gegensatz zu Methoden für den reinen Wirkstoff) zu Ergebnissen führen, die von jenen der Hersteller abweichen. Wir bitten (auch die Hersteller) um Verständnis, wenn das ZL nicht für jedes einzelne Präparat Produkt-spezifische Untersuchungen anstellen kann, die mit Methoden erfolgen, die speziell für die jeweilige Formulierung entwickelt und validiert wurden. /

Literatur

  1. H. Kortejärvi, M. Yliperttula,; J.B. Dressman, H.E. Junginger, K.K. Midha, V.P. Shah, D.M. Barends. Biowaiver Monographs for Immediate Release Solid Oral Dosage Forms: Ranitidine Hydrochloride. J. Pharm. Sci. 2005, 94(8), 1617 – 1625.
  2. C.J. Roberts. Clinical Pharmacokinetics of Ranitidine. Clin. Pharmacokin. 1984, 9(3), 211-221.
  3. FDA-Guideline, 2000. Waiver of In Vivo Bioavailability and Bioequivalence Studies for Immediate-Release Solid Oral Dosage Forms Based on a Biopharmaceutics Classification System.
  4. Yee, S., 1997. In Vitro Permeability Across Caco-2 Cells Can Predict In Vivo (Small Intestine) Absorption in Man – Fact or Myth. Pharm. Res. 14, 763 – 766.

PZ-Originalia . . .

In der Rubrik Originalia werden wissen­schaftliche Untersuchungen und Studien veröffentlicht. Eingereichte Beiträge sollten in der Regel den Umfang von vier Druckseiten nicht überschreiten und per E-Mail geschickt werden. Die PZ behält sich vor, eingereichte Manuskripte abzulehnen. Die veröffentlichten Beiträge geben nicht grundsätzlich die Meinung der Redaktion wieder.

 

redaktion(at)govi.de

Anschrift für die Verfasser

Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker e. V., Carl-Mannich-Straße 20, 65760 Eschborn

Mehr von Avoxa