Funktionsfähigkeit sicherstellen |
31.07.2012 14:39 Uhr |
Von Mona Tawab / Die Prüfmittelüberwachung stellt das korrekte Funktionieren aller Messgeräte einer Apotheke sicher und vermeidet damit gerätebezogene Fehler, die unter anderem zur Herstellung qualitativ minderwertiger Arzneimittel führen können. Zu den wichtigsten Arbeitsmitteln in der Apotheke zählt die Waage. Daher werden im Folgenden relevante Maßnahmen im Zusammenhang mit der Sicherstellung der Funktionsfähigkeit einer Waage erläutert.
Die vom Gesetzgeber zwingend vorgeschriebene Eichung der Waage ist eine hoheitlich behördliche Amtshandlung, die mit einem Eichsiegel am Gerät dokumentiert wird. Die ordnungsgemäße Nacheichung der in Apotheken verwendeten eichfähigen Waagen der Genauigkeitsklasse I (Feinwaagen) und II (Präzisionswaagen) sollte alle zwei Jahre veranlasst werden.
Externe Kalibrierung
Vom Hersteller bekommt die Apotheke einen Kalibrierschein, der die ordnungsgemäße Kalibrierung der Waage zertifiziert/bescheinigt. Da die auf dem Kalibrierschein festgestellten messtechnischen Eigenschaften durch den Gebrauch sowie durch Änderungen der Umgebungsbedingungen beeinträchtigt werden können, wird empfohlen, alle 12 Monate eine erneute externe Rekalibrierung durch Spezialisten vornehmen zu lassen.
Unabhängig von der Eichung und externen Kalibrierung der Waage muss die Apotheke arbeitstäglich – oder zumindest vor dem Gebrauch bei mehrtägiger Nichtbenutzung der Waage – die Funktionsfähigkeit der Waage überprüfen und dokumentieren. Dies erfolgt über die arbeitstägliche Justierung und apothekeninterne Kalibrierung der Waage. Denn eine elektronische Waage liefert nur dann korrekte Ergebnisse, wenn sie richtig justiert/kalibriert wurde.
Justierung/apothekeninterne Kalibrierung
Was ist der Unterschied zwischen Justieren und Kalibrieren? Unter Justierung versteht man das möglichst exakte Einstellen der Messgröße eines Messgerätes auf die Umgebungsbedingungen. Ziel ist es, Abweichungen zwischen dem angezeigten und dem wahren Messwert, wie sie beispielsweise bei der apothekeninternen Kalibrierung festgestellt werden kann, möglichst zu beseitigen. Ein Spezialfall der Justierung ist das Nivellieren der Libelle, also das Ausbalancieren der Waage durch Drehen an den Stellfüßen, bis sich die Luftblase der Libelle wieder in der Mitte befindet. Ist die Nivellierung der Libelle abgeschlossen, schließt sich die automatische Justierung im eigentlichen Sinne an. Sie erfolgt in der Regel über die Auto-Cal-Funktion. Dieses Justieren ist nicht mit dem arbeitstäglichen Kalibrieren von Waagen zu verwechseln, auch wenn bei einigen elektronischen Waagen älteren Modells während des Justiervorganges im Display die Anzeige »Cal« erscheint. Eine Justierung ist beim Starten der Waage und immer dann erforderlich, wenn sich die Umgebungsbedingungen wie Temperatur, Standort (auch bei einem Verrutschen oder Anstoßen beim Reinigen der Arbeitsfläche) et cetera verändern.
Empfohlene Vorgehensweise zur arbeitstäglichen Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der Waage
Zusätzlich zum Justieren ist es empfehlenswert eine apothekeninterne Kalibrierung durch Auflegen eines Prüfgewichtes durchzuführen, um zu dokumentieren, dass die Abweichung der Waagenanzeige vom wahren Wert innerhalb der Spezifikationsgrenze liegt. Bei Feinwaagen empfiehlt sich ein 100-mg-Prüfgewicht zu verwenden. Die Abweichung der Waagenanzeige vom wahren Wert sollte nicht größer als ± 1 mg sein und damit in den Grenzen von 101 bis 99 mg (0,101 bis 0,099 g) angezeigt werden. Es ist jedoch darauf zu achten, dass diese interne Kalibrierung kein Wägen von kleineren Wirkstoffmengen rechtfertigt, wenn die vom NRF empfohlene 1 % Wägegenaugikeit nicht eingehalten wird. In diesem Fall muss die eingewogene Wirkstoffmenge an die jeweilige Wägegenauigkeit der Waage angepasst werden oder die Wägegenauigkeit mit einem entsprechenden Prüfgewicht nachgewiesen werden. Bei Präzisionswaagen empfiehlt es sich, ein 10-g-Prüfgewicht zu verwenden. Die Abweichung der Waagenanzeige vom wahren Wert sollte nicht größer als ± 10 mg sein und damit in den Grenzen von 10,01 bis 9,99 g angezeigt werden. Im Unterschied zum Justieren erfolgt beim apothekeninternen Kalibrieren von Waagen kein Eingriff in das Messsystem, sondern lediglich eine Überprüfung der Waagenanzeige.
Umgang mit Funktionsstörungen
Wird bei dieser Kontrolle bemerkt, dass die Abweichung zu hoch ist, sollte die Waage erneut justiert werden. Die Häufigkeit der apothekeninternen Kalibrierung kann von der Apotheke je nach Gebrauch der Waage individuell festgelegt werden. Es empfiehlt sich jedoch für Apotheken, die Waage einmal arbeitstäglich zu justieren und durch das morgendliche Auflegen eines externen Prüfgewichtes zu kalibrieren. Die durchgeführte Kalibrierung sollte für die spätere Nachvollziehbarkeit der Messung im begleitenden Log-Buch genau dokumentiert werden.
Bei Funktionsstörungen wird umgehend der Apothekenleiter informiert. Kann die Störung von der Apotheke nicht behoben werden, wird der Servicetechniker des Herstellers bestellt. Die Waage darf ab Auftreten der Funktionsstörung nicht mehr eingesetzt werden und ist für die Verwendung zu sperren. Erst nach erfolgreicher Wartung und Überprüfung der Waage mittels Prüfgewichten, darf die Waage zur Verwendung freigegeben werden.
Muster für eine allgemeine SOP zur Durchführung von Kalibrierungen (auch für andere Prüfmittel) sowie für die Gerätekurzanweisung und Logbuch für Waagen stehen als Download auf der ZL-Homepage (www.zentrallabor.com) zur Verfügung. /
Dies ist der erste Beitrag einer 14-tägigen Serie »ZL-Praxistipp«. Zunächst wird sich das ZL aus Aktualitätsgründen Themen widmen, die im Rahmen der neuen Apothekenbetriebsordnung von Relevanz sind. In den folgenden PZ-Ausgaben werden daher Musterstandardarbeitsanweisungen SOPs (standard operating procedures) und/oder Vorlagen zu diversen im Labor anfallenden Überwachungstätigkeiten vorgestellt. Behandelt werden die Themen Prüfmittelüberwachung, Gerätedokumentation, Qualitätssicherung von analytischen Daten, Handhabung von Reagenzien/Standards, Protokollierung von Prüfergebnissen sowie die Schulung von Mitarbeitern.
Anschließend wird das ZL in kurzer und prägnanter Form diverse praxisorientierte Tipps für den Apothekenalltag geben, die auf den internen Untersuchungen, den Erkenntnissen aus den Ringversuchen sowie den Hotline-Anfragen beruhen.