Pharmazeutische Zeitung online
Zentrallaboratorium

Schlankheitsmittel unter der Lupe

29.05.2012  17:09 Uhr

ZL / Der Sommer naht – spätestens jetzt müssen die Fettpölsterchen weg. Dabei helfen sollen verheißungsvolle Schlankheitsangebote, die laut Anbieter völlig risikofrei sind. Das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker hat im Rahmen des Verbraucherschutzes verschiedene Schlankheitsmittel aus dem Internet untersucht.

Wer die Wahl hat, hat die Qual. Lieber etwas Pflanzliches für die »Naturverbundenen«? Oder einen definierten synthetischen Wirkstoff, der »seriös wirkt«, für alle, die an die Macht der Chemie glauben? Oder ein bisschen für »Body & Soul«? Am liebsten von allem ein bisschen: Und so haben sich die Mitarbeiter des ZL zum einen für ein pflanzliches »Starterpaket« entschieden; ein buntes Sortiment, bestehend aus: LiDa-Kapseln mit neuer Formel, eine Packung LiDa extrem stark, alte Formel, Lose-weight-Coffee-Pulver in Tütchen zusammen mit einer Packung Teebeutel Benefit Health-Tea.

Zum anderen konnten aus der Kategorie »klinisch erprobt« »echte« Acomplia-Kapseln und Acomplia-Tabletten erstanden werden. Erstaunlich, da das Rimonabant enthaltende verschreibungspflichtige Originalpräparat nur kurz vermarktet wurde. Bei eher mäßigem Effekt auf die Gewichtsabnahme traten nämlich als unerwünschte Wirkungen depressive Verstimmungen bis hin zum Suizid auf. Das Schlankheitsmittel wurde deshalb 2008 vom Markt genommen. Und weil »mens sana in corpore sano« gehört, wurde auch noch eine Packung »EPH100« (»Ephedrin«) erstanden. Abgerundet wurde die Bestellung mit »DMAA«-Kapseln, deren Wirkstoff Dimethylamylamin als »legale Alternative zu Amphetamin« vermehrte Adrenalinausschüttung, erhöhte Kon­­­­z­­­entrationsfähigkeit und enorme Energie verspricht. Ebenfalls erstaunlich, da die Substanz seit dem 9. April dieses Jahres verboten ist.

 

Beim Eintreffen der bestellten Waren war zwar beim pflanzlichen Starterpaket für jeden Geschmack etwas dabei, nur fehlten Umverpackung und/oder Gebrauchsinformation und/oder Inhaltsstoffangaben. Die Rimonabant-Präparate bestachen durch ihre Schlichtheit. Angekommen waren ein Blister grüne Kapseln und zwei Blister grüne Tabletten, jeweils ohne Umverpackung oder Gebrauchsanweisung. Lediglich auf der geriffelten Aluminium-Rückseite war die Essenz einer Information abgedruckt: Angegeben waren Wirkstoff (Rimonabant) und Konzentration (20 mg pro Kapsel), die verwendeten Farbstoffe für die Kapselhülle, die Hinweise zu Einnahme »gemäß Anweisung des Arztes«, zur Aufbewahrung »außer Reichweite von Kindern«, zur Dosierung »2 Kapseln pro Tag«, ein Herstell- und Verfallsdatum und eine Chargenbezeichnung »for export only« ließ sich auch noch entziffern. In großer Dose mit wuchtiger Aufmachung wurden 100 feuerrote »EPH-100« Kapseln geliefert. Zusammensetzung und Einnahmeempfehlung waren auf der Rückseite aufgedruckt. Auch die DMAA-Kapseln waren rot (nur kamen die lose im Tütchen).

 

Für die Untersuchung der teilweise komplexen Matrices mussten die unterschiedlichsten analytischen Verfahren angewandt werden, um die Ergebnisse zweifelsfrei zu bestätigen. In allen Präparaten des pflanzlichen Pakets wurde der verschreibungspflichtige, nicht deklarierte Wirkstoff Sibutramin in unterschiedlichen Konzentrationen nachgewiesen. In den »guten alten« Lida-Kapseln war der Inhaltsstoff, der aufgrund starker Nebenwirkungen in allen Industrieländern vom Markt genommen wurde, in einer niedrigen unwirksamen 1-mg-Dosis enthalten, während die »neue« Formel eine verbesserte Wirkung bei 10 mg/Kapsel entfalten könnte. Coffein, (viel) Saccharose und geringe Mengen Sibutramin (kleiner 1 mg/Beutel) fanden wir im Kaffeepulver. Tatsächlich pflanzlich war der Tee, trotzdem wurde auch hier mit einer Prise Sibutramin nachgeholfen. Untersuchungen, ob sich der Wirkstoff in einem Teeaufguss noch bemerkbar machen würde, fanden nicht statt.

 

Acomplia-Kapseln enthielten aufschlämmbare mineralische Substanzen (synonym für Dreck), aber keinen Hauch Wirkstoff, die Tabletten dagegen besaßen den einst zugelassenen Wirkstoff in der deklarierten Menge.

 

Bei den EPH-Kaspeln wurde am »EPH« gespart. Weder Ephedrin noch Ephedra-Extrakt waren nachweisbar. Neben mineralischen Füllstoffen wurde nur noch Coffein nachgewiesen. Sofern die Kapseln der Deklaration entsprechen, hätten sie rein rechnerisch eine Masse von 1,3 g aufweisen sollen. Die Kapseln brachten aber nur 1 g auf die Waage. Nur die DMAA-Kapseln hielten, was sie versprachen. Neben Kaffeesäure, Koffein und Theobromin konnte auch Dimethylamylamin nachgewiesen werden. Zu dumm, dass die Substanz verboten ist.

 

Zusammenfassend hätten wir als Ausbeute den nicht mehr zugelassenen, nicht deklarierten Wirkstoff, gar keinen Wirkstoff, den deklarierten Wirkstoff und/oder verbotenen Wirkstoff.

 

Fazit

 

Von einer Einnahme dieser Schlankmacher raten wir ab. Die getesteten Mittel stellen wegen ihrer Inhaltsstoffe teilweise eine hohe Gefahr für die Gesundheit dar. Ihre Zusammensetzung ist (wenn überhaupt) oft falsch angegeben. Der Verbraucher weiß nicht, was er einnimmt. Selbst wenn Anbieter im Internet Hersteller, Adresse und Inhaltsstoffe angeben – eine Garantie für unbedenkliche Diätmittel ist das nicht. / 

Mehr von Avoxa