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ZL-Reihenuntersuchung

Schnell freisetzende Lisinopril-10-mg-Tabletten im Vergleich

23.05.2011  14:06 Uhr

Von Astrid Kaunzinger, Jan Hüsch, Sabrina Stenzel, Mona Tawab und Manfred Schubert-Zsilavecz / Das ZL hat 2010 eine vergleichende Untersuchung von schnell freisetzenden Lisinopril-10-mg-Präparaten des deutschen Marktes durchgeführt. 22 Produkte wurden hinsichtlich ihrer pharmazeutischen Qualität geprüft.

Der Wirkstoff Lisinopril wird als ACE-Hemmer der zweiten Generation sowohl einzeln (Monotherapie), als auch innerhalb einer Kombinationstherapie mit Diuretika und/oder Calciumkanalblockern zur Therapie des Bluthochdrucks eingesetzt. Besonders in der Kombination mit Diuretika zeigt sich eine additive Verstärkung der antihypertensiven Wirkung. Weiterhin findet Lisinopril Anwendung bei der Behandlung der symptomatischen Herzinsuffizienz und zur kurzzeitigen Reinfarktprophylaxe (sechs Wochen) hämodynamisch stabiler Patienten. Aufgrund seiner nephroprotektiven Eigenschaften ist zusätzlich ein Einsatz bei Hypertonikern mit beginnender Nephropathie und Patienten mit Diabetes mellitus (Typ II) möglich.

Im Gegensatz zum Großteil der verfügbaren ACE-Hemmer ist Lisinopril, ebenso wie Captopril, kein Prodrug und benötigt somit keine enzymatische Aktivierung. Nach oraler Verabreichung werden maximale Plasmaspiegel nach circa sieben Stunden erreicht und der Wirkstoff, ohne metabolisiert zu werden, über den Urin ausgeschieden. Die mittlere Absorption beträgt etwa 25 Prozent. Typische Nebenwirkungen umfassen allergische Reaktionen der Haut (zum Beispiel Exantheme, Pruritus), angioneurotische Ödeme, einen trockenen Husten und Rhinitis. Diese werden mit einem Anstieg hochaktiver Mediatoren wie Bradykinin in Verbindung gebracht, deren Abbau infolge der ACE-Hemmung verringert wird.

 

Material und Methoden

 

In Tabelle 1 sind die in die Untersuchung einbezogenen Fertigarzneimittel gelistet. Alle Präparate wurden über den pharmazeutischen Fachhandel bezogen.

 

Die Analytik wurde nach der Monographie für »Lisinopril Tablets« des Amerikanischen Arzneibuches (USP 32) unter Berücksichtigung des Europä­ischen Arzneibuches (Ph. Eur. 6.0) durchgeführt. Die Untersuchung der Präparate erfolgte hinsichtlich folgender Prüfpunkte:

 

Gleichförmigkeit der Masse, Teilbarkeit, Gehalt, Reinheit, Gleichförmigkeit des Gehalts einzeldosierter Arzneiformen, In-vitro-Freisetzungsverhalten. Alle Prüfungen erfolgten vor Ablauf der Verwendbarkeitsfrist

 

Gleichförmigkeit der Masse

 

Die Bestimmung erfolgte gemäß Europä­ischem Arzneibuch (Ph. Eur. 6.0, Ziffer 2.9.5, »Gleichförmigkeit der Masse einzeldosierter Arzneiformen«). Hierzu wurde durch Wägung von 20 einzelner Tabletten eines jeden Präparates die prozentuale Standardabweichung jeder einzelnen Darreichungsform vom Mittelwert ermittelt. Die abhängig von der durchschnittlichen Tablettenmasse in der Pharmakopoe festgelegten Akzeptanzkriterien wurden von allen untersuchten Präparaten voll erfüllt.

Teilbarkeit

 

Gemäß Ph. Eur. 6.0 »Tabletten« wurden nach vorschriftsmäßiger Teilung von n = 30 Tabletten, 30 einzelne Teilstücke gewogen und anschließend die Standardabweichungen vom Durchschnittsgewicht bestimmt. Die Prüfung gilt als bestanden, wenn bei höchstens 1 der 30 gewogenen Teilstücke die Einzelmasse zwischen 15 und 25 Prozent von dem Mittelwert abweicht, aber bei keinem Teilstück > 25 Prozent. Alle Präparate erfüllten diese Anforderungen. Nicht in allen Gebrauchsinformationen wird explizit auf Teilbarkeit hingewiesen.

 

Gehaltsprüfung

 

Die Gehaltsbestimmung wurde nach der Monographie »Lisinopril Tablets« der USP 32 durchgeführt. Der Arzneistoff wurde nach Probenaufarbeitung mittels Hochdruckflüssigchromatografie (HPLC) an C8-Material als stationärer Phase und einem binären Fließmittelgemisch mit Peakreagenz bei 40 °C gegenüber externem Standard quantifiziert. Mit isokratischer Elution wurde die Absorption der Proben im UV bei 215 nm gegenüber Referenzstandard gemessen. Hierbei wurden die Akzeptanzkriterien von 90,0 bis 110,0 Prozent des deklarierten Gehalts, die in der betreffenden Monographie der USP 32 vorgeschrieben sind, von allen getesteten Produkten eingehalten. Mit dieser Methode wurden Werte zwischen 96,4 Prozent und 102,7 Prozent der deklarierten Konzentration bestimmt (Tabelle 2).

 

Reinheitsprüfung

 

Die Untersuchung auf unbekannte Verunreinigungen wurde gemäß der USP 32 nach der Monographie für »Lisinopril Tablets«, Prüfpunkt »Related compounds« mittels HPLC bei 215 nm und 40 °C an C8 durchgeführt. In keinem der Präparate waren unbekannte Verunreinigungen außerhalb des zulässigen Grenzwertes von 2,0 Prozent nachweisbar (Berichtsgrenze ≥ 0,1 Prozent, Summe aller VU´s ³ 2,0 Prozent). Alle Präparate erfüllten die Anforderungen.

 

Gleichförmigkeit des Gehalts

 

Die Gehaltsbestimmung wurde nach der Monographie »Lisinopril Tablets« des Amerikanischen Arzneibuches (USP 32) durchgeführt. Der Arzneistoff wurde nach Probenaufarbeitung mittels Hochdruckflüssigchromatografie (HPLC) an C8-Material als stationärer Phase bei einer Detektionswellenlänge von 215 nm quantifiziert. Bei isokratischer Elution wurde über externen Referenzstandard der Lisinoprilgehalt von n=10 Einzeldarreichungsformen ermittelt (Tabelle 2, angegeben ist der resultierende Mittelwert und AV nach Ph. Eur.). Die Gleichförmigkeit des Gehalts (Content Uniformity, CU) wurde gemäß Ph. Eur. 2.9.40 über den Akzeptanzwert (Acceptance Value, AV) mit den Anforderungen aus der Tabelle 2.9.40-2 ausgewertet. Die Anforderungen der Prüfung »Gleichförmigkeit einzeldosierter Arzneiformen« sind erfüllt, wenn der Akzeptanzwert der ersten zehn untersuchten Einheiten kleiner oder gleich L1 (= 15) ist. Alle Präparate erfüllten diese Anforderungen.

 

In-vitro-Freisetzung

 

Auch die In-vitro-Freisetzung wurde nach den Vorgaben der Monographie für »Lisinopril Tablets« der USP 32 durchgeführt. Entsprechend den Anforderungen darf die in 0,1 M HCl mittels Paddle Apparatur freigesetzte Wirkstoffmenge nach 30 Minuten 80 Prozent (Q) der Deklaration nicht unterschreiten. Die Quantifizierung von Lisinopril aus der In-vitro-Freisetzung erfolgte nach der Probennahme mittels HPLC bei 215 nm Detektionswellenlänge an C8-Material als stationärer Phase. Nach 30 Minuten wurden hierbei mittlere Lisinoprilgehalte zwischen 93,9 und 101,7 Prozent der Deklaration bestimmt.

 

BCS

 

Gemäß den aktuellen FDA- und EU-BCS-Richtlinien wurde die Löslichkeit der höchsten therapeutischen Einzeldosis von Lisinopril (40 mg) in jeweils 250 ml Testmedium bei unterschiedlichen pH-Werten (1,0; 4,6; 6,8) durchgeführt. Die Inkubation erfolgte, zur Simulation der physiologischen Bedingungen im Magen und Dünndarm, über einen Zeitraum von einer (pH 1) beziehungsweise drei Stunden (pH 4,6 und 6,8). Lisinopril zeigte dabei eine vollständige Löslichkeit über den gesamten pH-Bereich.

PZ-Originalia

In der Rubrik Originalia werden wissen­schaftliche Untersuchungen und Studien veröffentlicht. Eingereichte Beiträge sollten in der Regel den Umfang von zwei Druckseiten nicht überschreiten und per E-Mail geschickt werden. Die PZ behält sich vor, eingereichte Manuskripte abzulehnen. Die veröffentlichten Beiträge geben nicht grundsätzlich die Meinung der Redaktion wieder.

Zur Bestimmung der Permeabilität wurden Untersuchungen anhand des Caco-2-Modells mit der höchsten therapeutischen Einzeldosis von 40 mg durchgeführt. Dabei wurde der Anteil des transportierten Wirkstoffs sowohl in absorptiver (AB, apikal nach basolateral AB 37 °C, 4 °C) als auch sekretorischer Richtung (BA, basolateral nach apikal BA 37 °C), unter verschiedenen Bedingungen, über einen Verlauf von 75 Minuten bestimmt (Abnahmezeitpunkte nach jeweils 15 Minuten). Die ermittelten Werte lagen dabei unter dem Limit of Quantification (LOQ) von 0,75 µg/ml der validierten HPLC-Methode. Eine entsprechende Literaturrecherche bestätigt die Vermutung einer geringen Permeabilität. So beträgt die mittlere Absorption von Lisinopril nur etwa 25 Prozent (Schwankungsbreite zwischen den Patienten: 6 bis 60 Prozent; Dosisbereich 5 bis 80 mg), wobei maximale Plasmaspiegel innerhalb von sieben Stunden erreicht werden (1).

 

Auf der Basis der vollständigen Löslichkeit von Lisinopril im intestinalen Bereich und der schlechten Permeabilität im Caco-2 Modell ist Lisinopril der BCS-Klasse III (2, 3, 4) zuzuordnen, in der die Absorption der limitierende Faktor der Bioverfügbarkeit darstellt.

Tabelle 1: Untersuchte Lisinopril-Fertigarzneimittel (10 mg Tabletten)

Nummer Handelsname Pharmazeutischer Unternehmer/Mitvertrieb Chargen-Nummer Haltbarkeit
 1 Lisinopril Sandoz®
10 mg Tabletten
Sandoz Pharmaceuticals GmbH AR2741 10/2013
 2 Lisinopril AL 10 mg Aliud® Pharma GmbH 94966 12/2012
 3 Lisinopril AbZ 10 mg Tabletten AbZ-Pharma GmbH J38171 10/2013
 4 Lisinopril Atid®
10 mg Tabletten
Dexcel ® Pharma GmbH 10D115 03/2013
 5 Lisinopril Stada®
10 mg Tabletten
Stadapharm GmbH 93149 07/2012
 6 Lisinopril 10 Heumann Heumann Pharma GmbH & Co. Generica KG/norispharm GmbH/Heunet Pharma GmbH B8490001 01/2014
 7 Lisinopril 10 mg AAA-Pharma Tabletten AAA-Pharma GmbH 0912103 11/2012
 8 Lisinopril-ratiopharm®
10 mg Tabletten
Ratiopharm GmbH K10878 02/2014
 9 Lisinopril-corax®
10 mg Tabletten
corax pharma GmbH 091003 09/2012
10 Lisinopril-Actavis 10 mg Tabletten Actavis Group PTC ehf./Actavis Deutschland GmbH & Co. KG F18282 10/2012
11 Lisinopril-Teva®
10 mg Tabletten
Teva Generics GmbH 1005447 02/2012
12 Lisinopril 10 – 1A Pharma® 1A Pharma GmbH AW3795 02/2015
13 Lisinopril-Q®
10 mg Tabletten
Juta Pharma GmbH / Q-Pharm AG F17369 06/2013
14 Lisibeta®
10 mg Tabletten
Betapharm Arzneimittel GmbH 1275015 03/2013
15 Lisodura®
10 mg Tabletten
Mylan dura GmbH 143004A 09/2011
16 Lisihexal®
10 mg Tabletten
Hexal AG AW6388 09/2013
17 Lisigamma®
10 mg Tabletten
Wörwag Pharma GmbH & Co. KG 0910204 09/2012
18 Lisi Lich®
10 mg Tabletten
Winthrop Arzneimittel GmbH 2250303M 10/2012
19 Acerbon®
10 mg Tabletten
AstraZeneca GmbH LJ03M1 08/2013
20 Lisinopiril-CT 10 mg Tabletten Heumann Pharma GmbH & Co. Generica KG K11219 02/2014
21 Lisi-Hennig®
10 mg Tabletten
Ct-Arzneimittel GmbH 909010 07/2011
22 Lisidigal®
10mg Tabletten
Hennig Arzneimittel GmbH & Co. KG 090801 08/2012

Zusammenfassung und Hinweis

 

Alle untersuchten Lisinopril-10-mg-Präparate erfüllten die Anforderungen der Arzneibücher. Die analytischen Ergebnisse weisen darauf hin, dass die 22 schnell freisetzenden Präparate eine hohe pharmazeutische Qualität aufweisen und vergleichbar sind. Die Untersuchungsergebnisse können im Hinblick auf die Aut-idem-Regelung in der Apothekenpraxis von Bedeutung sein.

 

Die Hersteller der geprüften Produkte wurden vor der Publikation und unter Vorgabe einer Widerspruchsfrist von den Ergebnissen unterrichtet. Es erfolgten keine Einsprüche.

Tabelle 2: Gehaltsbestimmung, Reinheitsbestimmung und Wirkstoff-Freisetzung

Nummer Handelsname Chargen-Nummer Gehalt
[Prozent]
Gleichförmigkeit
des Gehalts [Prozent]
AV
(Ph. Eur. 2.9.40)
Freisetzung
nach 30 Minuten
 1 Lisinopril Sandoz®
10 mg Tabletten
AR2741 101.2 101.8 3.1 100.7
 2 Lisinopril AL 10 mg 94966 101.0 102.0 3.3 100.7
 3 Lisinopril AbZ 10 mg Tabletten J38171 97.9 99.2 3.0 96.8
 4 Lisinopril Atid®
10 mg Tabletten
10D115 100.4 101.4 3.4 98.9
 5 Lisinopril Stada®
10 mg Tabletten
93149 100.6 100.5 4.0 99.5
 6 Lisinopril 10 Heumann B8490001 101.1 99.7 4.2 99.2
 7 Lisinopril 10 mg AAA-Pharma Tabletten 0912103 101.6 102.3 5.4 101.5
 8 Lisinopril-ratiopharm®
10 mg Tabletten
K10878 99.6 99.1 2.4 98.2
 9 Lisinopril-corax®
10 mg Tabletten
091003 99.3 98.5 2.0 98.7
10 Lisinopril-Actavis 10 mg Tabletten F18282 99.3 99.2 3.3 98.0
11 Lisinopril-Teva®
10 mg Tabletten
1005447 99.6 98.2 3.9 100.0
12 Lisinopril 10 – 1A Pharma® AW3795 100.6 98.9 3.0 101.2
13 Lisinopril-Q®
10 mg Tabletten
F17369 99.1 97.9 5.7 97.2
14 Lisibeta®
10 mg Tabletten
1275015 99.3 98.2 4.8 97.6
15 Lisodura®
10 mg Tabletten
143004A 101.0 99.7 4.1 101.0
16 Lisihexal®
10 mg Tabletten
AW6388 99.6 98.2 5.3 97.6
17 Lisigamma®
10 mg Tabletten
0910204 101.2 100.2 3.7 99.5
18 Lisi Lich®
10 mg Tabletten
2250303M 99.0 97.6 2.7 98.3
19 Acerbon®
10 mg Tabletten
LJ03M1 98.6 97.5 2.6 96.8
20 Lisinopiril-CT 10 mg Tabletten K11219 101.0 100.1 3.4 101.1
21 Lisi-Hennig®
10 mg Tabletten
909010 96.4 98.6 12.2 93.9
22 Lisidigal®
10 mg Tabletten
090801 102.8 101.6 3.8 101.7

Abschließende Bemerkung des ZL

 

Das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker hat als unabhängige Instanz den satzungsgemäßen Auftrag, einen Beitrag zur Arzneimittelsicherheit in der Bundesrepublik Deutschland zu leisten. In unseren vergleichenden Untersuchungen richten wir uns nach den Vorgaben geltender Arzneibücher, da deren Methoden als valide zu betrachten sind.

 

Wir möchten an dieser Stelle aber hervorheben, dass die in den Pharmakopöen veröffentlichten Verfahrensweisen häufig von den herstellerspezifischen Methoden abweichen.

 

Eine Gehaltsbestimmung oder Freisetzungsuntersuchungen nach Arzneibuchmonographie für Darreichungsformen können (im Gegensatz zu Methoden für den reinen Wirkstoff) zu Ergebnissen führen, die von denen der Hersteller abweichen, weil normalerweise erst nach einer Validierung in Bezug auf die Produktmatrix aussagekräftige Ergebnisse erhalten werden. Wir bitten (auch die Hersteller) um Verständnis, wenn das ZL leider nicht für jedes einzelne Präparat Untersuchungen anstellen kann, die mit gerade den Methoden erfolgen, die speziell für die jeweilige Formulierung entwickelt und validiert wurden. /

Kontakt

Zentrallaboratorium der Deutschen Apotheker (ZL)

Carl-Mannich-Straße 20

65760 Eschborn

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