Neue Weihrauchformulierungen bei entzündlichen Hauterkrankungen |
18.09.2007 11:57 Uhr |
Neue Weihrauchformulierungen bei entzündlichen Hauterkrankungen
Von Oliver Werz
Boswelliasäuren gelten als Wirksamkeit bestimmende Inhaltstoffe des Weihrauchs. Die Verwendung von speziellen Weihrauch-Extrakten in Dermatika zur Behandlung von Neurodermitis und Psoriasis ist ein neuer Forschungsansatz, der im Rahmen eines Kooperationsprojekts untersucht werden soll.
Entzündliche Erkrankungen, sowohl äußerlich (zum Beispiel Psoriasis, Neurodermitis, Ekzeme) als auch innerlich (zum Beispiel rheumatoide Arthritis, Morbus Crohn), sind im Grunde genommen physiologische Reaktionen des Gefäßbindegewebes, die nach Einwirkung schädlicher äußerer Einflüsse (Noxen) verschiedenster Art (chemisch, physikalisch, mechanisch) sowie nach Infektionen mit Mikroorganismen auftreten. Auf molekularer Ebene sind Entzündungen durch erhöhte Bildung und Freisetzung von Entzündungsmediatoren gekennzeichnet, zu denen unter anderem Zytokine, Prostaglandine und Leukotriene zählen. Diese Mediatoren werden von komplex regulierten Enzymen synthetisiert, welche durch proinflammatorische Einflüsse reichlich gebildet werden. Ziel der Pharmakotherapie ist es, die Expression dieser Enzyme zu unterdrücken (zum Beispiel durch Glucocorticoide) und/oder deren Aktivierung zu hemmen (zum Beispiel durch nicht steroidale Antiphlogistika). Neue Strategien verfolgen die Blockade der beteiligten Signalwege oder die Neutralisierung von Zytokinen (sogenannte Biologicals). Trotz der intensiven Bemühungen sind die derzeitigen Möglichkeiten zur Pharmakotherapie nicht zufriedenstellend, was einerseits an der geringen Wirksamkeit der Arzneistoffe, andererseits am Auftreten von Nebenwirkungen liegt. Dementsprechend wird intensiv nach alternativen pharmakologischen Möglichkeiten und nach neuen Zielstrukturen für Arzneistoffe gesucht, um entzündliche Erkrankungen effektiv und nebenwirkungsfrei zu therapieren. Bezüglich der Akzeptanz bei Patienten geht der Trend dahin, pflanzliche Arzneien oder Wirkstoffe pflanzlicher Herkunft zu verwenden.
Weihrauchharze und/oder Extrakte daraus werden seit Jahrtausenden in der ayurvedischen Heilkunde und der Volksmedizin zur Behandlung akuter und chronischer Erkrankungen angewandt. Als »Indischer Weihrauch« oder »Olibanum« werden Harze aus Boswellia-Arten (wie Boswellia serrata, Boswellia carterii) bezeichnet. Zahlreiche Ergebnisse aus Studien an Tiermodellen und kleinerer klinischer Studien (zum Beispiel bei rheumatoider Arthritis und Morbus Crohn) bestätigen die entzündungshemmende Wirksamkeit von Weihrauchpräparaten. In Deutschland ist kein Arzneimittel auf Weihrauchbasis zugelassen, allerdings sind Weihrauchpräparate als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich oder es werden Präparate aus dem Ausland importiert. Mithilfe moderner Analysetechniken wurden in ethanolischen Extrakten des Weihrauchharzes Boswelliasäuren und andere pentazyklische Triterpene als hauptsächliche Inhaltsstoffe nachgewiesen. Erst Ende der 1980er-Jahre gaben pharmakologische Studien Hinweise auf mögliche Wirkmechanismen. Dabei wurde die 5-Lipoxygenase, das Schlüsselenzym der Leukotrienbiosynthese, als selektiver Angriffspunkt der Boswelliasäuren identifiziert. Inzwischen sind weitere Wirkprinzipien und Targets der Boswelliasäuren bekannt, die eine entzündungshemmende Wirkung des Weihrauchs untermauern.
Aufbauend auf diese Erkenntnisse entwickelte Apotheker Winfried Ertelt einen Extrakt, der, in spezielle galenische Formulierungen eingearbeitet, im Rahmen der Apotheken-Defektur seit mehr als zehn Jahren äußerlich angewendet wird. Indikationen sind im Wesentlichen Neurodermitis, Psoriasis und Arthritis. Die verträglichen und wirksamen Rezepturen wurden zu einer dermatologischen Serie optimiert, die Ende September auf der Expopharm in Düsseldorf in den Markt eingeführt wird.
Die neuen, topischen Einsatzgebiete der Heilpflanze Weihrauch sollen in naher Zukunft in der Arbeitsgruppe um Professor Dr. Oliver Werz an der Universität Tübingen im Rahmen eines Kooperationsprojektes zusammen mit Professor Dr. Johann Jauch, Universität des Saarlandes, sowie der Firma AureliaSan GmbH, Tübingen, wissenschaftlich untersucht werden.