Schnell freisetzende Alendronat-70-mg-Tabletten im Vergleich |
18.02.2010 12:18 Uhr |
Schnell freisetzende Alendronat-70-mg-Tabletten im Vergleich
Von Astrid Kaunzinger, Phillip Krüger, Petra Grötsch, Kerstin Bohlmann und Manfred Schubert-Zsilavecz
Das ZL hat 2007 eine vergleichende Untersuchung von schnell freisetzenden Alendronat-70-mg-Präparaten des deutschen Marktes durchgeführt. 16 Produkte wurden hinsichtlich ihrer pharmazeutischen Qualität geprüft. Im Rahmen dieser Reihenuntersuchung wurden die Identität, die Gleichförmigkeit der Masse, der Wirkstoffgehalt und das In-vitro Freisetzungsverhalten beurteilt.
Der Arzneistoff Alendronat ist ein synthetisches Pyrophosphatanalogon, das durch Einbau in die Hydroxylapatit-Kristalle der Knochen die osteoklastenvermittelte Knochenresorption hemmt. Der verschreibungspflichtige Wirkstoff ist in den Stärken 10 mg (täglich) und 70 mg (einmal wöchentlich) zur Therapie der postmenopausalen Osteoporose zugelassen. Weitere Zulassungen bestehen für die 10-mg-Dosierung zur Behandlung und Prophylaxe bei Glucocorticoid-induzierter Osteoporose und der Osteoporose des Mannes.
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Die einmal wöchentliche orale Gabe von 70 mg Alendronat kann als Fortschritt in der praktischen Anwendung von Bisphosphonaten gewertet werden. Pharmakokinetische Daten belegen, dass Alendronat in einer Dosierung von 10 bis 70 mg jeweils zu 0,5 bis 1 Prozent bioverfügbar ist. Etwa 50 Prozent des aufgenommenen Wirkstoffes wird in den Knochen eingebaut, die andere Hälfte wird innerhalb von sechs Stunden nahezu vollständig unverändert über die Niere eliminiert. Die Konzentration des in den Knochen gespeicherten Arzneistoffes ist bei täglicher Gabe von 10 mg oder wöchentlicher Gabe von 70 mg gleich. Auch die Raten der Zunahme der Knochendichte waren bei beiden Anwendungsformen vergleichbar. Eine Frakturstudie mit der Wochentablette wurde nicht durchgeführt.
Da die orale Bioverfügbarkeit von Bisphosphonaten generell sehr niedrig ist und durch gleichzeitige Nahrungsaufnahme zusätzlich beeinträchtigt wird, ist die korrekte Einnahme dieser Wirkstoffklasse von großer Bedeutung. Für einen optimalen Therapieeffekt von Alendronat muss dieses 30 Minuten vor Nahrungsaufnahme (Frühstück) mit einem Glas Wasser in aufrechter Haltung eingenommen werden. Die häufigsten Nebenwirkungen der Bisphosphonate betreffen gastrointestinale Störungen (1-5), die durch korrekte Tabletteneinnahme oftmals vermieden werden können.
Material und Methoden
In Tabelle 1 sind die in die Untersuchung einbezogenen Fertigarzneimittel gelistet. Alle Präparate wurden über den pharmazeutischen Fachhandel bezogen.
Nr. | Handelsname | Hersteller; Pharmazeutischer Unternehmer; Import, Umverpackung und Vertrieb | Chargen-Nr. | Haltbarkeit |
---|---|---|---|---|
1 | Alendron betapharm | Hersteller: betapharm Arzneimittel GmbH | 1081019 | 11/2008 |
2 | Fosavance | Hersteller: Froost Iberica (Spanien); Pharm. Unternehmer: Merck Sharp & Dohme (U.K.) | S5125 | 06/2008 |
3 | Fosamax 70 mg | Hersteller: Merck Sharp & Dohme (Italia); Pharm. Unternehmer: Emra-Med Arzneimittel GmbH | R6762 | 11/2009 |
4 | Fosamax | Hersteller: Merck Sharp & Dohme (Italia); Pharm. Unternehmer: Msd Sharp & Dohme GmbH | S5264 | 02/2010 |
5 | Fosamax | Hersteller: Merck Sharp & Dohme (Niederlande); Pharm. Unternehmer: kohlpharma GmbH | NE36870 | 07/2009 |
6 | Tevanate 70 mg | Hersteller: Teva UK (U.K.); Pharm. Unternehmer: Gry-Pharma GmbH | 0552020 | 05/2008 |
7 | Alendronsäure-ct 70 mg | Hersteller: Merckle GmbH; Pharm. Unternehmer: ct-Arzneimittel GmbH | G32958 | 09/2008 |
8 | Alendronsäure-ratiopharm 70 mg Tabletten | Hersteller: Merckle GmbH; Pharm. Unternehmer: ratiopharm GmbH | G35745 | 09/2008 |
9 | Alendronsäure Awd 70 mg Tabletten | Awd pharma GmbH & Co. KG | 7C012A | 03/2009 |
10 | Alendronsäure Abz 70 mg Tabletten | Hersteller: Merckle GmbH; Pharm. Unternehmer: Abz-Pharma GmbH | G32958 | 09/2008 |
11 | Alendronsäure Heumann 70 mg | Heumann Pharma GmbH & Co. Generica KG | H6009D | 08/2008 |
12 | Alendron-Sandoz | Hersteller: Salutas Pharma GmbH; Pharm. Unternehmer: Sandoz Pharmaceuticals GmbH | 7U6010 | 11/2008 |
13 | Alendronsäure Al 70 mg Tabletten | Aliud Pharma GmbH & Co. KG | 65103B | 09/2008 |
14 | Alendronsäure Stada 79 mg Tabletten | Stada Arzneimittel AG | 1964 | 10/2008 |
15 | Alendron-Hexal | Hersteller: Arrow Generics (U.K.); Pharm. Unternehmer: Hexal AG | 7U6055 | 11/2008 |
16 | Alendronsäure Merck | Hersteller: McDermott Laboratories Ltd (Irland); Pharm. Unternehmer: Merck dura GmbH | 123203D | 01/2010 |
Die Analytik wurde nach der Monographie für »Alendronic acid Tablets« des Amerikanischen Arzneibuches (USP 30) unter Berücksichtigung des Europäischen Arzneibuches (Ph. Eur. 5.00) durchgeführt. Die Untersuchung der Präparate erfolgte hinsichtlich folgender Prüfpunkte:
Identität
Gleichförmigkeit der Masse
Gehalt
In-vitro-Freisetzungsverhalten
Alle Prüfungen erfolgten vor Ablauf der Verwendbarkeitsfrist.
Gleichförmigkeit der Masse
Die Bestimmung erfolgte gemäß Europäischem Arzneibuch (Ph. Eur. 5.00, Ziffer 2.9.5, »Gleichförmigkeit der Masse einzeldosierter Arzneiformen«). Hierzu wurde durch Wägung 20 einzelner Tabletten jedes Präparates die prozentuale Standardabweichung jeder einzelnen Darreichungsform vom Mittelwert ermittelt. Das in der Pharmakopoe festgelegte Akzeptanzkriterium (für Filmtabletten mit einer Durchschnittsmasse von mehr als 80 und weniger 250 mg: maximal zwei Einzelwerte mit einer Standardabweichung von ≥ 7,5 Prozent, für Filmtabletten mit einer Durchschnittsmasse von mehr als 250 mg: maximal zwei Einzelwerte mit einer Standardabweichung von ≥ 5 Prozent) wurde von allen untersuchten Präparaten erfüllt.
Gehaltsprüfung
Die Gehaltsbestimmung wurde nach der Monographie »Alendronic acid Tablets« der USP 30 durchgeführt. Der Arzneistoff wurde nach Derivatisierung mittels9-Fluorenylmethylchloroformat in Boratpuffer mittels Hochdruckflüssigchromatografie (HPLC) unter Verwendung eines Fließmittelsystems aus Natriumcitrat-Pufferlösung, Acetonitril und Methanol an einer Ionenaustauschsäule mit Styrene-divinylbenzencopolymer-Material als stationärer Phase quantifiziert. Bei isokratischer Elution wurde die Absorption der Proben im UV (266 nm) gegenüber ebenfalls derivatisiertem Referenzstandard gemessen. Hierbei wurden die Akzeptanzkriterien von 90,0 Prozent bis 110,0 Prozent des deklarierten Gehalts, die in der USP 30 vorgeschrieben sind, von allen getesteten Produkten eingehalten. Mit dieser Methode wurden Werte zwischen 95,0 und 103,9 Prozent der deklarierten Konzentration bestimmt (siehe dazu auch Diskussion der Ergebnisse, Tabelle 2).
Nr. | Handelsname | Chargen-Nr. | Gehalt [%] der Deklaration | Freisetzung nach 15 min [%] | Freisetzung nach 30 min [%] |
---|---|---|---|---|---|
1 | Alendron betapharm | 1081019 | 97,7 | 96,6 | 99,7 |
2 | Fosavance | S5125 | 97,5 | 92,5 | 96,6 |
3 | Fosamax 70 mg | R6762 | 97,9 | 95,5 | 94,3 |
4 | Fosamax | S5264 | 98,2 | 94,3 | 95,9 |
5 | Fosamax | NE36870 | 96,1 | 93,7 | 95,4 |
6 | Tevanate 70 mg | 0552020 | 103,2 | 100,7 | 98,6 |
7 | Alendronsäure-ct 70 mg | G32958 | 96,3 | 95,0 | 100,3 |
8 | Alendronsäure-ratiopharm 70 mg Tabletten | G35745 | 97,3 | 96,2 | 98,7 |
9 | Alendronsäure Awd 70 mg Tabletten | 7C012A | 95,0 | 99,1 | 102,3 |
10 | Alendronsäure Abz 70 mg Tabletten | G32958 | 98,2 | 95,0 | 100,6 |
11 | Alendronsäure Heumann 70 mg | H6009D | 102,1 | 95,9 | 99,5 |
12 | Alendron-Sandoz | 7U6010 | 103,9 | 91,0 | 95,3 |
13 | Alendronsäure Al 70 mg Tabletten | 65103B | 97,1 | 96,6 | 97,7 |
14 | Alendronsäure Stada 79 mg Tabletten | 1964 | 99,5 | 100,4 | 101,3 |
15 | Alendron-Hexal | 7U6055 | 101,9 | 100,5 | 101,8 |
16 | Alendronsäure Merck | 123203D | 97,0 | 94,1 | 99,0 |
In-vitro-Freisetzung
Auch die In-vitro-Freisetzung wurde nach den Vorgaben der Monographie für »Alendronic acid Tablets« der USP 30 durchgeführt. Entsprechend den Anforderungen, darf die in Wasser mittels einer Paddle Apparatur freigesetzte Wirkstoffmenge nach 15 Minuten 75 Prozent der Deklaration nicht unterschreiten. Die Quantifizierung von Alendronat aus der In-vitro-Freisetzung erfolgte nach Probenaufarbeitung und Derivatisierung wiederum mittels HPLC-UV (266 nm, Methode ähnlich Gehaltsprüfung). Zur Erstellung eines Freisetzungsprofils wurden nach 15 und 30 min Proben gezogen und deren Wirkstoffgehalt bestimmt. Nach 15 Minuten wurden bereits Wirkstoffgehalte zwischen 91,0 Prozent und 100,7 Prozent der Deklaration bestimmt. Nach Ablauf von 30 Minuten wurden Wirkstoffgehalte zwischen 94,3 Prozent und 102,3 Prozent der Deklaration bestimmt. Damit erfüllten alle Arzneimittel die Anforderungen der USP 30 (Messwerte siehe Tabelle 2 und nachfolgende Abbildungen).
Die Frage, ob ein oral applizierter Arzneistoff zuverlässig wirkt, ist nicht nur von dessen pharmakodynamischen Eigenschaften abhängig, sondern wird wesentlich davon beeinflusst, wie gut und schnell der Wirkstoff systemisch verfügbar ist.Für die Charakterisierung eines Arzneistoffes anhand seiner Löslichkeit in wässrigen Medien und seiner Permeabilität gibt das »Biopharmazeutische Klassifizierungssystem« einen wissenschaftlichen Rahmen.
Die chemische Struktur und physiko-chemischen Eigenschaften von Alendronat weisen auf eine gute Wasserlöslichkeit und schlechte Permeabilität hin, waserwartungsgemäß experimentell bestätigt werden konnte. Bei Transportversuchen (37 °C) wurden bei Aufgabe der maximalen Tagesdosis (70 mg) auf die apikale Seite des Kompartiments weniger als0,18 µg/ml (entsprechend 0,07 Prozent der aufgegebenen Menge) des Wirkstoffs auf der basolateralen Seite nachgewiesen. Alendronat kann daher als schlecht permeabel und gut löslich eingestuft werden.
Zusammenfassung
Die Reihenuntersuchung zeigt, dass alle untersuchten Präparate die Anforderungen der Arzneibücher erfüllen. Die analytischen Ergebnisse weisen darauf hin, dass die 16 schnell freisetzenden Alendronat-Präparate eine hohe pharmazeutische Qualität aufweisen und vergleichbar sind.
Die Hersteller der geprüften Produkte wurden vor der Publikation und unter Vorgabe einer Widerspruchsfrist von den Ergebnissen unterrichtet.
Die Firma AWD pharma weist darauf hin, dass » ... die von Ihnen benutzte Methode der Gehaltsbestimmung gemäß USP 30 nicht die vom BfArM vorgegeben, für dieses Produkt zugelassene Methode ist. So ist zum Beispiel die Probenvorbereitung unterschiedlich, sodass nach der von Ihnen gewählten Methode offensichtlich nicht der gesamte Wirkstoff gelöst wurde. ... Die von Ihnen durchgeführten Versuche können daher auf der Basis der Daten nach unseren standardisierten und zugelassenen Methoden nicht bestätigt werden. Da insofern möglicherweise die Gefahr einer Irreführung besteht, können wir der Publikation Ihrer Versuchsdaten so nicht zustimmen. Der von Ihnen ermittelte Gehalt an Alendronat in Alendronsäure AWD 70mg Tabletten, Ch-B. 7C012A, ist nicht zutreffend. ...«
Abschließende Bemerkung des ZL
Das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker hat als unabhängige Instanz den satzungsgemäßen Auftrag, einen Beitrag zur Arzneimittelsicherheit in der Bundesrepublik Deutschland zu leisten. In unseren vergleichenden Untersuchungen richten wir uns nach den Vorgaben geltender Arzneibücher, da deren Methoden als valide zu betrachten sind. Wir möchten an dieser Stelle aber betonen, dass die in den Pharmakopöen veröffentlichten Verfahrensweisen häufig von den herstellerspezifischen Methoden abweichen. Eine Gehaltsbestimmung oder Freisetzungsuntersuchungen nach Arzneibuchmonographie für Darreichungsformen kann deshalb zu Ergebnissen führen, die von jenen der Hersteller abweichen.
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Abdelmalek M.F., Douglas D.D., Alendronate-induced ulcerative esophagitis, Am J Gastroenterol 1996; 91: 1282-1283
de Groen P.C., Lubbe D.F., Hirsch L.J. et al., Esophagitis associated with the use of Alendronate, N Engl J Med 1996; 335: 1016-1021
Maconi G., Porro G.B., Multiple ulcerative esophagitis caused by alendronate, Am J Gastroenterol 1995; 90: 1889-1890
Naylor G., Davies M.H., Oesophageal stricture associated with alendronic acid, Lancet 1996; 348: 1030-1031
Sorrentino D., Trevisi A., Bernardis V. et al., Esophageal ulceration due to alendronate, Endoscopy 1996; 28: 529
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