Zugelassene Wirkstoffe zur Lipidsenkung |
17.05.2004 00:00 Uhr |
Viele Arzneistoffe, die bei Kindern und Jugendlichen eingesetzt werden, sind für diese Altersgruppe nicht zugelassen. Der Off-label-Use blüht. Besser ist die Lage bei Kindern mit erblich bedingten Fettstoffwechselstörungen. Für die kleinen Patienten sind Pravastatin aus der Gruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer sowie der Cholesterol-Resorptionshemmer Ezetimib zugelassen.
In Deutschland sind 50 Prozent aller Medikamente, die bei Kindern angewendet werden, arzneimittelrechtlich dafür nicht zugelassen. Die europäische Kommission hat jedoch erkannt, dass für eine optimale Pharmakotherapie von Kindern geprüfte und zugelassene Arzneimittel zur Verfügung stehen müssen und daher eine Reihe von Initiativen ins Leben gerufen (Better medicines for children). Seit 2002 berät eine Gruppe von Pädiatern die europäische Arzneimittelzulassungsbehörde bei der Erstellung von Prioritätenlisten, Studienprotokollen und Gesetzesvorlagen. Aber nicht nur die Prüfung und Zulassung von Arzneistoffen, auch die Entwicklung kindgerechter Darreichungsformen muss forciert werden (1).
Die Ursache für drastisch erhöhte Blutfettwerte in frühester Jugend liegt immer in einer genetisch bedingten Stoffwechselstörung (Tabelle 1). Die häufigste primäre Hyperlipidämie ist die familiäre heterozygote (fehlerhaftes Gen nur von einem Elternteil vererbt) Hypercholesterolämie, unter der 0,2 Prozent der Kinder in Deutschland leiden. Die Cholesterolspiegel von Kindern und Jugendlichen können auf über 300 mg/dl ansteigen (2). Die Wahrscheinlichkeit, an der homozygoten Form (von beiden Elternteilen vererbt) zu leiden, ist mit 1 zu 1 Million eher gering. Bei den Patienten liegt eine genetische Veränderung des Low density lipoprotein-(LDL)-Rezeptors vor, von dem bisher 150 verschiedene Mutationen identifiziert wurden. Die Aufnahme von LDL-Cholesterol aus dem zirkulierenden Blut in die Leber ist durch die eingeschränkte Exprimierung der LDL-Rezeptoren auf der Oberfläche der Hepatozyten stark reduziert. In der Folge reichert sich LDL-Cholesterol im Serum dramatisch an, die Triglyceridwerte bleiben unbeeinflusst.
Tabelle 1: Charakteristik der primären familiären Hyperlipidämie
ErkrankungHäufigkeitVererbungDefektBlutfette familiäre Hypercholesterolämie LDL-Rezeptorsynthese heterozygote Form 1:500 dominant reduziert Chol +2Chol: Cholesterol; TG: Triglyzeride; +2 = stark erhöht; +1 = mäßig erhöht; 0 = unverändert; -1 = mäßig vermindert; -2 = stark vermindert
Die Folgen einer familiären Hypercholesterolämie sind schon früh erkennbar. Bereits im Kindesalter schreitet die atherosklerotische Veränderung der Blutgefäße voran. Die Elastizität und Kontraktibilität des Gefäßendothels sinken. In schweren Fällen kommt es zu subkutanen Cholesterolablagerungen, so genannten Xanthomen. Die massiv progredienten Gefäßveränderungen der Koronar-, Bauch- und Nierenarterien erfordern zwingend eine Therapie (3). Nicht selten erleiden die Patienten bereits in sehr jungen Jahren schwere kardiovaskuläre Ereignisse wie Herzinfarkt oder Schlaganfall.
Diät als Basistherapie
Alle Patienten mit Hyperlipidämien – Erwachsene wie Kinder – sollten als erste Maßnahme eine fettarme Diät einhalten. Während man jedoch mit kalorien- und cholesterolreduzierter Ernährung die Serumlipidspiegel bei Patienten mit sekundärer Hyperlipidämie gut absenken kann, erzielt man bei einer ererbten Lipidstoffwechselstörung nur unbefriedigende Ergebnisse. Bei der familiären Hypercholesterolämie bleiben die LDL-Werte wegen des zu Grunde liegenden LDL-Rezeptormangels weiterhin drastisch erhöht.
Das NCEP (National Cholesterol Education Program) in den USA empfiehlt ein Screening für Kinder ab zwei Jahren, wenn deren Eltern an Hypercholesterolämie oder Verwandte ersten Grades an einer frühzeitig aufgetretenen kardiovaskulären Erkrankung leiden. Diese Kinder sollten möglichst bald eine Cholesterol senkende Diät einhalten (4).
Kurzzeitstudien, die die Auswirkung gezielter, Cholesterol senkender Nahrungsergänzung beobachteten, stellten jedoch inhomogene Effekte verschiedener Stoffgruppen fest. Während die Anreicherung der Nahrung mit Ballaststoffen die Plasmalipidspiegel nicht signifikant beeinflusste und der Einsatz von Fischölen zwar einen deutlich positiven Effekt auf die Triglyceridwerte, nicht jedoch auf die LDL-Werte hatte, konnte in kleineren prospektiven Studien ein deutlicher Benefit durch nicht resorbierbare pflanzliche Sterole herausgearbeitet werden. Die LDL-Spiegel bei Kindern und Jugendlichen sanken um bis zu 15 Prozent (5). Trotzdem kann man auf Grund der mangelhaften Datenlage bislang kein Nahrungssupplement für Kinder mit familiärer Hypercholesterolämie empfehlen (6, 7).
Erreicht man beim Erwachsenen nach mehrwöchiger Diät keine ausreichende Senkung des LDL-Cholesterols, so gibt es eine Reihe von medikamentösen Therapieoptionen. Zu den lipidsenkenden Arzneistoffgruppen zählen die HMG-CoA-Reduktasehemmer, Fibrate, Gallensäure bindende Harze sowie der Cholesterol-Resorptionshemmer Ezetimib.
Bei Kindern und Jugendlichen mit familiären Dyslipoproteinämien ist die Auswahl an Arzneimitteln geringer, da die meisten Lipidsenker für Patienten unter 18 Jahren nicht zugelassen sind. Grund dafür sind die mitunter geringe Zahl an klinischen Studien mit Kindern sowie die fehlenden Erfahrungen in den einzelnen Entwicklungsabschnitten, da Kinder kein homogenes Patientenkollektiv darstellen (8). Pharmakokinetische Daten von Erwachsenen dürfen nicht auf Kinder extrapoliert werden, da sie je nach Alter und Reife enorme Unterschiede in Metabolismus und Elimination zeigen (Tabelle 2).
Tabelle 2: Altersgemäße Einstufung von Kindern
Einstufung Alter Neugeborenes 0 bis 27 Tage Kleinkind 28 Tage bis 23 Monate Kind 2 bis 11 Jahre Jugendlicher 12 bis 18 Jahre
Gallensäure bindende Harze
Die Anwendung der Gallensäure bindenden Harze Colestyramin und Colestipol ist auch im frühen Alter weitgehend unbedenklich, da diese Wirkstoffe fermentativ nicht aufschließbar sind und keine Resorption stattfindet. Colestipol ist für Kinder ab sechs Jahren zugelassen, die Dosierungsangaben schwanken zwischen 5 und 20 g täglich (9). Für Colestyramin gibt es keine Altersbeschränkung; die Dosis richtet sich nach dem Körpergewicht des Kindes (10).
Colestyramin senkt LDL-Werte um bis zu 20 Prozent, HDL- und Triglyceridwerte bleiben weitgehend unbeeinflusst (11, 12). Als Nebenwirkungen können Meteorismus, Nausea und Diarrhö auftreten, ihre Häufigkeit korreliert mit der Dosis. Die Compliance lässt oft zu wünschen übrig: Die Kinder sollen die nicht gerade wohlschmeckende Lösung bis zu dreimal täglich einnehmen. Hier kann eine feste perorale Arzneiform vorteilhaft sein (13, 14). Zwar gibt es in Deutschland eine Kautablette mit Colestyramin, allerdings stellt sich die Frage, ob eine Langzeiteinnahme von mehreren Tabletten täglich nicht trotzdem früher oder später auf Ablehnung der (kleinen) Patienten stößt.
Fibrate erst ab 18 Jahren
Fibrate senken Serumlipide, vor allem Triglyceride, durch Aktivierung der Lipoproteinlipase, woraus ein beschleunigter Katabolismus der VLDL-Lipoproteine und ein Anstieg antiatherogener HDL-Lipoproteine resultieren (VLDL: very low density lipoproteine; HDL: high densitiy lipoproteine). Die Hauptwirkung liegt in der Senkung der Triglyceridlevel. Somit sind Fibrate vor allem indiziert bei Hypertriglyceridämie als Folge von Diabetes.
Die American Diabetes Association empfiehlt bei Kindern mit Diabetes eine optimale Blutzuckereinstellung sowie eine strenge Gewichtskontrolle. Fibrate sollten erst ab einem Triglyceridwert über 1000 mg/dl zum Einsatz kommen, um eine Pankreatitis zu vermeiden (15). In Deutschland sind Fibrate für Patienten ab dem 18. Lebensjahr zugelassen, bei Jüngeren dürfen sie bei strenger Indikationsstellung angewendet werden.
Cholesterolresorption gehemmt
Ezetimib ist der erste Vertreter der neuen Wirkstoffklasse der intestinalen Cholesterol-Resorptionshemmer. Er lagert sich am Bürstensaum des Dünndarms an und wird zudem resorbiert und verstoffwechselt. Nach Verteilung über die Blutbahn hemmt Ezetimib den Cholesterol-Transporter in der Membran der Mukosazellen im Darm und bremst somit die Aufnahme von Cholesterol und verwandten Phytosterolen aus Nahrung und Galle aus dem Darmlumen in die Darmwand selektiv um etwa 50 Prozent. Seine genaue pharmakologische Wirkungsweise ist nicht bekannt.
Die intestinale Resorption von Triglyzeriden, Fett- und Gallensäuren sowie fettlöslichen Vitaminen wird nicht beeinflusst (16). Ezetimib wird gut vertragen; die Zahl berichteter Nebenwirkungen liegt auf Placeboniveau. Am häufigsten werden Kopfschmerzen, Bauchschmerzen und Diarrhö genannt. In den letzten Monaten wurden jedoch vermehrt Fälle von Myopathien, Kreatininkinase-Erhöhung sowie Transaminasen-Anstieg bei Patienten bekannt, die mit einer Kombination von Ezetimib und einem Statin behandelt worden waren (17).
Ezetimib ist für die Monotherapie ab dem 10. Lebensjahr zugelassen. Es erniedrigt die Plasmaspiegel an Gesamt- und LDL-Cholesterol, Apolipoprotein B und Triglyceriden und erhöht die Plasmawerte an HDL-Cholesterol. Unter einer Monotherapie sank der LDL-Cholesterolwert um circa 17 Prozent. Der Effekt setzte nach etwa zwei Wochen ein und hielt während der zwölfwöchigen Studiendauer an (18).
Die Besonderheit des Wirkstoffs liegt in der synergistischen Wirkung mit einem Statin. Die Lipidparameter können mit einer Wirkstoffkombination stärker erniedrigt werden als bei Gabe der Einzelsubstanzen. Die additive Gabe von Ezetimib zu einer laufenden Statintherapie bei Patienten mit primärer Hypercholesterolämie, bei denen durch Statin und Diät keine ausreichende LDL-Cholesterolsenkung erreicht werden konnte, reduzierte das LDL-Cholesterol um weitere 25 Prozent im Gegensatz zu 3,7 Prozent bei der Kombination Statin plus Placebo (19).
In multizentrischen, doppelblinden, placebokontrollierten Studien (20, 21) mit insgesamt mehr als 1300 Patienten reduzierte die Kombination von Ezetimib und Statin die LDL-Konzentration erwartungsgemäß deutlich stärker als die Monotherapie. Die LDL-Cholesterolwerte nahmen um zusätzlich circa 14 Prozent im Vergleich zu den gepoolten Daten der Statine ab. Ezetimib plus niedrig dosiertes Lovastatin oder Simvastatin (jeweils 10 mg) senkten die LDL-Konzentration etwa im gleichen Ausmaß wie die Maximaldosis von Lovastatin (40 mg) oder Simvastatin (80 mg). Seit 1. Mai dieses Jahres ist ein Kombinationspräparat mit Ezetimib und Simvastatin in Deutschland im Handel, allerdings nur für erwachsene Patienten.
Alle Studien wurden ausschließlich mit erwachsenen Probanden durchgeführt, nur bei einer kleinen Studie mit 50 Teilnehmern waren sieben jünger als 18 Jahre (22). Diese Daten machen deutlich, dass eine groß angelegte, klinische Studie mit kindlichen Probanden zu mehr Klarheit hinsichtlich einer optimierten Pharmakotherapie beitragen könnte. Auf Grund der zu erwartenden positiven Effekte könnte eine Zulassung der Kombination von Ezetimib plus Statin auch für pädiatrische Patienten hilfreich sein.
Gute Studien zu Statinen
Statine – exakter gesagt HMG-CoA-Reduktasehemmer – reduzieren hochwirksam das Gesamt- und LDL-Cholesterol. Dies gilt sowohl für die Behandlung der familiären Hypercholesterolämie als auch bei Mischformen. Zur Wirksamkeit und Verträglichkeit von Statinen bei Kindern und Jugendlichen mit erblichen Lipidstoffwechselstörungen wurden in jüngster Vergangenheit mehrere Studien publiziert (22 bis 31).
In Deutschland sind zurzeit sechs Statine zugelassen: Atorvastatin, Simvastatin, Fluvastatin, Pravastatin, Lovastatin und Rosuvastatin (Tabelle 3). Laut Fachinformation dürfen Lovastatin, Simvastatin, Fluvastatin und Rosuvastatin erst nach dem 18. Lebensjahr eingesetzt werden, Atorvastatin auch früher, aber nur durch einen nicht näher bezeichneten Spezialisten. Pravastatin ist bis dato das einzige Statin, das für Patienten ab acht Jahren sowohl in den USA als auch in Deutschland verordnet werden darf (23). In den USA erteilte die FDA für Lovastatin, Atorvastatin und Simvastatin eine Zulassung ab dem 10. Lebensjahr bei den Jungen und erlaubte die Anwendung bei Mädchen ab dem ersten Jahr nach der Menarche.
Tabelle 3: Pharmakokinetik und Dosierung der Statine bei Erwachsenen; TMD: Tagesmaximaldosis
LovastatinPravastatinSimvastatinFluvastatin Atorvastatin Rosuvastatin Bioverfügbarkeit
Experten empfehlen bei familiärer Hypercholesterolämie einen möglichst frühen Therapiebeginn, um die Endothelfunktion aufrechtzuerhalten und das Fortschreiten der Atherosklerose zu stoppen (24). Aus diesem Grund werden auch HMG-CoA-Reduktasehemmer bei jüngeren Kindern eingesetzt, allerdings im Off-label-Use. Die Eltern, die selbst unter erhöhten Cholesterolwerten leiden, geben ihre Einwilligung meist problemlos, da es in Familien mit erblicher Hypercholesterolämie immer enge Verwandte gibt, die in jungen Jahren ein schweres kardiovaskuläres Ereignis erlitten haben oder daran gestorben sind. Als Kriterien für den Einsatz von Statinen bei Kindern gelten LDL-Cholesterol-Werte über 189 mg/dl trotz Diät oder Werte über 160 mg/dl bei Patienten mit einer frühzeitigen kardiovaskulären Erkrankung in der Familienanamnese oder zwei weiteren Risikofaktoren.
Bei den vorliegenden Studien zum Einsatz von HMG-CoA-Reduktaseinhibitoren bei Kindern handelt es sich immer um Kurzzeitstudien. Längerfristige Untersuchungen werden aber von sämtlichen Autoren eingefordert. Die bisherigen Studien demonstrieren die Sicherheit und Effektivität der HMG-CoA-Reduktasehemmer als Monotherapie für Kinder - zumindest bei kurzzeitigem Einsatz.
Pravastatin für Kinder zugelassen
Pravastatin ist das erste Statin, das seit Februar dieses Jahres in Deutschland für Kinder ab acht Jahren zugelassen ist. Hinsichtlich seiner Pharmakokinetik und Pharmakodynamik gibt es keine Unterschiede zwischen Kindern und Erwachsenen (25, 26).
1996 wurden die Ergebnisse einer zwölfwöchigen klinischen Studie mit 72 Kindern im Alter von 8 bis 16 Jahren zur Effektivität und Sicherheit von Pravastatin publiziert (27). Die LDL-Werte verringerten sich in den drei Verumgruppen (5, 10 und 20 mg) dosisabhängig um 23 bis 33 Prozent, die Gesamtcholesterolwerte um 17 bis 25 Prozent. Die Serumlipidwerte blieben in der Placebogruppe mit 2 bis 3 Prozent Reduktion unverändert. Zusätzlich stiegen unter Verum dosisabhängig die HDL-Werte (4 bis 11 Prozent). Positiv vermerkt wurden die hervorragende Compliance (93 Prozent) und die sehr gute Verträglichkeit. Selten berichteten die Teilnehmer über Ausschlag, der sich binnen weniger Tage unter fortgesetzter Medikation zurückbildete, Kopfschmerzen und gastrointestinale Beschwerden. Die Autoren der Studie schlussfolgerten, dass die Anwendung von Pravastatin im Kindesalter sicher und effektiv ist und zudem gut toleriert wird.
Eine weitere randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studie mit 211 Kindern (8 bis 18 Jahre) mit familiärer Hypercholesterolämie zeigte eine verbesserte Endothelfunktion unter 20 oder 40 mg Pravastatin (28). In den zwei Jahren Studiendauer sanken die LDL-Werte im Mittel um 24 Prozent; die Dicke der Intima media in der Halsschlagader als Indikator für eine vorzeitige endotheliale Dysfunktion nahm signifikant ab. Andere Parameter wie Wachstum, pubertäre Entwicklung, Hormonspiegel und Leberenzyme waren in Verum- und Placebogruppe vergleichbar.
Auch für andere Statine existieren Kurzzeituntersuchungen mit ähnlich guten Ergebnissen. So bewies Lovastatin positive Effekte auf die LDL-Cholesterolwerte und zeigte keinen negativen Einfluss auf Wachstum, Hormon- oder Ernährungsstatus. Allerdings wurden für diese Studien nur Jungen rekrutiert; es fehlen also Aussagen zu Lovastatin bei Mädchen (29, 30). In Kurzzeitstudien mit Simvastatin nahmen Total-, LDL- und VLDL-Cholesterol und Triglyceridwerte in verschiedenen Dosierungen (5, 10, 20 und 40 mg) signifikant ab (31, 32, 33).. Weiterhin kam es zu keiner Beeinträchtigung der Sexualhormonproduktion, und die normale körperliche Entwicklung in der Pubertät wurde nicht beeinflusst (31). Die Bestätigung der normalen körperlichen und pubertären Entwicklung (Größe, Body-Mass-Index, Hormonspiegel) stellte neben der Absicherung der Effektivität einen zweiten Schwerpunkt dieser Studie dar.
Ähnlich positive Ergebnisse liegen für Atorvastatin vor. Auch dieses Statin ist in Studien eine effektive und vergleichsweise sichere Therapieoption für Kinder mit familiärer Hypercholesterolämie (34).
Fazit
Die Applikation von Statinen bei Kindern und Jugendlichen mit vererbter Lipidstoffwechselstörung kann auf der Basis der bisherigen Studien als effizient und sicher angesehen werden. Statine rufen im Allgemeinen wenig Nebenwirkungen hervor; die meisten Untersuchungen zeigten eine gute Compliance (35). Obwohl die Wirkstoffgruppe schon seit Ende der achtziger Jahre bei Kindern eingesetzt wird, hat es fast zwanzig Jahre gedauert, bis das erste Statin – Pravastatin – auch für Kinder zugelassen wurde.
Bei der familiären Hypercholesterolämie müssen die Blutfettwerte möglichst aggressiv gesenkt werden, um Herzinfarkte und Schlaganfälle bei jungen Erwachsenen zu verhindern. Daher sollten auch neue, potentere Statine wie Simvastatin, Atorvastatin und Rosuvastatin sowie synergistische Kombinationen von Statinen und Ezetimib zugelassen werden, wenn die Pharmaunternehmen entsprechende Studien zum Nutzen und Risiko bei Kindern vorlegen können.
Deutsche Pädiater fordern zu Recht ein Anreizsystem zur Förderung von klinischen Studien an Kindern nach amerikanischem Vorbild. Das US-amerikanische Gesundheitsministerium erließ 2002 den »Best Pharmaceuticals For Children Act« (BPCA) und erlaubte damit die Testung von neuen und bereits auf dem Markt befindlichen Arzneimitteln an Kindern unter Aufsicht des Gesundheitsministeriums. Als Anreiz für die erweiterte Forschung dienen Fördergelder aus einem dafür eingerichteten Fond. Weiterhin verlängert sich der Patentschutz für Medikamente, die speziell an Kindern getestet wurden. Dies zahlt sich aus. Bis Januar 2003 wiesen pharmazeutische Unternehmen in rund 400 Studien die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit von 49 Medikamenten nach. Eine Übertragung auf die europäische Praxis ist mehr als wünschenswert.
Literatur
Die Autoren
Kornelia Grießmann studierte an der Freien Universität in Berlin Pharmazie und erlangte 2002 die Approbation. Nach ihrem Aufenthalt in einer Krankenhausapotheke in Tacoma (USA) war sie in einer öffentlichen Apotheke tätig. Seit November 2003 ist sie Doktorandin bei Professor Dr. Schubert-Zsilavecz im Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker (ZL).
Karin Nemec studierte Pharmazie an der Universität Wien und legte 1990 die Fachprüfung für den Apothekerberuf ab. Bis 1993 war sie als Apothekerin in öffentlichen Apotheken tätig, seit 1994 arbeitet sie als Krankenhausapothekerin im Donauspital in Wien. 2002 wurde Mag. Pharm. Nemec zum Doktor der Naturwissenschaften an der Karl-Franzens-Universität Graz promoviert.
Manfred Schubert-Zsilavecz studierte Pharmazie in Graz und wurde 1989 promoviert. 1993 habilitierte er sich für das Fach Pharmazeutische Chemie in Graz und erhielt 1997 den Ruf auf eine Professur an der Universität Frankfurt am Main. Seit 2001 ist Schubert-Zsilavecz dort Studiendekan des Fachbereichs Chemische und Pharmazeutische Wissenschaften. Er ist Vizepräsident der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft und Wissenschaftlicher Leiter des ZL. Seine Forschungsgebiete umfassen Synthese und Struktur-Wirkungsbeziehungen von PPAR-Modulatoren, Entwicklung bioanalytischer Verfahren sowie Synthese und Strukturaufklärung von Naturstoffen.
Mona Tawab erlangte nach dem Pharmaziestudium an der Universität Kairo 1989 den akademischen Grad Bachelor of Science (B. Sc.), gefolgt von der deutschen Approbation im Jahr 1991. Nach mehrjähriger Tätigkeit in einer öffentlichen Apotheke kam sie 1999 als wissenschaftliche Angestellte ins Institut für Pharmazeutische Chemie der Universität Frankfurt am Main. Seit Mai 2003 arbeitet sie als Assistentin der wissenschaftlichen Leitung im ZL.
Für die Verfasser:
Mag. Pharm. Dr. Karin Nemec
Anstaltsapotheke Donauspital/SMZ-Ost
Langobardenstraße 122
A-1220 Wien
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