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Wirkverstärker

Impfstoff-Adjuvanzien im Vergleich

Adjuvanzien verstärken die Wirkung von Impfstoffen. Dabei wirken verschiedene Substanzen auf sehr unterschiedliche Weise, zeigt eine aktuelle Arbeit von Forschenden des Paul-Ehrlich-Instituts.  
Theo Dingermann
28.09.2021  14:00 Uhr

Die Zugabe eines Adjuvanz zu einem Impfstoff ist erforderlich, wenn beispielsweise Spaltimpfstoffe oder inaktivierte Ganzvirus-Impfstoffe eingesetzt werden. Diese Antigene wirken auf das Immunsystem so schwach, dass ohne den Zusatz von Adjuvanzien keine ausreichende Immunantwort ausgelöst würde. Über die Wirkweise der Substanzen ist bislang wenig bekannt. Daher führten Wissenschaftler um Dr. Laura Roßmann vom Paul-Ehrlich-Institut (PEI)  eine systematische Charakterisierung verschiedener Einzelkomponenten-Adjuvanzien in kultivierten menschlichen Immunzellen durch. Unter anderem wurden Adjuvanzien der ersten Generation, darunter Al(OH)3, aber auch neuere Substanzen und Adjuvanzien-Kandidaten, darunter MPL (ein TLR4-Ligand), Imiquimod (ein TLR7-Ligand) und Resiquimod (R848; ein TLR7/8-Ligand) funktional charakterisiert. Die Ergebnisse wurden aktuell im Fachjournal »Proceedings of the National Academie of Sciences USA (PNAS)« publiziert. 

Für ihre Untersuchungen verwendeten die Wissenschaftler Immunzellen, die sie aus dem Blut von 30 verschiedenen Spendern isoliert worden waren. Konkret analysierten sie den Effekt von zehn verschiedenen Adjuvanzien auf kultivierte dendritischen Zellen sowie auf  dendritische Zellen in Kokultur mit Lymphozyten .

Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass die Adjuvanzien die Immunzellen unterschiedlich stark stimulieren und somit sehr individuelle Wirkungsprofile induzieren. Einige Adjuvanzien reagierten direkt mit den dendritischen Zellen. Andere entfalteten ihre optimale Wirkung an den dendritischen Zellen erst unter Beteiligung von Lymphozyten. Und wieder andere Adjuvanzien zeigten gar keine aktivierenden Effekte an den dendritischen Zellen.

Selbst wenn verschiedene Substanzen den gleichen Immunrezeptor ansteuern, ist es möglich, dass die Bindung die Freisetzung unterschiedlicher Botenstoffe (Zytokine und Chemokine) triggert. Die Rezeptoren, die hier im Fokus des Interesses standen, waren die Toll-like-Rezeptoren TLR4, TLR7 und TLR8. Als Konsequenz der Adjuvanzwirkung wird besonders die antigenspezifische Reifung von CD4- beziehungsweise CD8-positiven T-Zellen induziert. Für Adjuvanzien, die als Liganden von TLR7- und TLR7/8 fungieren, wurde ferner eine starke Stimulation von Antikörper-produzierenden B-Zellen nachgewiesen. Bekanntlich aktiviert die mRNA, die in den entsprechenden Covid-19-Impfstoffen eingesetzt wird, eben diese TLR7/TLR8-Rezeptoren. Die bisher zugelassenen Coronaimpfstoffe kommen alle ohne Adjuvanz aus.

»Unsere Forschungsarbeiten liefern wichtige Erkenntnisse, die wir für eine zuverlässige Beurteilung der immunmodulierenden Eigenschaften von Adjuvanzien nutzen können« schreibt Professor Dr. Ger van Zandbergen in einer Pressemitteilung des PEI. Und er ergänzt: »Die von uns verwendeten Parameter können dazu dienen, weitere Kriterien für die Wirkungsweise und Sicherheit von Adjuvanzien zu definieren und zu kontrollieren. Dies kann bei der Entwicklung von Impfstoffen und der regulatorischen Kontrolle sehr hilfreich sein«.

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