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Probleme bei Impfstoff-Lieferungen

Impfgipfel: Bund und Länder treffen sich mit Herstellern

Sie sollen die Wende in der Pandemie bringen – doch bei den Massenimpfungen gibt es immer neue Probleme. Ein kurzfristig einberufener Impfgipfel am Montag soll helfen. Doch was kann die Politik jetzt tun?
dpa
PZ
29.01.2021  12:30 Uhr

Bund und Länder wollen mit einem Impfgipfel um Vertrauen der Bevölkerung für die schleppend anlaufenden Massenimpfungen gegen die Corona-Pandemie werben. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) dämpfte aber bereits die Erwartungen und stimmte auf noch «mindestens zehn harte Wochen» bis Ostern ein. Einen neuen Dämpfer erhält die Impfkampagne voraussichtlich mit dem dritten Impfstoff, dem Präparat des britisch-schwedischen Herstellers Astrazeneca, das an diesem Freitag in der Europäischen Union zugelassen werden soll. Das Präparat wird wohl nur für 18- bis 64-Jährige empfohlen, nicht für die besonders gefährdete Gruppe der Älteren.

Auf dem für Montag geplanten Impfgipfel von Bund und Ländern mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) werde über die Lage, die Ziele und das weitere Vorgehen gesprochen, teilte Spahn auf Twitter mit. Nachdem die SPD so einen Gipfel gefordert hatte, hatte Spahn am Donnerstagmorgen eine solche Ministerpräsidentenkonferenz angekündigt. Schließlich kündigte ein Regierungssprecher für diesen Montag eine Videokonferenz dazu an, an der auch weitere Minister, Vertreter der Impfstoffhersteller und von Verbänden teilnehmen sollen. Spahn betonte aber: «Auch ein Impfgipfel wird es nicht schaffen, dass etwas so Komplexes wie Impfstoffproduktion auf einmal in zwei Wochen zu hunderten oder zig Millionen stattfindet.» Wenn die Infektionszahlen sinken, könne es in den kommenden Wochen aber möglicherweise trotzdem bereits Lockerungen der Corona-Beschränkungen geben.

Laut SPD hat Spahn Vertrauen verspielt

Die SPD will, dass «zeitnah genügend Impfstoffe für alle Impfwilligen» bereitgestellt wird, wie es Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) gefordert hatte. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Ziel dieser Runde muss es sein, eine gemeinsame nationale Anstrengung auf den Weg zu bringen, die Produktion und Verteilung von Impfstoff in Deutschland zu beschleunigen.» SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil hatte Spahn vorgeworfen, durch Impfversprechen mit nur kurzer Bestandsdauer Vertrauen zu verspielen. Spahn erwiderte: «Vertrauen in dieser Krise erhalten wir nur, wenn Bund und Länder an einem Strang ziehen.» Eine Impfstoff-Produktion lasse sich nicht in vier Wochen mal eben aufbauen. «Wenn das in wenigen Monaten gelingt, ist das schon sehr schnell.» Konkret erhofft sich Spahn nach eigenen Worten von dem geplanten Gipfel eine Übersicht darüber, «welche Kooperationen der Industrie untereinander es bereits gibt – und wo wir noch unterstützen können».

Bereits vor dem Start steht eine zusätzliche Anlage des Impfstoffherstellers Biontech in Marburg. Die Produktion wurde am 15. Januar genehmigt. Im ersten Halbjahr 2021 sollen in Marburg 250 Millionen Dosen von Biontech und seines US-Partners Pfizer hergestellt werden. Weiter prüfe Biontech verschiedene Möglichkeiten, die Produktionskapazitäten durch Zusammenarbeit mit anderen pharmazeutischen Unternehmen auszuweiten, wie Spahns Ministerium vergangene Woche in einer 30-Seiten-Antwort auf SPD-Fragen zum Impfen schrieb. Es gehe dabei um Teilschritte der Herstellung.

Produktionslizenzen weitergeben

Bekanntgegeben worden seien aber auch bereits Kooperationen von Biontech mit den Unternehmen Dermapharm sowie Baxter Oncology. Geplant sei eine Produktion in Halle (Westfalen). Diskutiert wird auch über eine Lockerung des Patentschutzes. Von FDP-Chef Christian Lindner stammt der Vorstoß, Biontech und Pfizer sollten Produktionslizenzen an andere Hersteller weitergeben. Die Linke und einige Experten hatte dies verpflichtend gefordert. Die Pharmaindustrie zeigte sich wenig begeistert: Nicht umsetzbar sei das, so der Verband Forschender Arzneimittelhersteller. Dazu sein die Impfstoffherstellung zu anspruchsvoll.

Der Vorsitzende der Linksfraktion, Dietmar Bartsch, hat eine Beteiligung der Fraktionschefs im Bundestag und von Vertretern der Kommunen am sogenannten Impfgipfel am Montag gefordert. Eingeladen sollten demnach etwa Landräte und Oberbürgermeister. «Wir brauchen eine breite politische Beteiligung beim Impfgipfel», sagte Bartsch der Deutschen Presse-Agentur.

Das Parlament dürfe nicht außen vor bleiben und die Kommunen seien beispielsweise mit den Impfzentren direkt betroffen. «Es muss um die Lösung des Impfdebakels gehen - und nicht um Ausreden, warum etwas nicht geht», sagte Bartsch. Er erneuerte die Forderung seiner Partei, die Lizenzen der zugelassenen Impfstoffe freizugeben. «Alle europäischen Hersteller, die dazu in der Lage sind, müssen produzieren dürfen.»

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