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Bleibender Schutz?

Immunsystem merkt sich SARS-CoV-2-Infektion

Immer wieder wird in Frage gestellt, ob eine überstandene SARS-CoV-2-Infektion beziehungsweise eine Covid-19-Erkrankung ein anhaltendes immunologisches Gedächtnis induziert, das vor einer erneuten Infektion schützt. Zu dieser offenen Frage liefern nun Forscher der Universität Freiburg sehr ermutigende Antworten.
Theo Dingermann
16.11.2020  12:30 Uhr

Etabliert sich nach einer SARS-CoV-2-Infektion ein anhaltender Immunstatus, der vor einer erneuten Infektion beziehungsweise vor Ausbruch der Erkrankung Covid-19 schützt? Dies wird immer wieder bezweifelt, auch weil in mehreren Studien gezeigt wurde, dass SARS-CoV-2-spezifische Antikörper bei vielen Covid-19-Rekonvaleszenten nur über wenige Monate nachweisbar sind. Aus dieser Beobachtung den Schluss zu ziehen, dass diesen Menschen mit dem Verschwinden der Antikörper auch der Immunschutz abhanden gekommen ist, ist voreilig und wahrscheinlich nicht korrekt.

Evidenz für diesen Schluss liefert nun Forscherteam am Universitätsklinikum Freiburg eindrucksvoll in einer Arbeit, die in »Nature Medicine« publiziert wurde. Diesen Wissenschaftlern gelang es, spezielle Immunzellen nachzuweisen, die während einer Infektion mit SARS-CoV-2 gebildet werden. Diese Zellen zeichnen sich dadurch aus, dass sie in kleiner Zahl sehr lange im Körper persistieren, um dann bei einer erneuten Infektion eine schnelle, schützende Immunantwort zu vermitteln.

Bei den identifizierten Zellen handelt es sich um sogenannte Gedächtnis-T-Zellen.  Aus diesem Grund sind die Wissenschaftler sehr zuversichtlich, dass die Mehrheit der Menschen, die eine SARS-CoV-2-Infektion überstanden haben, signifikant vor einer erneuten Erkrankung geschützt sind. »Unsere Ergebnisse legen nahe, dass nach einer Infektion eine Immunität gegen SARS-CoV-2 erreicht werden kann. Ähnlich könnten auch Impfstoffe, die aktuell in Studien getestet werden, einen deutlichen Schutz gegen SARS-CoV-2 vermitteln«, betonen die Wissenschaftler in einer Pressemitteilung.

Schutz vermitteln SARS-CoV-2-spezifische CD8+ T-Zellen

Die Zellen, auf denen die Freiburger Wissenschaftler ihren Optimismus gründen, sind SARS-CoV-2-spezifische CD8+-T-Zellen, die gegen verschiedene Proteine des Virus gerichtet sind. Diese Zellen sind bei bis zu 70 Prozent der von Covid-19 Genesenen nachweisbar.

Diese Zellen wurden von den Freiburger Wissenschaftlern bezüglich ganz verschiedener Parameter genauer charakterisiert. So gelang es, die Zellen, die den wichtigen Immunschutz vermitteln, anhand optimaler und dominanter T-Zell-Epitope genauer zu definieren. Dazu bediente man sich einer komplexen, hochauflösenden

Ex-vivo-Analyse-Methodik. Die so charakterisierten Zellen zeigten nach Aktivierung eine rasche Induktion, anhaltende Kontraktion und das Auftreten heterogener und funktionell kompetenter, kreuzreaktiver CD8+-T-Zellantworten, wenn sich Personen mit SARS-CoV-2 infizierten.

SARS-CoV-2-spezifische CD8+-T-Gedächtniszellen wiesen funktionelle Eigenschaften auf, die mit grippespezifischen CD8+-T-Zellen vergleichbar waren. Zudem waren diese Gedächtniszellen auch bei SARS-CoV-2-Rekonvaleszenten nachweisbar, die seronegativ für Anti-SARS-CoV-2-Antikörper gegen das Spike- und das Nukleoprotein waren.

Das sind sehr erfreuliche Ergebnisse, die eindeutig eine kreuzreaktive und induzierbare SARS-CoV-2-spezifische CD8+-T-Zellantworten nachweisen, die extrem wichtig sein sollte, um einen Immunschutz bei leichter SARS-CoV-2-Infektion zu sicherzustellen.

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