Gesundheitspolitik uneinig über Sondersitzungen zu AvP-Insolvenz |
Benjamin Rohrer |
28.10.2020 11:18 Uhr |
Die Oppositionsfraktionen wollen schon bald eine neue Sondersitzung zur AvP-Insolvenz, die Koalition will das nicht und weist die Vorwürfe zurück. / Foto: imago stock&people
Die Insolvenz des privaten Rechenzentrums AvP beschäftigt inzwischen auch die Bundespolitik. Zum zweiten Mal hat sich der Gesundheitsausschuss des Bundestages am heutigen Mittwochmorgen mit der Insolvenz und den Auswirkungen auf die Arzneimittelversorgung beschäftigt. Der Finanzausschuss hat sich bislang nicht mit dem Thema beschäftigt.
Die Inhalte der heutigen Sitzung wurden als vertraulich eingestuft. Dem Vernehmen nach ging es aber in erster Linie um Hilfskredite für betroffene Apotheker. Sehr intensiv wurde über KfW-Kredite gesprochen, die sich allerdings nur in bestimmten Fällen für Apotheken eignen. Ein ganz anderes Konfliktfeld ergab sich während der Sitzung aber mit Blick auf das weitere Vorgehen in dem Fall. Denn die Oppositionsfraktionen FDP, Grüne und Linke haben darauf gepocht, schon in der kommenden Woche eine erneute Sondersitzung zur AvP-Insolvenz zu organisieren. Die Regierungsfraktionen blockierten diesen Wunsch jedoch mit ihrer Mehrheit.
In einer gemeinsamen Mitteilung der Grünen, FDP und der Linken gegenüber der PZ heißt es dazu: »Die Fraktionen von Union und SPD haben heute im Gesundheitsausschuss eine weitere Aufklärung der Umstände, die zur Insolvenz des für Apotheken tätigen Zahlungsdienstleisters AvP führten, verhindert. Die Fraktionen von Grünen, FDP und Linken hatten für die kommende Woche eine erneute Sondersitzung des Ausschusses für Gesundheit beantragt. Zuvor waren aus Sicht der drei Fraktionen bei einer 90-minütigen Sitzung des Ausschusses für Gesundheit weitere ungeklärte Fragen zur Rolle der BaFin im Vorfeld der Insolvenz und insbesondere zu ihrer Aufsichtstätigkeit aufgeworfen worden.«
Bei der ersten Sitzung des Ausschusses zu dem Thema waren drei Staatssekretäre aus den Ministerien für Gesundheit, Wirtschaft und Finanzen zugegen. Die Oppositionsfraktionen beschweren sich nun darüber, dass die Ministerien ihre damals versprochenen Berichte bislang nicht vorgelegt haben. »Für die Sondersitzung erwarten sich die drei Fraktionen unter anderem Antworten darauf, wann die BaFin erstmals Informationen über Unregelmäßigkeiten bei der AvP bekommen hat und ob sie insbesondere auf frühe Hinweise bereits im November 2019 angemessen und zügig reagiert hat.« Auch die Frage, wie den Apotheken nun geholfen werden kann, müsse im Ausschuss thematisiert werden.
Die Obleute der drei Fraktionen Kirsten Kappert-Gonther (Grüne), Andrew Ullmann (FDP) und Achim Kessler (Die Linke) sagten: »Wir sind es den betroffenen Apothekerinnen und Apothekern schuldig, dass die Ursachen der AvP-Insolvenz zügig und umfassend aufgeklärt wird. So etwas darf sich im Interesse einer verlässlichen Arzneimittelversorgung nicht wiederholen. Es ist falsch, dass die Union und SPD mit fadenscheinigen Argumenten eine weitere Aufklärung behindern. Damit entsteht der Eindruck, dass eine weitere Aufklärung auch von möglichen Versäumnissen der Aufsicht nicht gewünscht ist.«
Der Obmann der Unionsfraktion im Gesundheitsausschuss, Michael Hennrich, widersprach dieser Darstellung gegenüber der PZ. Er wies zunächst auf die Vertraulichkeit der Sitzungsinhalte hin und erklärte dann: »Es wurde das weitestgehend bestätigt, was wir aus der letzten Sitzung wussten. Deswegen ist es für uns als Große Koalition derzeit wichtig, dass der Insolvenzverwalter weiter arbeitet und bald das förmliche Insolvenzverfahren eröffnet. Erst dann haben wir konkrete und belastbare Zahlen über das Ausmaß der finanziellen Schwierigkeiten in den Apotheken, auf deren Basis wir weitere Entscheidungen treffen können.«
Aus »anderer Quelle« wisse die Koalition zudem, dass die Kredite der KfW zum Laufen kommen und sogar viele gewährt worden seien. Hennrich weiter: »Auch aus diesem Grund wollten wir dem Wunsch der Opposition, eine weitere Sondersitzung in der kommenden Woche abzuhalten, nicht entsprechen. Schließlich ist uns unklar, welche inhaltlichen Neuerungen sich bis dahin ergeben haben sollen. Fest steht aber, dass wir das Thema ernst nehmen und weiter eng im Blick behalten. Wir sollten uns im weiteren, normalen Workflow künftig regelmäßig mit dem Zwischenstand beschäftigen und hinterfragen, inwiefern die Insolvenz mögliche negative Folgen auf die Arzneimittelversorgung hat.«