Gentherapie zum auf die Haut schmieren |
Theo Dingermann |
19.12.2022 10:30 Uhr |
Bei einer Epidermolysis bullosa reagiert die Haut schon bei kleinsten Verletzungen mit extensiver Blasenbildung. / Foto: Getty Images/miriam-doerr
Forschende um Dr. Shireen V. Guide, vom Mission Dermatology Center am Children's Hospital of Orange County der University of California Irvine und dem Department of Dermatology der Stanford University School of Medicine in Stanford berichten in einer Arbeit, die jetzt im »New England Journal of Medicine« (NEJM) publiziert wurde, über Ergebnisse einer gelbasierten topischen Gentherapie bei Patienten, die an dystrophischer Epidermolysis bullosa leiden.
Bei dieser schweren Erkrankung ist das COL7A1-Gen, das für Typ-VII-Kollagen (C7) kodiert, durch Mutation inaktiviert. Der therapeutische Ansatz bestand darin, das mutierte Gen durch die topische Behandlung mit Beremagen geperpavec (B-VEC), einem Gentherapeutikum auf Basis eines Herpes-simplex-Virus Typ 1 (HSV-1), zu reparieren und so das C7-Protein durch Abgabe eines intakten COL7A1 wiederherzustellen.
B-VEC basiert auf einer replikationsdefekten HSV-1-Vektorplattform. Mit Hilfe des HSV-1-Vektors wird geeignetes genetisches Material nach Aufbringen der Vektorviren auf die Haut in den Kern der Zellen abgeben, wobei die Fremd-DNA nicht in das Genom der Zielzelle integriert wird. HSV-1 wurde gewählt, um das mit circa 9 Kilobasenpaaren sehr große COL7A1-Gen verpacken zu können. Der Vorteil einer topischen Applikation besteht darin, dass bei der Therapie das Immunsystem umgangen wird, sodass eine wiederholte Dosierung möglich ist.
Nachdem die Behandlung mit B-VEC in einer Phase I/II-Studie vielversprechende Ergebnisse gezeigt hatte, initiierten die Forschenden eine Phase-III-Studie (GEM-3), um die vorläufigen Resultate zu erhärten. Von August 2020 bis April 2021 wurden insgesamt 31 Patienten, die älter als sechs Monate waren, in die Studie aufgenommen. Bei diesen Patienten wurden jeweils zwei Läsionen, also insgesamt 62 Wunden, ausgewählt, von denen jeweils eine mit dem Gentherapeutikum in Gelform und die andere mit Placebogel über 26 Wochen behandelt wurden.
Als primärer Endpunkt wurde eine komplette Heilung über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen während der sechsmonatigen Studiendauer definiert. Dieser Endpunkt wurde bei 67 Prozent der Wunden erreicht, die mit dem Gentherapeutikum behandelt wurden, verglichen mit 22 Prozent kompletter Heilung von Wunden, die mit Placebo behandelt wurden.
Bereits nach einer Behandlungszeit von drei Monaten wurde eine komplette Wundheilung bei 71 Prozent der Wunden erreicht, die mit dem Gentherapeutikum behandelt wurden, versus 20 Prozent in der Placebogruppe. Zudem berichteten die Patienten an den mit B-VEC behandelten Wunden deutlich weniger Schmerzen während der Wundversorgung.
Mehr als die Hälfte der Patienten (18) berichteten Nebenwirkungen, die aber meist mild bis moderat ausgeprägt waren. Dazu zählten Juckreiz, Kältegefühl und ein Plattenepithelkarzinom. Fälle von Plattenepithelkarzinomen traten nur bei Wunden auf, die nicht behandelt wurden. In keinem Fall führte eine Nebenwirkung zum Abbruch der Therapie.
Die Autoren resümieren, dass eine wöchentliche Applikation von B-VAC innerhalb von sechs Monaten zu deutlich mehr Wundheilungen führte als eine Behandlung mit Placebo. Diese Resultate rechtfertigen längere und größere Studien, um offene Fragen wie die Dauerhaftigkeit der Wirkung und dies Risiken dieses Ansatzes über einen längeren Zeitraum auszuloten.