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Pilzinfektionen

Füße wollen an die Luft

Sommer, Sonne, schöne Füße. Ärgerlich, wenn jetzt ein Fuß- oder Nagelpilz stört. Bei moderater Ausprägung können PTA und Apotheker Mittel zur Selbstmedikation empfehlen. Unklare und hartnäckige Fälle gehören in die Hände des Arztes.
Nicole Schuster
29.07.2021  07:00 Uhr

Fuß- und Nagelpilz haben zwar ganzjährig Saison. Doch im Sommer, wenn viele Menschen in offenen Schuhen gepflegte Füße ausführen wollen, sind die Infektionen besonders störend. Zu schämen braucht sich deswegen allerdings niemand, handelt es sich bei den Mykosen doch um verbreitete Volkskrankheiten.

Eine Tinea pedis macht in Deutschland etwa jedem dritten Erwachsenen mindestens einmal im Leben zu schaffen, Männern häufiger als Frauen, älteren Menschen öfter als jüngeren. Auch Sportler gehören zur Risikogruppe, ebenso Diabetiker und Menschen mit Durchblutungsstörungen. Häufigster Erreger sind Dermatophyten, vor allem Trichophyton rubrum.

»Ein besonders hohes Risiko, sich mit Fußpilz anzustecken, herrscht an feucht-warmen Orten, an denen viele Menschen barfuß gehen, etwa in öffentlichen Duschen, Saunen, Schwimmbädern oder Umkleidekabinen«, sagt Professor Dr. Martin Schaller, stellvertretender Ärztlicher Direktor an der Universitäts-Hautklinik Tübingen. Der Pilz fühlt sich in den warmen Bereichen von schwitzenden Füßen, etwa zwischen den Zehen, besonders wohl. Genau dort treten auch viele Infektionen auf. »Die Interdigitalmykose beginnt zwischen dem vierten und dem fünften Zeh, die Haut ist weißlich und quillt«, erklärt der Experte. »Da diese Form auch durch Laien relativ sicher diagnostiziert werden kann, eignet sie sich zur apothekergestützten Selbstmedikation.«

Das Apothekenteam kann lokal anzuwendende Antimykotika empfehlen. Azole wie Bifonazol (wie Canesten® Extra, Bifon®), Clotrimazol (wie Canesten®, Cloderm®), Sertaconazol (wie Mykosert®, Zalain®), Ketoconazol (wie Nizoral®) und Miconazol (Mykoderm® Miconazolcreme) wirken primär fungistatisch und müssen daher recht lange angewendet werden. Clotrimazol ist zweimal täglich über vier Wochen aufzubringen, Bifonazol einmal täglich über drei Wochen. Bei Patienten kann es jedoch an Adhärenz mangeln und dann werden sie den Pilz nicht komplett los.

Was für wen?

Allylamine wie Terbinafin (wie Lamisil® Creme) wirken dagegen primär fungizid, töten die Pilze also direkt ab. Ein besonderer Vorteil von Terbinafin ist, dass es in der Hornschicht ein Depot bildet und noch etwa eine Woche nach Absetzen im Stratum corneum nachweisbar ist. Präparate mit Terbinafin sind einmal täglich zu applizieren, die Behandlungsdauer ist kürzer, was vielen Patienten entgegenkommt. Als alkoholische Lösung soll sogar die einmalige Applikation ausreichen (wie Lamisil® Once). Auch wenn die Haut gesund aussieht, sind immer beide Füße zu behandeln, um den Pilz vollständig zu beseitigen. Die Füße 24 Stunden nach Anwendung nicht waschen oder befeuchten.

Ein Antimykotikum als Creme ist die geeignete Darreichungsform für Patienten mit trockener Haut. Klagen Betroffene über starken Juckreiz, punkten Gele mit ihrer kühlenden Wirkung. Bei Mazerationen eignen sich Puder und Lösungen. Für ältere Menschen oder Personen mit Bewegungseinschränkungen bietet sich ein Spray an, da dieses für sie leichter zu applizieren ist.

Im Beratungsgespräch sind auch Grenzen der Therapie in Eigenregie aufzuzeigen. »Hat sich der Fußpilz über die Zehenzwischenräume hinaus auf größere Bereiche des Fußes ausgedehnt, ist das ein Fall für den Dermatologen«, rät Schaller. »Auch der plantare Fußpilz, der die ganze Fußsohle befällt, macht meist eine ärztlich verordnete systemische Therapie erforderlich.« Vor der innerlichen Einnahme braucht niemand Bedenken zu haben, beruhigt Schaller. »Orale Antimykotika wie Itraconazol und Terbinafin sind wirksam und im Allgemeinen gut verträglich.« Rezidive oder Fußpilz bei Risikopatienten wie Diabetikern oder Immunsupprimierten gehören in die Hände eines Dermatologen, Gleiches gilt für Schwangere und Kinder.

Geduld bei Nagelpilz

Der Pilz kann aber auch Fuß- und Fingernägel infizieren. Diese Onychomykose äußert sich durch meist gelbbraune Verfärbungen der Nägel, Absplitterungen, starke Verhornung oder Verdickung der Nagelplatte. Auslöser sind meist ebenfalls Dermatophyten wie T. rubrum oder T. interdigitale bei den Fußnägeln, Nagelpilz der Fingernägel kann hingegen auch durch Candida verursacht sein. Da der Nagel bei der Behandlung vollständig herauswachsen muss, ist die Therapie langwierig. Bei Zehennägeln muss man mit bis zu einem Jahr rechnen.

Der fungizide und sporenabtötende Wirkstoff Ciclopirox steht als wasserlöslicher Lack (wie Ciclopoli®) und wasserunlöslicher Lack (wie Ciclocutan®, Ciclopirox Winthrop®, Nagel Batrafen®, Miclast® Nagellack) zur Verfügung. Wasserlösliche Lacke sind einmal täglich in dünner Schicht am besten abends vor dem Schlafengehen aufzutragen. Die behandelten Nägel danach mindestens sechs Stunden nicht waschen. Beim wasserlöslichen Lack müssen Patienten das Nagelmaterial nicht abfeilen, es entstehen also keine infektiösen Späne. Diese Lacke sind deshalb gut für Diabetiker geeignet, da das Verletzungsrisiko beim Feilen wegfällt.

Wasserunlösliche Lacke sind je nach Produkt und Behandlungsmonat täglich, alle zwei Tage oder nur einmal pro Woche anzuwenden. Vorher stets befallenes Nagelmaterial mit einer Einmalfeile abtragen. Dann den Lack in dünner Schicht gleichmäßig auf den erkrankten Nagel und die seitlichen Nagelteile auftragen und trocknen lassen. Einmal pro Woche ist die gesamte Lackschicht zu entfernen, ein geeigneter Entferner liegt meist bei.

Ähnlich wirksam ist Amorolfin (wie Loceryl®, Amorocutan®, Amofin®, Amorolfin Scholl). Die wasserfesten Nagellacke sind ein- bis höchstens zweimal pro Woche anzuwenden. Die Behandlungsdauer richtet sich nach der Schwere des Befalls und dem Nagelwachstum.

Mit harnstoffhaltigen Salben lassen sich infizierte Nagelbereiche atraumatisch entfernen. Bewährt ist die Kombination mit dem Antimykotikum Bifonazol (wie Canesten® Extra Nagelset). Zunächst die harnstoffhaltige Salbe mit Bifonazol einmal täglich zwei Wochen lang aufbringen, nach dem Auftragen die betroffenen Nägel mit einem Pflaster zukleben. Im Anschluss einmal täglich eine harnstofffreie Bifonazol-Creme für vier Wochen anwenden. Den keratolytisch wirkenden Harnstoff gibt es auch in Cremes ohne Antimykotikum (wie Onyster® Nagelset). Wenn das infizierte Nagelmaterial abgetragen ist, mit einem topischen Antimykotikum weiterbehandeln.

Bei ausbleibender Besserung oder wenn die Nagelplatte stärker befallen ist, mehr als zwei Nägel infiziert sind oder auch die Nagelwurzel involviert ist, braucht es meistens eine ärztlich verordnete innerliche Behandlung. Dafür stehen wie beim Fußpilz Terbinafin und Itraconazol zur Verfügung.

Damit nach erfolgreicher Behandlung der Pilz nicht wieder Fuß fasst, Baumwollstrümpfe und luftdurchlässiges Schuhwerk anziehen. Strümpfe und Handtücher täglich wechseln und bei mindesten 60 °C oder mit Hygienespüler waschen. Schuhe nach dem Tragen mindestens 24 Stunden auslüften lassen und die Zehenzwischenräume nach jedem Waschen sorgfältig abtrocknen. Zur Reinigung hautschonende Syndets bevorzugen. Tägliches Eincremen schützt die Haut vor Rissen, die als Eintrittspforte für die Erreger fungieren. Flammt die Infektion trotzdem immer wieder auf, rät der Dermatologe: »Eine langfristige Therapie einmal wöchentlich mit topischen Antimykotika kann ständige Rezidive verhindern.«

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