Frühzeitig vorbeugen und gegensteuern |
Brigitte M. Gensthaler |
19.11.2021 09:00 Uhr |
Wenn Patienten langfristig Glucocorticoide einnehmen, sollten Knochendichte und Osteoporoserisiko regelmäßig überprüft werden. / Foto: Adobe Stock/ RFBSIP
Schätzungsweise erhalten bis zu 1 Prozent der Bevölkerung westlicher Länder langfristig Glucocorticoide (GC), also eine systemische Therapie über mehr als drei Monate. Aufgrund ihrer potenten antiinflammatorischen und immunsuppressiven Eigenschaften werden GC vielfach bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen eingesetzt. In der Rheumatologie zählen sie zu den am häufigsten verordneten Medikamenten – Anlass für die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), Empfehlung zum Management der Glucocorticoid-induzierten Osteoporose (GIOP) zu erarbeiten. Diese wurden jetzt der »Zeitschrift für Rheumatologie« veröffentlicht.
»Von Beginn an ist eine GC-Therapie bereits mit einem Anstieg des Frakturrisikos assoziiert«, schreiben die Autoren um Privatdozent Dr. Jan Leipe von der Universitätsmedizin Mannheim. Auch wenn die Abnahme der Knochenmineraldichte mit Dosierung und Dauer der GC-Medikation korreliert, sind auch niedrige Dosen (bis zu 2,5 mg Prednisolon-Äquivalent) mit einem Verlust assoziiert. Zugrunde liegt eine verminderte Knochenneubildung verbunden mit erhöhter Knochenresorption. Letztere wird vor allem in den frühen Phasen der GC-Behandlung beobachtet, während die verminderte Knochenneubildung nach mehreren Therapiemonaten deutlich wird.
Laut DGRh sind bei 30 bis 40 Prozent der Patienten, die über rund 4,5 Jahren mit GC behandelt wurden, aktuelle oder alte Frakturen nachweisbar. »Aufgrund der medikamentösen Behandlung spüren viele gerade bei kleinen Knochenbrüchen kaum oder keine Schmerzen, weswegen diese oft übersehen und nicht behandelt werden«, erklärt der Rheumatologe Leipe. Die Folge sei ein immer fragileres Skelett, das erneute Frakturen begünstigt.
Die Fachgesellschaft empfiehlt für Rheumapatienten, die wiederholt oder langfristig Glucocorticoide einnehmen, eine Basisdiagnostik gemäß der Leitlinie des Dachverbands Osteologie. Die Knochendichte sollte regelmäßig geprüft und eine tägliche Zufuhr von 1000 mg Calcium (möglichst über die Ernährung) und 800 IE Vitamin D (25-Hydroxy-Vitamin-D-Serum-Zielkonzentration im Serum ≥ 20 ng/ml) sichergestellt werden.
Wenn eine spezifische osteologische Therapie angezeigt ist, empfehlen die Autoren als Erstlinientherapie Bisphosphonate oder den Antikörper Denosumab. Zugelassen zur Prophylaxe und Therapie der GIOP sind Alendronat, Risedronat (nur für Frauen) und Zoledronat. Bei hohem Frakturrisiko empfehlen sie primär Teriparatid (zugelassene Therapiezeit zwei Jahre). Bei hochgradiger Niereninsuffizienz soll Denosumab (nach Ausschluss einer renalen Osteopathie) eingesetzt werden. In der Schwangerschaft wird keine spezifische osteologische Therapie empfohlen.
Bei unzureichendem Effekt sollte auf eine andere Klasse spezifischer osteologischer Medikamente umgestellt werden, schreiben die Experten. Liegen Compliance-Probleme vor oder ist die gastrointestinale Resorption eingeschränkt, bietet sich eine Umstellung der oralen auf eine parenterale Applikation an. Nach drei bis fünf Jahren oder nach Beendigung der Glucocorticoid-Langzeittherapie sollten das Osteoporose-Risiko und die Medikation überprüft werden.