Fast jeder dritte Teilnehmer hat Darmkrebs-Vorstufen |
Keine Frage: Eine Darmspiegelung ist kein Spaß – Darmkrebs aber noch weniger. / Foto: Felix Burda Stiftung
Darmkrebs zählt zu den bösartigen, da schleichenden Erkrankungen, die meist unbemerkt fortschreiten. Er entsteht aus Vorstufen, sprich: aus Veränderungen in der Darmschleimhaut wie Polypen beziehungsweise Adenomen. Das Erkrankungs-Risiko steigt ab dem 50. Lebensjahr immer weiter an. Auch besteht erhöhte Gefahr, an einem Darmkrebs zu erkranken, wenn nahe Verwandte betroffen sind oder waren. »Die Statistik belegt, dass im Jahr 2018 bei knapp 30 Prozent der untersuchten Vorsorge-Patienten Adenome als potenzielle Krebsvorstufen gefunden worden sind«, so Darmkrebs-Experte Dr. Jens Aschenbeck. »Daran hat sich in 2021 nichts geändert und auch für dieses Jahr ist mit ähnlichen Zahlen zu rechnen.«
Nach aktuellen Zahlen des Zentralinstituts für die Kassenärztliche Versorgung (ZI) haben sich 445.052 Patienten in 2018 einer Früherkennungs-Koloskopie unterzogen. Bei 131.414 Patienten wurden Adenome gefunden; 3.758 Patienten hatten ein kolorektales Karzinom. »Bei rechtzeitigem Befund können die Adenome entfernt und damit Darmkrebs verhindert werden«, betont Aschenbeck. »Und auch bei einem Karzinomfund besteht gute Hoffnung auf Heilung, solange der Tumor frühzeitig entdeckt wird.«
Trotz dieser Tatsache sei die Inanspruchnahme des kostenlosen Vorsorge-Programms der Krankenkassen seit Jahren unbefriedigend. Die Zahl der verhinderten Neuerkrankungen könnte studiengemäß deutlich höher liegen, wenn mehr Menschen das Angebot der Vorsorge-Koloskopie nutzen würden, sagt Aschenbeck.
Aufgrund der zu geringen Teilnahme am Screening-Programm jedoch wird immer noch fast jeder zweite Darmkrebs-Patient erst (zu) spät diagnostiziert, warnt der Gastroenterologe.
Das Erkrankungs-Risiko hänge von einer Reihe von Faktoren und hier unter anderem von der genetischen Vorbelastung sowie von Umwelteinflüssen ab, die nicht ausgeschaltet werden können. Doch Darmkrebs sei kein unabwendbares Schicksal. »Niemand ist vor Darmkrebs gefeit, aber jeder hat es in der Hand, seine Risiken günstig zu beeinflussen.«
Daher, so Aschenbeck, sollte die Darmspiegelung mit 55 Jahren für jedermann genauso eine Selbstverständlichkeit sein wie die Zahnpflege und die jährliche Kontrolle beim Zahnarzt. »Vorsorge ist der einzige Weg, um seine Zähne bis ins hohe Alter zu erhalten. Und wie die Zähne benötigt auch der Darm die Inspektion, die jedem gesetzlich Versicherten zusteht«, macht er deutlich. »Im Prinzip könnten wir den Darmkrebs in Deutschland besiegen.«
Das seit Oktober 2002 bestehende gesetzliche Früherkennungsprogramm bietet gesetzlich Versicherten ab dem 50. Lebensjahr einen Hämoccult-Test, also Test auf verstecktes Blut im Stuhl an. Ab dem 56. Lebensjahr besteht Anspruch auf eine Darmspiegelung zur Früherkennung von Darmkrebs. Im Rahmen dieser Untersuchung werden gegebenenfalls auch Polypen als Risikofaktor für die Tumor-Entstehung entfernt. Wenn die Erstuntersuchung vor dem 65. Lebensjahr stattgefunden hat, werden nach zehn Jahren die Kosten für eine weitere Darmspiegelung übernommen.
Etwa 6 Prozent der Bundesbürger erkranken im Laufe ihres Lebens an Darmkrebs. Jedes Jahr, so die Magen-Darm-Ärzte im Netz, sterben etwa 40 Prozent der Neuerkrankten, das sind rund 26.000 Menschen. Nach Lungenkrebs ist Darmkrebs die zweithäufigste Krebstodesursache in Deutschland. Bei den Frauen steht er im Krebserkrankungs-Ranking nach Brustkrebs, bei den Männern nach Prostatakrebs an zweiter Stelle.